Züdfunke, Montag 12.03.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
 
Einen wunderschönen Wochenanfang wünsche ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!
Es liegt nun einige Jahre zurück. Das Pfarrhaus, in dem wir wohnten, lag direkt gegenüber des Kindergartens und der Weg führte mich oft dahin, weil es – man kann es sich denken – in einem Kindergarten sowohl mit Erzieherinnen, als auch mit Eltern immer wieder etwas zu besprechen gibt.
Eines Nachmittags sah ich, wie ein Kind ganz gebannt auf die Straße schaute. Als ich näher kam sagte der Junge zu mir: „Schau mal, da ist eine Schnecke.“ Und er zeigt mir eine dicke rote Weinbergschnecke, die ganz langsam über die Straße kroch. Nun war diese Straße nicht sehr befahren und wegen des Kindergartens war sogar Schritttempo angesagt. Aber selbst dieser kleine Mann wusste, wenn das nächste Auto kommt, dann ist diese Schnecke wohl tot. Deshalb sagte er zu mir: „Was machen wir wenn jetzt ein Auto kommt?“ Und schon kam auch eines in sehr gemäßigtem Tempo angefahren. Wir machten der Fahrerin klar, dass sie halten muss, damit wir die Schnecke von der Straße nehmen und sie ins Gras setzen konnten. Also gesagt – getan; die Schnecke wurde von uns ins Gras gesetzt und war gerettet.
Allerdings beschäftigte den kleinen Jungen dieses Erlebnis doch sehr. Auf dem kurzen Weg in den Eingangsbereich des Kindergartens sagte er ganz unvermittelt zu mir: „Eigentlich muss Gott doch auch auf die Tiere aufpassen!“ Ich schluckte und es herrschte Schweigen und Stille. Was sollte ich ihm darauf antworten? Schließlich war er erst vier Jahre alt. Dass Gott nicht eingreift, so senkrecht von oben und mit starker, helfender Hand, das wurde für diesen Jungen an diesem Nachmittag wirklich zu einem großen Problem. Aber wahrscheinlich nicht nur für ihn. Denn wenn wir ehrlich sind, dann ist doch genau das der Knackpunkt beim Thema „Gott“. Genau an dieser Stelle, da beginnen die Zweifel. Genau aus diesem Grund scheint vielen der Glaube an Gott irrelevant: Wegen seines Nicht-Eingreifens in Hungersnöten und Kriegen, in Krankheitsfällen, Not und Elend jedes Einzelnen.
Dahinter steht ein Gottesbild oder sagen wir der Wunsch nach einem Gott, der mächtig ist und der – je nachdem – eben nur irgendwelche Knöpfe zu drücken braucht, und dann halten die Panzer an, die aufs Schlachtfeld rollen; dann werden die unheilbar Kranken von selbst wieder gesund – ohne dass sich etwas ändert.
Die Schriftstellerin und Theologin Dorothee Sölle hat nach dem furchtbaren Zweiten Weltkrieg lange mit dieser Frage gerungen. „Ich wurde nicht gottlos, wie viele, die ihm die Verantwortung alleine übertragen hatten“, sagte sie schließlich. „Ich begriff vielmehr, dass Gott uns braucht. Um das, was in der Schöpfung gemeint war, zu realisieren. Dass etwas von Gottes Kraft in jeder und jedem von uns steckt.“
„Eigentlich muss Gott doch auch auf die Tiere aufpassen!“ Ich habe diese Aussage immer noch im Kopf und ich hoffe, meine Antwort hat ihm geholfen. Nach langem Überlegen hab ich ihm gesagt, was meine feste Überzeugung ist: „Sicher, du hast recht. Aber manchmal müssen wir ihm dabei helfen.“

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Erstellt am: 12.03.2012 08:44 Uhr

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