Predigt vom Sonntag den 05.02.2012 Goldene Konfirmation von Pfarrer Helmut Müller

Predigt zu Psalm 23
Liebe Gemeinde,
der 23.Psalm ist auch heute noch ein wichtiges Gebet und eine Hilfe zum Leben – trotz des zeitlichen Abstand von fast 3 Jahrtausenden. Dieses Gebet gibt Erfahrungen mit Gott wieder und nimmt uns hinein in einen Prozess, den wir gut nachvollziehen können.
Der gehörte Psalm beginnt mit der Erfahrung, dass unser Leben in einem größeren Zusammenhang aufgehoben ist; er führt uns dann hinein zu Gottesbegegnungen in tiefsten Tiefen, um dadurch neue Kraft und Stärke zu schöpfen.


Wir wollen nun dem Psalm entlang gehen und uns – soweit wie möglich – in diesen Prozess hinein nehmen lassen. Der Psalm beginnt mit dem Bekenntnis: „Gott ist mein Hirte – ich darbe nicht.“
„Ich darbe nicht“ weist hin auf unsere fragmentarische Existenz, die mit unserer Geschöpflichkeit gegeben ist.
Wir sind im Leben mehr oder weniger mit Mängeln und Begrenzungen behaftet. Trotz dieser Begrenzungen ist uns zugesagt, dass wir daran nicht zerbrechen müssen. Der Psalmist sagt es so: „Ich darbe nicht“ und das meint: Wo Gott unser Hirte ist, da verderben wir nicht; da kommen wir nicht um.

Der Beter im Psalm bringt uns seine Erfahrung mit dem bekannten Bild vom Hirten nahe: Ein Hirte wacht und sorgt für die ihm anvertrauten Tiere – er beschützt und bahnt gangbare Wege. Das Bild vom Hirten nimmt der Psalmist für Gott – für Jahwe.

Dieser Gott, der sich menschlichem Zugriff entzieht (darauf weist Jahwe- wörtlich: „Ich bin, der Ich bin“) dieser Gott ist erfahrbar und wirkt wie ein Hirte.
Er gibt Raum und Beheimatung, wo wir uns niederlassen können, wo wir Ruhe und Geborgenheit finden – wie es im Psalm wörtlich heißt: „Er lässt mich lagern auf grünen Auen, er leitet mich an stillen Wassern.“ In aller Angst und Unruhe finden wir bei Gott Ruhe und Geborgenheit .

Eine wichtige Voraussetzung für diese Erfahrung ist, dass wir den Glauben, das Vertrauen, nicht aufgeben. Martin Luther hat einmal gesagt: „Glaubst du, dann hast du. Glaubst du nicht, dann hast du nicht.“

Wo wir nicht aufgeben und uns an Gott halten, an den lebendigen Quellgrund, da werden wir mit neuem Leben, mit neuer Kraft erfüllt, da erfahren wir, was der Psalmist so ausdrückt: „Meine Seele macht er wieder lebendig – mit neuem Leben erfüllt er mich.“

Solche Erfahrungen, die uns neu mit Leben erfüllen und uns trotzdem Ja zum Leben sagen lassen, solche Erfahrungen werden uns im Glauben geschenkt. Sie machen auch deutlich, wie eng Glauben und Leben, Gott und Mensch miteinander verknüpft sind.

Das haben die Mystiker der Kirche immer schon betont unter ihnen Meister Eckhart, der den Zusammenhang von Glauben und Leben in die Worte fasst: „Gottes Sein ist unser Werden.“

Von dieser Kraft spricht der Denkspruch meines Kollegen, der in diesem Jahr seine Diamantene Konfirmation begeht: „Ich vermag alles, durch den, der mich mächtig macht, Christus.“
Wo wir durch Jesu Botschaft zurückfinden zu Gott, zum lebendigen Quellgrund, da werden wir mit neuem Leben erfüllt. Ja – da können wir auch Wege der Gerechtigkeit gehen, die sich auswirken im persönlichen Bereich bis hinein in unsere Gesellschaft.

„Er führet mich auf rechter Straße – auf Wegen der Gerechtigkeit – um seines Namens willen.“
Wir bekommen im Leben oft nicht das, was wir uns wünschen, aber im Vertrauen auf Gott, auf seine Zusagen, bekommen wir, was wir zum Leben brauchen. Denn Gottes Nähe wird auch im Dunkel erfahren.

