L I: Apg 10, 34a.37-43 / Ev: Joh 20, 1-9
Liebe in der Festfreude von Ostern versammelte Schwestern und Brüder!
Ostersonntag – die in der Nacht geweihte Kerze brennt, wir singen die wunderschönen Osterlieder und Sie sitzen erwartungsvoll in der Kirchenbank, um einen würdevollen Gottesdienst mitzufeiern. Was aber, wenn der Prediger plötzlich anfängt Witze zu erzählen oder allerhand Schabernack an seinem Ambo treibt? Einige würden vielleicht ganz verschämt schmunzeln, andere hingegen wären wohl eher verunsichert, weil sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. So eine Szenerie ist heutzutage sicherlich befremdlich; dabei war das Lachen jahrhundertelang gängige Praxis in der Kirche – und zwar genau am Ostermorgen!
„Weshalb gerade an Ostern?“, fragen Sie sich. Nun dieses Lachen sollte nichts anderes zum Ausdruck bringen als die Osterfreude dieses Festtagesoder wir können auch sagen: es soll den Sieg Jesu über den Tod symbolisieren. Allerdings haben dann allzu strenge Reformatoren einerseits und die Tatsache, dass manche Prediger es auf der Kanzel einfach zu bunt trieben andererseits dazu geführt, dass das Osterlachen schließlich abgeschafft wurde. Für manche sicher durchaus verständlich, wenn man z.B. liest, dass das Hausbuch des Basler Münsters von Witzen erzählt, die den Leuten damals die Schamesröte ins Gesicht getrieben haben. Aber wie schrieb Papst Benedikt zu seinen Anmerkungen einer barocken Liturgie: „Das österliche Lachen mag eine etwas oberflächliche Form christlicher Freude sein. Aber ist es eigentlich nicht doch etwas sehr Schönes, dass das Lachen zum liturgischen Symbol von Ostern geworden war?“
Ich kann dem Papst in diesem Fall nur zustimmen. Denn wenn wir die Frohe Botschaft des heutigen Festes wirklich ernst nehmen, dann haben wir doch allen Grund zum Lachen. Wenn wir wirklich glauben, dass der Tod sich damals in dieser Nacht bzw, an diesem frühen Morgen unsterblich blamiert und ein für allemal den kürzeren gezogen hat, dann muss das doch auch in unserem Feiern, Beten und Singen zu spüren sein. Wenn, wie es der amerikanische Theologe Harvey Cox sagt, das Gelächter die letzte Waffe der Hoffnung ist, dann hat es heute in der Kirche seinen Platz, weil die Auferstehung Jesu unsere Hoffnung – unsere Hoffnung auf Leben, auf Freiheit und auf Erlösung ist. Ja, wenn wir wirklich glauben, dass am Ende das Leben steht, dass Leid und Tod eben immer nur das Vorletzte bleiben, dann kann die Grundhaltung, die Lebensanschauung von uns Christen doch nicht anders sein, als Humor und Freude.
Die bekannteste Beschreibung für Humor heißt ja: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht!“ – und genau ein solches „trotzdem Lachen“ ist unser christlich-österliches Lachen. Nur wer an die Treue und Liebe Gottes glaubt, kann trotz der eigenen Unzulänglichkeiten, trotz des Leids noch lachen; trotz der schlimmen Not, die es nach wie vor gibt, trotz all der Kriege und des Todes, was wir tagtäglich wahrnehmen und erleben. Der Christ, der an die Auferstehung glaubt – immerhin ist es ja laut Umfragen fast nur mehr jeder Dritte – kann all das wie durch ein umgedrehtes Fernglas sehen. Er bekommt einen Abstand, eine innere Distanz zu allen vorläufigen, zu allen vorletzten Dingen, weil er eben im Letzten, in Gott seinen Stand und seinen Halt hat. Das heißt jetzt aber nicht für mich, dass wir nicht mit aller Kraft gegen das Leid angehen müssen, das wir heutzutage selbst verhindern können – mitnichten! Es heißt nur für mich, dass wir im Leid, das wir nicht ändern können, eben auch nicht verzweifeln müssen.
