Zündfunke, 02.08.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
August, einer der Hauptferienmonate – Zeit, in der viele Menschen an fremde Orte reisen. Zum Beispiel zu Ruinen. Warum, um Himmels willen, wollen manche Leute verrottendes Gemäuer sehen? Sich durch verfallene Gänge zwängen und in den dunklen und dusteren Kellern vergammelter Schlösser herumspazieren und mit Spinnweben überzogene Weinfässer bestaunen? Warum zieht es mich zu Orten, an denen nur noch die Grundmauern von einer prächtigen Burg erzählen? Warum blicken Menschen auf die Reste Pompejis, die ein feuer- und aschespeiender Vulkan verschlang?
Ruinen rühren mich an, weil sie etwas über das Schicksal von Menschen und von Ideen erzählen. Und von ihrem Ende. Die Begriffe Ruine und Ruin entstammen der gleichen Wurzel. Ruinen erzählen von dem Ruin. Dem Ruin, dem Ende von Menschen, von Kulturen, von Städten und Nationen.
Die berühmtesten Ruinen finden sich – Sie werden vielleicht staunen – in der Bibel. Nachdem die Israeliten aus Ägypten geflohen waren, erobern sie nach und nach das von Gott verheißene Land. Doch an den Mauern von Jericho beißen sie sich die Zähne aus. Da kommt ihnen Gott zu Hilfe. So wird erzählt. Auf seinen Befehl hin kreisen die Israeliten sechs Tage lang um die Stadt. Eine endlose Prozession, begleitet vom Klang gewaltiger Widderhörner. Am siebten Tag, unter dem lauten Kriegsgeschrei der Israeliten, zerbricht die starke Stadtmauer. Jericho fällt. Zurück bleiben Ruinen, ein riesiger Steinhaufen.
Heute wissen wir, dass diese Geschichte nicht historisch ist. Die Bibel erklärt für die Menschen damals, warum die ehemals mächtige Stadt in Trümmern liegt. Sie erklärt die Ruinen. Die Geschichte der Zerstörung Jerichos irritiert. Was ist das für ein Gott, der Städte zerstört? Doch dieser Blickwinkel ist der Bibel fremd. Ihr geht es vor allem darum: Gott ist da, er hilft, er setzt sich für sein Volk ein. Und die Geschichte von Jericho spitzt die Erfahrung zu, dass alles ein Ende hat. Dass alles an sein Ende kommt. Nichts von dem, was der Mensch baut oder herstellt bleibt ewig. Es geht zu Ende.
Und genau das fasziniert mich an Ruinen. Sie lassen mich nachdenklich werden. Machen mich darauf aufmerksam, dass Menschen und Dinge unweigerlich an ihr Ende kommen. Auch wenn ich das manchmal nicht wahrhaben will.

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Erstellt am: 16.08.2013 13:08 Uhr

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