Ökumenischer Gottesdienst mit der
Anglikanischen Kirche Puerto de la Cruz – Mtth. 5, 1-12
1Als er aber das Volk sah, ging er auf einen Berg und setzte sich; und seine Jünger traten zu ihm.
2Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach:
3 Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.
4 Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden.
5 Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen.
6 Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.
7 Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.
8 Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.
9 Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.
10 Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich.
11Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen.
12Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind.
Liebe Gemeinde,
wer ist selig? Seligsprechung ist ja in der Regel die Vorstufe zur Heiligsprechung. Also ein 1. Schritt auf der Leiter der Bedeutsamkeit, wenn wir denn hierarchisch denken und die besonderen Gläubigen der Kirchengeschichte in Vergangenheit und Gegenwart von ganz oben bis nach unten, wo das gemeine Kirchenvolk lebt, einsortieren.
Wer also ist selig? Jesus sieht das Volk, das um ihn herum versammelt ist. Seine Jünger, die dabei sind, rücken etwas näher zu ihm. Sie sind ja ganz und gar aus dem Volk gekommen, eine bunte Gesellschaft: Fischer und Handwerker, ein Zöllner ist auch dabei. Und wie wir wissen, sind auch Frauen mit ihm unterwegs gewesen, auch wenn sie hier nicht besonders erwähnt werden. Die Jüngerschar – ein Abbild des Volkes, das dort auf dem Berg die große Predigt hören wird, die mit den Worten der Seligpreisung beginnt: Selig sind die – und dann folgt die Aufzählung, die uns so gut bekannt ist. Was aber heißt selig? Folgendermaßen könnten wir übersetzen: „Gut dran“ oder in einem tieferen und umfassenden Sinn auch „glücklich“. Die Juden sagen Shalom dazu. Dabei geht es weniger um ein wohltuendes Gefühl, als viel mehr um eine Haltung und einem daraus folgernden Tun.
Die Haltung ist am besten gekennzeichnet durch eine offene aber leere Hand. So könnten wir die 1. Seligpreisung auch übersetzen: Selig die, die mit leeren Händen vor Gott stehen, sich deshalb nicht auf ihre Leistung berufen, nicht ihre besondere moralische Qualität als Wertmaßstab geltend machen. Und deshalb passt dieser Text aus der Bergpredigt so gut zum Reformationsfest. Nicht meine Leistung, schon gar nicht meine fromme, gibt mir meinen Wert vor Gott und den Menschen. Meine Würde und mein Wert sind Geschenke Gottes. Sein Geschöpf zu sein, meine Fähigkeiten, ganz gleich welcher Art, als seine Gaben zu betrachten, darauf kommt es an. Das ist gemeint mit geistlicher Armut, mit Sanftmut und dem so oft missverstandenen reinen Herzen, als ob das eine ganz besondere moralische Leistung wäre.
Diese Haltung, die ich vor Gott einnehme und meinen Mitmenschen nicht vorenthalte, hat Konsequenzen. Vor allem: Barmherziger Umgang mit Mensch und Welt, das Einstehen für Gerechtigkeit und Frieden schaffendes Handeln. Was brauchte unsere Welt eigentlich mehr als genau dieses. Wir erleben erbarmungsloses Geld – und Machtstreben mit wirtschaftlicher Not und kriegerischen Auseinandersetzungen als Folgen. Gerechtigkeit schreiben sich so viele auf die ihre Fahnen, und sie wird in so manchen Verhandlungen durch faule Kompromisse regelrecht konterkariert. Und so lange immer noch die Anwendung von militärischer Gewalt als Weg zum Frieden proklamiert wird, solange wird er nicht erreicht werden können. Nein diese Welt ist nicht gut dran, nicht glücklich. Oft genug nicht einmal die kleine, in der wir leben und unseren Alltag gestalten.
