Liebe Gemeinde,
Mit einer Fülle von Aussagen sind wir heute eingeladen, unseren Blick auf Gott zu richten und ihm für seinen Segen, mit dem er uns beschenkt, zu danken.
Mit dem Dank für Gottes Segen, den wir durch Jesus Christus erfahren, beginnt der Hymnus am Beginn des Epheserbriefs:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus.
Der Segen, für den der Autor des Epheserbriefs dankt, hat mit der Erfahrung von Gottes Nähe zu tun, die uns durch Christus ermöglicht wird.
Auf vielfältige Weise kann uns diese Segenserfahrung, Gottes Nähe, begegnen und geschenkt werden – hier im Gottesdienst durch Worte der Bibel oder durch Lieder, die wir singen; Gott spricht zu uns auch durch Menschen und Widerfahrnisse, durch besondere Erlebnisse, die über das sichtbar Vorfindliche hinaus weisen.
Solche Erfahrungen, die uns inwendig, geistlich, berühren, können unser Bewußtsein erweitern und dazu verhelfen, dass auch wir in den Lobpreis einstimmen können:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen.
Der geistliche Segen, von dem hier die Rede ist, zeigt sich in hellen und in dunklen Zeiten. Ja, gerade auch in schweren Zeiten können wir uns auf Gott und seine Nähe verlassen, die uns trägt.
Wenn wir unser Leben in der Tiefe betrachten , dann könnte uns bewusst werden, wie sehr wir alle von Gottes Segen leben. Wir können ja nur leben und wirken, wenn uns dafür die nötige Zeit und Gesundheit gegeben sind.
Müssen wir dafür ständig Gott danken?
In einer jüdischen Geschichte stellt ein Rabbi die Frage:
Braucht Gott eigentlich unser Lob? Ist er auf unseren Lobpreis angewiesen? Der Rabbi gibt die Antwort: Gott braucht eigentlich unseren Lobpreis nicht;
er ist nicht darauf angewiesen. Aber wenn der Mensch Gott nicht mehr lobt, beginnt er sich zu überschätzen. Er vergisst, aus welcher Kraft er lebt und wem er sich letztlich verdankt.
Und so ist es in der Tat. Gott loben – das hat mit uns zu tun.
Im Loben öffnen wir uns und lernen unsere ängstlich festhaltende Sichtweise zu korrigieren und zu erweitern. Der Blick auf Gott, die Erfahrung seiner Nähe, macht uns frei und lebendig. Wir lernen da, die Kostbarkeit der geschenkten Zeit wahrzunehmen und zu füllen – befreit von der Angst der Vergänglichkeit.
Im Gott loben – und das kann auch ein stummer Blick zum Himmel sein – werden wir selbst gesegnet, was übrigens im griechischen Urtext sprachlich zum Ausdruck kommt. Das griechische Wort „eulogein“ hat ursprünglich zwei Bedeutungen; es heißt loben und segnen.
Lob und Segen haben im zwischenmenschlichen Bereich mehr miteinander zu tun als uns das in der Routine des Alltags bewusst ist. Es tut uns allen gut, wenn wir nicht bloß kritisiert und auf Mängel hingewiesen werden. Bei Kinder können wir noch unmittelbar erleben, welcher Eifer, was für einen Ansporn, ein Lob bei ihnen auslöst.
Aber auch uns Erwachsene tut es gut, wenn wir nicht bloß auf Fehler hin
angesprochen werden, sondern auch auf das, was wir können und was uns gelungen ist.
Wenn ich auf mein Leben zurückblicke und an die Prozesse denke, die mich haben reifen lassen, dann fallen mir Menschen ein, die mich ermutigt haben und die mir durch ihre Zuwendugn geholfen haben, ein gesundes Selbst zu entwickeln.
„Der Mensch wird am Du“ – hat Martin Buber, der jüdische Religionsphilosoph, betont.
Zu diesem Du, das uns hilft, unsere Identität zu finden, gehören Menschen und Ereignisse und nicht zuletzt Gott, der sich für uns in Jesus Christus als Liebe zeigt. Im Hymnus aus dem Epheserbrief heißt es: In seiner Liebe hat Gott uns dazu vorherbestimmt,seine Kinder zu sein durch Jesus Christus.
Ja, liebe Gemeinde, in Jesus Christus, in dem, was er gesagt und getan hat, und was ihm widerfahren ist, da offenbart sich Gott als Liebe. In der Liebe, die wir Menschen einander geben, zeigt sich, wem wir gehören, wessen Kinder wir sind.
Wir sind Gottes – seine Kinder, wo immer wir uns inwendig der Liebe öffnen und uns von Gottes Liebe durchdringen lassen.
Im heutigen Lobpreis auf Gottes Liebe, die in Jesus Christus aufscheint, sind wir eingeladen, uns dieser Liebe zu öffnen – so wie es an anderer Stelle im Neuen Testament heißt: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater gezeigt, dass wir Gottes Kinder heißen und es auch sind.“(1.Joh.4,16).
Wir können die Liebesfähigkeit im Laufe unseres Lebens entfalten, weil Gott sie selbst in uns gelegt hat und weil wir nach seinem Ebenbild geschaffen sind.
Im Hymnus werden wir an die Liebe Gottes erinnert, die uns durch Jesus Christus
ermöglicht wird, wenn es da heißt: In Jesus Christus haben wir die Erlösung, die Vergebung nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit.
Wenn wir heute das Abendmahl miteinander feiern, dann sind wir eingeladen, uns der heilenden Liebe Gottes zu öffnen, die uns zum Leben befreit. In Jesus Christus haben wir die Erlösung, die Vergebung nach dem Reichtum seiner Gnade. Wer diese
Gnade inwendig erfährt, wer sie gewahr wird, der bekommt eine neue Sichtweise.
Es kommt zu einer Verlagerung unserer Wahrnehmung und unseres Verhaltens weniger egoistisch und auf unseren eigenen Vorteil bedacht, sondern offen für andere,
weniger von Angst getrieben, an der Liebe ausgerichtet.
Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte. Gottes Wille, den er uns in Jesus Christus gezeigt hat, ist liebe, die wir im Laufe unseres Lebens zu entfalten und zu entwickeln haben in Güte gegenüber jedermann, in Verantwortung gegenüber der Schöpfung und in Ehrfurcht gegenüber allem Lebendigen.
Wir sind Gottes Kinder – Gott in der Liebe gleichgestaltet. Um dies zu erkennen und gewahr zu werden, hat uns Gott seinen Heiligen Geist als Beistand gegeben.
Im heutigen Hymnus wird das so ausgedrückt: In Jesus Christus seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geist, der verheißen ist.
Mit dem Heiligen Geist werden wir an den heilenden Geist erinnert, durch den Gott inwendig in uns wirkt. Wo immer wir uns diesem Geist öffnen, an den uns Pfingsten vor einer Woche erinnert hat, da kommt Heilendes in unser Leben und in unsere Welt.
Heute an Trinitatis, am Sonntag der Dreifaltigkeit, werden wir an Gottes dreifaches Wirken erinnert: in der Schöpfung, in Jesus Christus und inwendig in unserem Geist.
Gott selbst schenke uns, dass wir uns seinem Wirken öffnen, um in den Lobpreis einzustimmen:
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistliche Segen im Himmel durch Christus. Amen
Infos unter:
Erstellt am: 03.06.2012 09:34 Uhr
