Gottes Trost kommt. Auch wenn es uns gut geht, brauchen wir immer wieder Trost. Gottes Liebe zu uns Menschen setzt sich durch. Sie ist stärker als die Mächte der Welt. Trost- und erwartungsvolle und freudenreiche Zeit der Vorbereitung – Advent und Weihnachten bei uns und in anderen Ländern:
Aus der Türkei stammt der Brauch, der auch in Deutschland bekannt ist, nämlich am 4. Dezember Barbarazweige zu schneiden und ins warme Zimmer zu stellen. Dies erinnert an eine kluge und lernbegierige Fürstentochter, die um das Jahr 250 n. Chr. lebte und Barbara hieß. Sie ließ sich gegen den Willen ihres Vaters taufen und wurde Christin. Die am Weihnachten blühenden Kirsch-, Schlehen- oder Forsythienzweige sind ein Zeichen für neu erwachtes Leben mitten im Winter.
„Am Tage von St. Barbara,
da geht das Jahr zur Neige.
Dann trag ins Haus,
von fern und nah,
die kahlen Kirschbaumzweige!
Am Tage von St. Barbara
stell Zweige in die Zimmer!
Dann lacht zur Weihnacht,
hier und da,
ein weißer Blütenschimmer.“
(James Krüss)
Aus Griechenland kommt der Brauch des Nikolaus-Feierns. Um das Jahr 350 n. Chr. lebte der Bischof Nikolaus, der allen Menschen Gutes tat, in Myra.
Als einmal in der Stadt große Hungersnot herrschte, und die Seeräuber die Getreide-Schiffe erst dann in den Hafen fahren lassen wollten, wenn ein ganzes Ruderboot voll Gold gefüllt wäre, weinten die Menschen sehr, weil sie überhaupt kein Geld mehr hatten. Bischof Nikolaus brachte die wertvollen goldenen Kirchengeräte zum Hafen und erfüllte somit die Forderung der habgierigen Seeräuber. Die sehnlichst erwarteten Getreide-Schiffe durften für die hungrigen Stadtbewohner entladen werden.
Nikolaus wurde zum Vorbild für die Nächstenliebe und zum Freund und Beschützer aller Kinder!
Aus Italien und Spanien stammt der auch bei uns so gepflegte Brauch, Krippen zu schnitzen oder zu basteln und zu Weihnachten aufzustellen. Dies geht auf eine Legende aus Rom aus dem Jahr 360 n. Chr. zurück: Der Bischof Liberius soll ein Stückchen von der echten Krippe aus Bethlehem geschenkt bekommen haben. Er baute daraus die erste Krippe mit Maria, Josef und den Hirten und stellte sie in einer Kapelle auf. Am Weihnachtsabend wurde und wird heute noch in römischen Familien das Jesuskind in die Krippe gelegt und die ganze Familie versammelt sich darum zum Singen und Beten. Auch Franz v. Assisi baute Krippen im Wald auf.
Hier in Spanien und besonders auf den Kanarischen Inseln wird die Weihnachtsgeschichte an vielen Orten auf den Straßen gespielt: Ehepaare mit einem kleinen Kind ziehen durch die Straßen und suchen ein Quartier, wie vor über 2000 Jahren Maria und Josef.
Serbien und Kroatien:
Dort gibt es bei den Christen den Brauch, am Heiligen Abend die Stube voll Stroh zu schütten und die Weihnachtskrone als Zeichen für die Geburt von Jesus in das Stroh zu setzen. Während der Festtage schläft die Familie im Stroh. Für das Festessen, zu dem jeder eingeladen ist, wird ein Teppich im Stroh ausgebreitet, auf dem man sitzt und isst. Das Stroh deutet auf die Krippe und die Armut von Maria und Josef und dem Jesuskind hin.
Unsere gebastelten Strohsterne sind zwar ein Lichtzeichen, aber das Stroh erinnert auch an die Krippe im Stall.
Freude zum Trost in dieser Welt! –
Predigttext Jesaja 40,1-9
Liebe Gemeinde,
„Tröstet, tröstet! Redet freundlich und zu Herzen gehend!“ Diese Worte gehen zu Herzen. Zärtlich und liebevoll (speak tenderly in der englischen Übersetzung) wird derjenige sein, der so spricht – wie ein liebender Vater, eine liebende Mutter. Diese Worte trösten schon durch die Absicht, die erkennbar ist. Sie kündigen an, dass da einer ist, der zu mir steht. Einer, der es gut mit mir meint, der mich auffangen, aufrichten will. Einer, der mir Leben und Neues zutraut. Wie oft treffen wir die anderen, die sich besserwisserisch über uns erheben. Diejenigen, die meinen, uns sagen zu können, was wir zu tun und zu lassen hätten, die sagen, was wir hätten besser machen können! Oder diejenigen, denen wir gleichgültig sind.„Tröstet, tröstet! Redet freundlich, zu Herzen gehend!“ Das ist die Sprache des Himmels. Gott selbst gibt seinen Engeln Anweisung. Sie werden auf den Weg geschickt. So klingt es vom Himmel herab – während die Erde noch ruft: „Wo bleibst du, Trost der ganzen Welt, auf die sie all ihr Hoffnung stellt?“
Ein ganzes Volk kann scheitern. Israel hat es in seiner langen Geschichte erfahren. Der Herrscher Babylons, Nebukadnezar, hat die jüdische Oberschicht in den heutigen Irak deportiert, in die babylonische Gefangenschaft. An den Wassern Babylons trauerten sie dem Verlust nach, bis ihre Tränen zu Ende geweint waren und fast jede Hoffnung auf Rückkehr in das gelobte Land der Väter geschwunden war. Generationen vergingen. Da macht das Gerücht die Runde, dass der Perserkönig Kyros Babylon besiegen wird. In der Tat lässt der neue Herrscher die Nachfahren der Exilierten in ihre alte Heimat ziehen. Gott hat sein Volk nicht vergessen. „Alles Fleisch ist Gras. Ja, Gras ist das Volk, … aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich!“ Auch die großen Mächte der Welt verwelken – aber Gottes Wahrheit bleibt. Und selbst wenn die Opfer sterben, die Wahrheit setzt sich durch. Gott lässt seiner nicht spotten. Die Macht der Liebe ist stärker als grobe Gewalt.