Der Anfang der Bergpredigt, also die Seligpreisungen, eröffnen die Darstellung einer lebbaren Alternative zu den Maßstäben, die sowohl zur Zeit Jesu als auch heute gelten. Jesus predigt: Es geht auch anders. Und er tut das in der Form von Antithesen: Ihr habt gehört, was früher gesagt und wie gehandelt wurde. Und nun ließen sich all die Lebensbereiche anführen, die in seiner Predigt genannt werden: Vom Umgang mit dem Leben allgemein und seinem Schutz, über die Gestaltung der Ehe und Gott wohlgefälliger Frömmigkeit im Blick auf Spenden und Fasten bis hin zum immer wieder anstößigen Gebot der Feindesliebe.
Und all das beginnt mit den Seligpreisungen gleichermaßen als Auftakt oder Präambel. Selig also sind die, die genau wissen, dass ihr Vermögen ausgesprochen begrenzt ist und die deshalb alles von Gott erwarten. Und dies wahrlich nicht, um danach die Hände, auch wenn sie leer sind, in den Schoß zu legen. Selig sind alle, die sich zuerst mit Kraft und Phantasie beschenken und danach ermutigen lassen, gegen den Strom zu schwimmen und nicht mit den Wölfen zu heulen. Die sind gut dran – auch wenn der Wind ihnen oft genug ins Angesicht bläst und Spott und Unverständnis über sie ausgeschüttet wird.
Lassen wir uns doch auch zu einem alternativen, den Maßstäben Jesu entsprechenden Lebensstil ermutigen, denn solche Menschen braucht unsere Kirche und die Welt auch. Leute, die dem Zeitgeist nachlaufen, gibt es reichlich genug.
Amen
Predigt von Reverend Mike Smith am 3.11.2013
Ökumenischer Gottesdienst mit der
Anglikanischen Kirche Puerto de la Cruz – Gal. 5, 1-6
(Übersetzung vom Englischen ins Deutsche: Dr. phil. Jörn Weingärtner)
1 So bestehet nun in der Freiheit, zu der uns Christus befreit hat, und lasset euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen.
2 Siehe, ich, Paulus, sage euch: Wo ihr euch beschneiden lasset, so nützt euch Christus nichts.
3 Ich bezeuge abermals einem jeden, der sich beschneiden läßt, daß er das ganze Gesetz schuldig ist zu tun.
4 Ihr habt Christum verloren, die ihr durch das Gesetz gerecht werden wollt, und seid von der Gnade gefallen.
5 Wir aber warten im Geist durch den Glauben der Gerechtigkeit, auf die man hoffen muß.
6 Denn in Christo Jesu gilt weder Beschneidung noch unbeschnitten sein etwas, sondern der Glaube, der durch die Liebe tätig ist.
Paulus‘ Brief an die Galater erzählt uns in lediglich ein paar kurzen Versen drei zentrale Dinge über das Leben. Nach Paulus geht es im Leben um Freiheit, Glauben und Liebe.
Für viele dreht sich das Leben jedoch um ganz andere Dinge…
Menschen spulen fast unrealistisch lange Arbeitszeiten ab, um ihren Lebensstil zu sichern. Sie gehen ins Fitnessstudio, um Ihre Lebensspanne zu verlängern. Sie besuchen Selbsthilfegruppen oder Kurse zur Persönlichkeitsentwicklung, um mehr Kontrolle über ihr Leben zu erlangen.
Allein: damit werden sie keinen anhaltenden Erfolg erzielen!
Hier im Galaterbrief findet sich eine Evangeliumsbotschaft, die sich nicht nur an uns Christen richtet, sondern auch an die gesamte Gesellschaft. Diese Botschaft lautet: das Leben bekommt seine besondere Qualität nur durch den Glauben und die Orientierung an Jesus. Diese besondere Qualität kann nirgendwo sonst gefunden werden, lediglich im Leben in der Nachfolge Christi.