Ja, der Beter des 23. Psalms findet gerade im tiefsten Dunkel zum Du. Das zeigt sich in der Mitte des Psalms auch sprachlich. Während der Beter anfangs von Gott in bekennender Weise, in der drittes Person, spricht, wird er nun persönlich und redet ihn mit Du an: „Und ob ich schon wanderte im dunklen Tal – wörtlich im Tal der Todesschatten – fürchte ich kein Unglück. Denn du bist bei mir.
Dein Stecken und Stab trösten mich.“ Diesen Vers hat die anfangs der Predigt genannte Jubilarin mit auf den Lebensweg bekommen und auch in ihrem Leben erfahren. Das Tal der Todesschatten weist hin auf Krisen und Belastungen, die in keinem Leben
ausbleiben.

Auch da, in den Krisen des Lebens, ist uns die Erfahrung von Gottes Nähe zugesagt, die der Beter in den Worten ausdrückt: „Du bist bei mir.“

Nach dem Königsberger Philosophen der Aufklärung, Immanuel Kant, sind die vier wichtigsten Worte im 23.Psalm: „Du bist bei mir.“

Von Gottes Nähe, die in Jesus Christus aufscheint, kann uns nichts trennen weder der Tod noch das Schwere im Leben. Wie immer wir diesen Trost im Leben erfahren, mag unter uns verschieden sein.
Das kann geschehen hier im Gottesdienst, im Gebet, durch ein Bibelwort, durch Menschen und durch Widerfahrnisse, die wir durchgestanden haben und an denen wir innerlich gewachsen sind. Vielleicht durfte uns dabei auch die Konfirmandenzeit mit eine Hilfe sein, um inwendig gestärkt werden.

Das wünsche ich den beiden Konfirmandinnen, Nina und Stella, die zur Zeit den Konfirmandenunterricht besuchen und heute beim Schlussgebet mitwirken.

Unser heutiger Psalm ermutigt uns, Gott nicht bloß dort wahrzunehmen, wo wir vor dunklen Tälern bewahrt werden, sondern auch dort, wo wir in Krisen geraten und dunkle Täler zu durchschreiten haben.
Im Durchwandern des dunklen Tals kommt eine neue Dimension in unser Leben.

Das bedrohliche Chaos nimmt im Durchschreiten wieder Gestalt an, so dass wir, wenn wir standhalten, gestärkt daraus hervorgehen. Von dieser Erfahrung spricht der Psalmist, wenn er fortfährt: „Du ordnest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.“
Feinde sind nicht nur feindlich gesinnte Menschen, sondern alles, was uns am Leben hindert. Das können auch Zeiten sein, wo wir an uns selber zu zweifeln beginnen, wo wir müde und matt werden und am liebsten aufgeben wollen.
Ich denke, wir alle kennen solche Zeiten. In solchen Zeiten, wo der feste Boden, auf dem wir zu stehen meinen, ins Wanken gerät, da dürfen wir uns vom 23.Psalm ermutigen lassen, dass unser Leben nicht im Chaos endet, sondern dass uns Gottes Güte begleitet bis unser Leben wieder in Gott hineinmündet.

Von dieser Zusage ist in dem Denkspruch die Rede, den unser Gemeindeglied Cor van der Veen vor 70 Jahren mit auf seinen langen Lebensweg bekommen hat. Es ist Wort Jesu aus dem Matthäusevangelium und heißt: „Wer bis ans Ende beharrt, der wir selig werden.“

Dazu, liebe Gemeinde, sind wir heute durch die Worte des 23.Psalms eingeladen. Wir können den Herausforderungen des Lebens standhalten, weil wir Gottes Ebenbilder sind nach Seinem Bild geschaffen.
Im Psalm wird diese Würde, die unsere Menschenwürde begründet, so ausgedrückt: „Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.“ Diese Worte erinnern an die Salbung der Könige im alten Israel und damit an die königliche Würde, die jedem von uns zugesagt ist. Meister Eckhart hat dies so ausgedrückt: „Jeder Mensch ist ein Buch und Gottes voll.“

Wo immer wir dies gewahrwerden, da haben wir, was wir zum Leben brauchen, da hat „unser Becher Überfluss“. In Gott bekommen wir nicht bloß das Notwendigste, sondern da haben wir teil an der Fülle des Lebens.

Gott selbst stärke unseren Glauben, dass auch wir einstimmen lernen in den Lobpreis , mit dem der Psalm 23 schließt:

„Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde heimkehren in das Haus meines Gottes für immer.“
Amen

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Erstellt am: 05.02.2012 17:20 Uhr

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