Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Wenn man uns Christen anschaut, dann kann man sich oft denken: Die sind doch auch nicht besser dran als der Rest der Menschheit. Tröstet Sie z.B. der Glaube an Jesus Christus über Rheuma und Zahnschmerzen hinweg? Nein! Reichen Sie dem, der sie auf die eine Wange schlägt, auch noch die andere hin? Nein! Sind Ihnen Posten und Pöstchen, die mit Geld und Ansehen verbunden sind, gleichgültig und trachten Sie wirklich zuerst immer nach dem Reich Gottes? Nein! Plündern Christen ihre Konten und geben alles, was sie haben – ja sogar im Überfluss haben – den Armen? Nein! Wenn wir Christen uns an dem messen, was wir sein sollten, wie Gott uns haben will, dann schneiden wir da ziemlich schlecht ab. Und trotzdem bin ich der Überzeugung, dass Gott Hoffnung in uns setzt – und man darf sich fragen: Warum bloß?
Von dem dänischen Atomphysiker Niels Bohr wird erzählt, dass er mal in einer schlichten Almhütte, ohne elektrisches Licht und ohne fließend Wasser Urlaub gemacht habe. Mit von der Partie waren eine ganze Reihe von Kollegen. Die Küche bot nur die primitivsten Koch- und Waschgelegenheiten: Also einen Lappen, einen Eimer Wasser, ein schmuddeliges Handtuch – all das musste genügen, um einen Berg Geschirr sauber zu waschen. Nun wissen wir ja alle, dass ein richtiger Denker niemals mit dem Nachdenken aufhört. Also machte Bohr selbst beim Abwasch in der Küche noch mehr als tiefsinnige Beobachtungen. Denn wie er da so am Waschtrog stand, da fiel ihm auf: „Wir haben schmutziges Spülwasser und schmutzige Küchentücher. Und trotzdem gelingt es uns, damit die Teller und Gläser sauber zu machen.“ Es ist tatsächlich verblüffend – und wenn Sie gleich ihre Kaffeetasse und ihr Frühstücksgeschirr abwaschen, dann können Sie durchaus nachprüfen wie Recht der Atomphysiker mit seiner Beobachtung hat.
Es lässt doch niemand das Spülwasser ab, nur weil er darin schon ein paar Teller gespült hat. Keine Hausfrau kippt nach dem ersten Wischen den Eimer mit Wischwasser aus und nimmt neues. Zwar ist das Wasser nicht mehr rein – das ist klar; aber trotzdem werden die Teller und Tassen, die man eintaucht, rein und der Boden, den man schrubbt, der wird selbst mit einer trüben Brühe sauber. Und genau so ist das eben auch mit uns Christen. Ich kennen nicht einen von uns, der oder die von sich sagen könnte: Ich habe ein reines Gewissen, sozusagen ein reines Herz – an mir gibt’s nichts auszusetzen. Im Gegenteil. Aber allein durch unsere Existenz erinnern wir daran, dass Gott von den Menschen mehr verlangt und erwartet als von den Tieren. Wir Christen sind, obwohl mitunter sündhaft – also schmuddelig, so etwas wie Gottes Wischwasser in dieser Welt. Von ihm dazu bestimmt, das Dunkel der Welt ein klein wenig aufzuhellen.
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Erstellt am: 04.10.2013 11:44 Uhr