Was ist diese besondere Qualität, diese besondere Freiheit? Wovon befreit uns Christus? Nun, auf diese Frage gibt es eine Vielzahl möglicher Antworten. Er befreit uns von Angst, von Unsicherheit und Zukunftssorgen und letztlich vom Tode. Nicht alle werden sich zu jedem Zeitpunkt frei von diesen Sorgen und Ängsten fühlen. Gleichwohl ist es sein Wunsch und Wille für uns, und im festen Glauben daran wird unsere Freiheit wachsen und erstarken.
Im besonderen spricht Paulus in diesem Brief über die Freiheit von Recht und Gesetz und von der Freiheit von schlechtem Gewissen.
Christus hat uns von unseren Sünden und damit von unserem schlechten Gewissen befreit, indem er unsere Sünden auf sich nahm. Wenn wir uns zu Christus bekennen, werden all unsere Sünden und Vergehen mit ihm ans Kreuz genagelt. Sie sterben mit ihm. Sie werden niemals vor Gott gegen uns verwendet werden. Gott hat sie vergeben und vergessen. Er hat sie wie ein Sündenregister auf einer Schiefertafel weggewischt.
Er befreit uns gleichzeitig vom, was auf eine Weise für unser tägliches Leben nicht relevant sein mag. Christen, die von den Regeln und Gesetzen des Alten Testaments befreit wurden, haben eine geradezu erstaunliche Lust, neue Regeln aufzustellen, die es zu befolgen gilt, wenn man die Gemeinschaft nicht verlassen möchte. Regeln zum richtigen Beten und Gottesdienstfeiern, Regeln zur richtigen Bibelübersetzung und Regeln zur richtigen Auslegung der Heiligen Schrift. Auch dies ist eine Erklärung, warum es so viele Formen des Bekenntnisses gibt, die mit einander streiten und konkurrieren!!
Und hier kommen die beiden anderen wichtigen Dinge der Paulus-Botschaft ins Spiel: Glaube und Liebe.
Letztes Jahr sprach Pastor Andreas über die Meissener Erklärung, einer Erklärung zur Zusammenarbeit zwischen der Church of England und der Evangelischen Kirche in Deutschland, zu der unsere Schwestern und Brüder hier gehören.
In der Erklärung „verpflichten sich die Kirchen zur Teilnahme an gemeinsamem Leben und gemeinsamer Sendung. Sie werden alle möglichen Schritte zu engerer Gemeinschaft auf so vielen Gebieten christlichen Lebens und Zeugnisses wie möglich unternehmen, so dass alle unsere Mitglieder gemeinsam auf dem Weg zu voller, sichtbarer Einheit voranschreiten mögen.“
Die Erklärung verpflichtet die Kirchen zu sieben „weiteren Schritten“ zu diesem Ziel. Zusammengefasst sind diese die Aufforderung, mehr und neue Wege zu beschreiten, Gemeinschaft im Glauben, in der Sendung und im Dienst an der Kirche zu schaffen, wo auch immer wir sein mögen.
Mit anderen Worten, werden wir ermahnt, die Grenzen unseres eigenen Denkens und Glaubens einzureißen, vor allem unsere Vorurteile, und gemeinsam daran zu arbeiten, wie wir unseren Glauben in Liebe in die Welt tragen können, wie Paulus sagt.
Wenn wir, wie uns aufgetragen, einig im Geiste sind, müssen wir diese Freiheit in allem, was wir tun, demonstrieren. Wir müssen unser Leben in den Dienst von Glaube und Liebe stellen, Liebe für den Nächsten und die Welt, und unsere Einigkeit, nicht die Differenz der Welt präsentieren.
Möge Gott uns segnen, während wir zusammenwachsen und lernen, unser Leben in unbeschränkter Freiheit zu leben, so wie wir die wunderbare Freiheit als Kinder Gottes erfahren dürfen.
Amen.
Infos unter:
Erstellt am: 04.11.2013 20:20 Uhr