Predigt am Sonntag Jubilate 2014 Puerto de la Cruz

1 Christus spricht: Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater der Weingärtner.
2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, daß sie mehr Frucht bringe.
3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.
4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.
5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.
6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer, und sie müssen brennen.
7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.
8 Darin wird mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

Liebe Gemeinde,

mit dem Weinberg und den Reben und natürlich den Weingärtnern hat Jesus es ja mit seinen Gleichnissen. Und wenn man dann auch noch Weingärtner heißt, so wie ich, dann kann es passieren, dass man seine besondere Geschichte mit diesen Gleichnissen hat.

Am liebsten hatten es meine Mitkonfirmanden, wenn das Gleichnis von den bösen Weingärtnern dran war, die dem Besitzer soviel Kummer machten. Sie erinnern sich:
Die misshandelten seine Boten.
Die lieferten den Ertrag nicht ab.
Am Ende brachten sie seinen Sohn, den Erben, um.
Und sie verloren ihr Pachtrecht am Weinberg, er wurde anderen Pächtern gegeben
Schreckliche Weingärtner. Und ich hieß und heiße so.

Dann das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Die hatten alle ganz unterschiedlich lange Zeit gearbeitet. Und nach Feierabend erhielten sie trotzdem alle denselben Lohn. Damit hatte ich auch meine Mühe. Besonders in der Zeit meines ersten Berufes : Groß – und Außenhandelskaufmann. Nein das war kein Gleichnis für Krämerseelen. Aber mit dieser Gattung hatte Jesus ja stets besondere Mühe. Die konnten und können oft nicht begreifen, dass es das Entscheidende im Leben nur umsonst gibt: Liebe, Güte, Vertrauen, Barmherzigkeit. Das gibt es nur umsonst, es ist eh unbezahlbar.

Wenn mich die Weingärtner in der Bibel mal wieder geärgert hatten, dann konnte es wohl schon passieren, dass mein Konfirmator mich auf das vorhin gehörte Gleichnis hinwies. Gott selbst wird als der Weingärtner bezeichnet. Ein wenig schelmisch lächelnd konnte er hinzufügen: Aber nicht, dass du mir nun übermütig wirst.

Es gibt also schon Missverständnisse, wenn es um das Gleichnis vom Weinstock und den Reben, dem Weinberg und dem Weingärtner und den Arbeitern im Weinberg geht.
Ein weiteres, übrigens weit verbreitetes, möchte ich auch nicht verschweigen.
Manche juckt es ja regelecht in den Händen und Fingern, wenn es um das Abschneiden, Wegwerfen und Verbrennen von Anteilen oder Beteiligten geht, die angeblich zu nichts taugen. Deren Existenz und Tun wird dann als unnütz oder fruchtlos, nichts bringend bezeichnet. Weg damit.

Weg mit dem Trainer, der hat es nicht gebracht. Absägen, Trainer raus, und dann folgen Pfeifkonzerte für den vielleicht einst Hochgelobten. Der Erfolg hat ja meist viele Mütter und Väter, und der Misserfolg wird personalisiert. Der oder die ist schuld, taugt nichts, muss die Verantwortung tragen. Weg damit, raus. Und wenn es auch ein Bauernopfer ist, einfach abschneiden, zumindest die Karriere. Vielleicht nicht auch noch verbrennen und trotzdem: Es sind schon viele durch solches Verhalten verbrannt worden.

Das gibt es übrigens nicht nur in den Fußballligen, das gibt es in Vereinen und Verbänden, in Betrieben und Gewerkschaften und in der Politik ist es fast an der Tagesordnung. Und das gibt es, Gott sei es geklagt, auch in der Kirche. Immer dann, wenn die einen meinen, sie könnten sich das Richteramt über andere anmaßen. Das aber steht uns nicht zu. Niemanden von uns.

Weg mit ihm! Das kennt der Erzähler des Gleichnisses, Jesus, übrigens auch. Weg mit ihm, kreuzige ihn. Für uns nicht brauchbar, den wollen wir nicht.
Wie kommen Menschen dazu, so zu denken und zu handeln? Ich glaube, weil sie sich wie kleine Götter verstehen. Denn in unserem Gleichnis steht es Gott zu,
Unfruchtbares abzuschneiden, Wildwuchs einzukürzen, ganz und gar Sinnloses wegzuwerfen und zu verbrennen
Das ist Gottes Sache allein. Und wann er es tut und mit wem er es tut, das hat kein Mensch zu beurteilen und schon gar nicht zu entscheiden.

So, liebe Gemeinde, das war eigentlich nur ein Vorgeplänkel. Das Entscheidende unseres Gleichnisses vom Weinstock und den Reben und Gott als dem Weingärtner hat noch eine ganz andere Dimension, auch wenn das eben Gesagte sich durchaus in ihm wiederfindet.

Sieben Mal kommt das Wort bleiben in unserem Gleichnis vor. Das kann nicht zufällig sein. Bleiben weist auf etwas Beständiges hin, auf Dauer. Nicht schnelles Hin und Her, Kommen und Gehen oder gar hire and fire. Schon gar nicht: Mal hier ein wenig Naschen und dann wieder dort.
Worauf will Jesus hinweisen? Wohl auf diese entscheidenden Lebensfragen:
Wo sind meine Wurzeln?
Woher beziehe ich die Kräfte für mein Leben?
Was ist die Basis meines Denkens und Handelns?
Wo bin ich zuhause?
Was gibt mir Sinn und Ziel heute und morgen und übermorgen auch noch?