Nun scheint es ja so, dass mit dem Osterlachen auch der Humor aus der Kirche verschwunden ist. Deshalb möchte ich mich mal ganz gerne an diese alte, barocke Liturgie erinnern und es mit Pfr. Andreas Strobl halten, der vor rd. 300 Jahren in Bayern lebte. Er war bekannt für seine humorvollen Osterpredigten und er war es, der seinen Mitbrüdern immer wieder den Rat gab, sie sollten an Ostern ihre Zuhörer nicht mit „zu vielen Lehren und Ermahnungen überladen, wie man auch einen Magen nicht mit zu vielen Speisen überschütten und beschweren sollte.“ So werde ich an diesem Morgen mal bei ihm in die Schule gehen und ihnen folgende Geschichte erzählen:
„Ein reicher Geizhals überlegte sich Tag und Nacht, wo er wohl seinen Schatz am besten verstecken könne, denn er traute seinen Dienern und Verwandten nicht über den Weg. Da er in seinem Haus eine kleine Kapelle mit einem Hausaltärchen hatte, kam er auf die Idee, ein Modell des Grabes Christi aufzustellen und dort seinen Schatz zu verstecken. Damit es niemand wagte hineinzuschauen, schrieb er groß auf den Grabaltar: „Hier liegt Christus begraben!“ Einer von den Dienern merkte bald, dass sein Herr Tag für Tag „frömmer“ wurde und viel Zeit vor dem Altar und Grabmodell zubrachte. Als der Geizhals mal auf Reisen war, durchsuchte der Diener den Grabaltar und fand den Schatz. Er nahm ihn heraus, löschte die alte Inschrift aus und schrieb stattdessen: „Christus ist nicht hier, er ist auferstanden!“
Dass im feierlichen Rahmen eines Gottesdienstes durchaus Platz für einen Scherz ist, bewies auch ein schwäbischer Mitbruder. Als er am Ostermontag über die Emmaus-Jünger predigte, bemerkte er, dass ein Mann auf der Empore eingeschlafen war. Er rief plötzlich laut in die Kirche: „Es brennt! Es brennt!“Sofort war der Mann hellwach und fragte: „Um Himmels willen wo denn?“ – „In den Herzen der Jünger“, sagte der Diakon und konnte mit seiner Predigt fortfahren.
Sich selbst nicht zu ernst nehmen, über sich selbst lachen können – das ist das Kennzeichen des christlichen Humors und der österlichen Freude. Die ganze Kirche, ihre Amtsträger und ihre Aktivitäten, das alles ist doch noch lange nicht das Reich Gottes – es gehört vielmehr zum Vorletzten, über das man auch mal schmunzeln darf. Deshalb sagte z.B. auch der bekannte evangelische Theologe Karl Barth: „Dem Menschen, der die biblische Botschaft hört und beherzigt, ist es verboten, ein unfroher Mensch zu sein.“ Dass es mit dem Beherzigen aber manchmal auch hapert, zeigt die folgende
Geschichte:
Ein portugiesischer Seifenfabrikant sagte zu einem gläubigen Christen: „Das Christentum hat doch nichts erreicht. Obwohl es jetzt schon mehr als 2000 Jahre gepredigt wird, ist die Welt nicht besser geworden. Es gibt doch noch immer gute und böse Menschen!“ Der Christ wies auf ein ungewöhnlich schmutziges Kind hin, das am Straßenrand im Dreck spielte und bemerkte: „Die Seife hat auch nichts erreicht. Es gibt immer noch Schmutz und überaus schmutzige Menschen in dieser Welt.“ Da lachte der Fabrikant und meinte: „Ja die Seife nutz ja auch nur etwas, wenn man sie benutzt und gebraucht.“ Worauf der Christ nur süffisant bemerkte: „Sehen Sie, das Christentum auch!“
So wünsche ich Ihnen und mir, dass wir durch Ostern und seine freudige Botschaft manches in einem anderen Licht sehen. Wir feiern dieses Fest ja nicht, weil Jesus von Nazareth vor 2000 Jahren auferstanden ist, sondern weil Jesus Christus seit 2000 Jahren immer wieder neu aufersteht. Auferstehung ist kein einmaliges historisches Ereignis, sondern der konkret weiterwirkende Christus, von dem wir tagtäglich lernen können. Der Auferstehungsglaube ist nicht etwas, was man beweisen kann, sondern er ist eine Lebenskraft, die Menschen immer wieder spüren und erfahren können. Für die ersten Christen war diese Kraft z.B. ganz stark zu spüren, wenn sie am Sonntagmorgen miteinander die Auferstehung feierten und gemeinsam das Brot miteinander brachen in der Hoffnung, dass sich alles als richtig und wahr erweist, was Jesus in seinem Leben gesagt und getan hat. Deshalb wünsche ich uns allen, dass wir dieses Bekenntnis „Christus ist erstanden“ im Alltag anwenden und der Welt sagen können: Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist Hoffnung. Ich sehe nicht nur Katastrophen und Kriege, sondern ich sehe Menschen, die gegen die Todesmächte aller Art aufstehen und ankämpfen. Ich wünsche uns, dass wir ferner sagen können: Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist ewiges Lebens. Ich sehe nicht nur Gräber und verwesende Körper, sondern ich sehe, dass Gottes Liebe unsere Toten aber auch uns Lebende bewahrt. Und ich wünsche uns, dass wir auch noch sagen können: Ich sehe was, was du nicht siehst und das ist der gute und uns alle verbindende Geist des lebendigen Christus. Er ist es, der uns heute zuruft: Freut euch und lasst eure Osterfreude die Menschen spüren.
Deshalb ist mein letzter Wunsch an uns: Frohe und glückliche Ostern und möge uns die letzte Waffe christlicher Hoffnung, das Lachen, nie vergehen. Amen.
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Erstellt am: 08.04.2012 09:24 Uhr