Im Jahr 1955 erreichte der damalige deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer im Abkommen mit Stalin, dass die letzten überlebenden deutschen Kriegsgefangenen aus sowjetischen Lagern freigelassen wurden. Viele von ihnen kamen im Lager Friedland bei Göttingen an den Grenzen der sowjetischen, amerikanischen und britischen Besatzungszonen an. In den Jahren 1945 bis 1955 kamen hunderttausende flüchtende, hungernde Menschen über das Lager aus dem Krieg und der Verfolgung. Menschen, die nicht mehr wussten, ob ihre Liebsten lebten, sahen sich nach Jahren wieder. Die Ungewissheit war zu Ende. Die langen Jahre sehnsuchtsvollen Wartens gingen zu Ende. Unglaubliche Szenen der Freude… Aber auch große tragische Szenen: Oft blieb die Frage nach Vermissten ohne Antwort. Frauen hatten in der Zwischenzeit andere Männer geheiratet.
Heimkehrende kamen in ein zerstörtes Land, in zerstörte Familien…
„Sprecht liebevoll und redet ihnen zu Herzen gehend. Sagt ihnen, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat. Alle Schuld ist vergeben, die unschuldig Schuldigen haben doppelte Strafen empfangen!“ Eine unglaubliche Welle der Hilfsbereitschaft ging durch das Land. – „Nun danket alle Gott, der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an unendlich viel zu gut und jetzt noch hat getan!“, sangen die Menschen vor der überfüllten Lagerkapelle …
Ein Bild der ersten Flüchtlinge nach Kriegsende zeigt die Flüchtenden in einem langen Zug zu Fuß auf den Feldwegen zwischen Soldaten der Roten Armee. Mit letzter Kraft schleppen sie sich zu den bereitstehenden LKWs. „Deutsche Kriegsgefangene kehren heim als menschliche Gerippe!“, titelte die Zeitung „Stockholms Tidningen“ im März 1948. – „In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg. In der Steppe macht eine ebne Bahn. Alle Täler sollen erhöht, alle Berge erniedrigt werden, denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden …“
Liebe Gemeinde!
„Berge, fallet über uns und Hügel, decket uns!, wünscht sich der Psychiater Piet Kuiper, der in den 80er Jahren an einer schweren Depression erkrankte. Der tiefste Punkt sei gewesen, dass er beziehungsunfähig geworden sei. Wenn seine Frau – der einzige Mensch, der noch zu ihm steht – ihn besucht, beschimpft er sie. Er verdächtigt sie, dass sie gar nicht seine Frau sei. Sie sehe nur so aus, um ihn zu täuschen. Auf nichts ist Verlass. Niemandem kann er trauen. Später schreibt er in seinen Aufzeichnungen „Seelenfinsternis“: Es war die Hölle! Der Abgrund tut sich auf. Sorgen türmen sich wie Berge. – Trost braucht, wer etwas verloren hat: einen Menschen, seine Gesundheit, seinen Lebensentwurf. Das ist das Tal: Auf nichts mehr vertrauen. Für nichts mehr da sein wollen, nichts hören und sehen wollen. Trost wird erfahren in der Beziehung: Jemand ist da, steht zu mir, hält mich aus! Jemand kommt auf mich zu. Ich nehme wieder etwas wahr: Horch, es ruft, jemand redet freundlich – mir zu Herzen gehend. Der Abgrund wird zugeschüttet. Die Berge weichen. Auf ebener Bahn sehe ich einen geraden Weg. Der Blick weitet sich. Ich fange neu an. Vertrauen wächst. Gottvertrauen. Gott spricht zu mir. Ich werde empfänglich für ein gutes Wort. Ich kann wieder danke sagen. Die ersten Zukunftspläne kommen. Lebensfreude kehrt ein. Ich bin behütet von einem guten Hirten. Das Leben geht weiter – nach vorne. Am Ende werde ich getrost gehen können. Auch die letzte Bahn wird eben sein. „Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt …, Gott wird auch Wege wissen, da dein Fuß gehen kann!“ Gott wird mir entgegen kommen: mit seinem Licht in meine Dunkelheit!
Die Engel sind schon unterwegs jetzt im Advent. Sie haben einen Auftrag: „Tröstet, tröstet mein Volk! Redet freundlich, zu Herzen gehend mit den Menschen!“ Engel sieht man nicht. Man kann sie nicht fassen. Aber sie können uns berühren. Ihr Flügelschlag zerteilt die Luft. Ihre Stimmen erfüllen unseren Raum: Horcht, es ruft: „Tröstet und lasst euch trösten – freundlich, zärtlich und liebevoll, zu Herzen gehend!“ Das könnte ein neuer Anfang werden, ein neuer Weg, eine ebene Bahn, auf die mein Gott mich bringt!
Amen
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Erstellt am: 17.12.2012 19:25 Uhr