Und alle Antworten auf eben genannten Fragen und Problemkreise vertragen keine Kurzatmigkeit und schon gar keinen schnellen Wechsel. Wie viel Atemlosigkeit bei unseren Zeitgenossinnen und Zeitgenossen kommt daher, dass sie ruh – und rastlos nach dem immer gerade Modernen aus sind und dem nachjagen, was hier und jetzt up to date ist oder wie die Jungen sagen: In oder cool. Aber das ist wohl auch schon wieder von gestern. Es bleibt eben kaum noch etwas.
Glaube an Gott und Nachfolge Jesu aber sind nicht cool oder in oder gerade mal für kurze Zeit up to date.
Glaube an Gott und Nachfolge Jesu sind auf Dauer angelegt und auf Beständigkeit aus.
Glaube an Gott und Nachfolge Jesu brauchen eine bleibende Grundsatzentscheidung, die sogar noch in die Ewigkeit hineinreicht.

Denn dabei geht es um die Frage: was wollen wir sein?
Freie Geschöpfe Gottes, die sich nicht versklaven lassen vom Zeitgeist oder schwankende Gestalten, die der Wind der gerade aktuellen Moderne wie ein Schilfrohr hin und her treibt, bis es abgeknickt ist.
Von Güte und Barmherzigkeit lebende Menschen, die wissen, was Versöhnung und Nächstenliebe bedeuten oder mit kalten und harten Herzen ausgestatte Egoisten, die nur den eigenen kurzen Vorteil suchen.

Was wollen wir sein?
Zu Frieden und Versöhnung bereite und befähigte Frauen und Männer, die offene Hände reichen, die Zäune abbrechen und auch noch über breite Gräben Brücken bauen oder rechthaberische Figuren, die ihre Vorurteile pflegen und Zwietracht säen und, wenn’s angeblich sein muss, die Fäuste ballen.
Oder wollen wir Menschen sein, die vergeben können und Schuld nicht aufrechnen sondern bereinigen, die nicht andere Sündenböcke suchen müssen, um vom eigenen Fehlverhalten abzulenken.

Ja, liebe Gemeinde, was wollen wir sein?
Ich glaube und hoffe, dass wir zu der Seite Gottes in der Nachfolge Jesu gehören wollen, denn alles andere taugt nichts, kann bestenfalls in Flammen aufgehen, spätestens im Jüngsten Gericht, das gelegentlich schon im Hier und Jetzt sein Andeutung findet, wenn Menschen ausgebrannt und ihr Geld und Gut als Sinn des Lebens an Börsen und Banken und in anderen Spielhöllen verbrannt worden sind.

Auf der Seite Gottes und in der Nachfolge Jesu zu bleiben, aus seinem Wort und Sakrament Lebenssaft und Lebenskraft zu ziehen, ist allerdings nicht gerade ein Zuckerschlecken, denn durch beides wird die gesellschaftliche Realität und Tagesordnung gründlich gegen den Strich gebürstet.
Selbstlose und nicht auf eigenen Gewinn bedachte Lebensweise ist nicht gerade zeitgemäß.
Sich in seinem Tun und Handeln auf die bleibende und durch nichts zu erschütternde Liebe Gottes zu uns Menschen zu berufen und aus diesem Geist zuhandeln, das ist nicht gerade modern.

Aber was ist modern? Nehmen wir dieses Wort in seinem Inhalt ernst, dann ist damit gemeint, was Zukunft hat. Aber was hat Zukunft? Die Entwerfer des jeweils Modernen sind doch letztlich schon hoffnungslos von gestern, wenn sie am Reißbrett sitzen, weil es schon von gestern ist, wenn es auf den Markt der Waren und Ideologien kommt. Die nächste Mode ist doch längst in Arbeit.
Wir Christen suchen nach dem, was bleibt, was hält und trägt, wenn so Manches ins Wanken oder gar Vieles zu sinken droht, weil es den Stürmen des Lebens nicht standhält und keine verlässliche Basis hat.

Aber auch dieses bleibt weiterhin:
Wir sind keine Engel, die über den Dingen schweben, sondern leben auf dieser Erde, eben im Hier und Jetzt mit ihren Gesetzmäßigkeiten, werden mit ihnen konfrontiert oder sind in sie verwoben.
Darum brauchen wir immer wieder die Rückbesinnung auf die Wurzeln christlicher Existenz. Wir brauchen die Korrektur durch Gott selbst im Hören auf sein Wort, und im Gebet.
So werden wir korrigiert, zurecht gebracht, gereinigt oder wie es unser Gleichnis sagt: vom Wildwuchs beschnitten, so wie eine Rebe immer wieder beschnitten werden muss, damit nur das übrig bleibt, was Frucht trägt.

Und darum lassen Sie uns, liebe Gemeinde, bleiben bei Gott, dem Urgrund unseres Lebens, in der Nachfolge Jesu, der unserm Leben Sinn gibt und natürlich auch beieinander hält in guter viele Grenzen überschreitender Gemeinschaft.
Und dann kann es vielleicht passieren, das sich ereignet, was uns am Schluss zugesagt wird: dass wir bitten dürfen in seinem Namen, was wir wollen, und es wird geschehen. Aber bitte : In seinem Namen – nicht nach unserem Gusto.
Dann können große Dinge geschehen, in Puerto de la Cruz und anderswo, vielleicht auch mitten unter uns in den kleinen und großen sozialen Bezügen, in denen wir leben. Vertrauen wir doch einfach darauf.
Amen

Infos unter:

Erstellt am: 14.05.2014 15:48 Uhr

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