Predigt am Aschermittwoch 2014 (05.03.)

L I: Joel 2, 12-18 / Ev.: Mt 6, 1-6.16-18
Schwestern und Brüder!
Vor kurzem las ich einen Artikel, auf den mich folgende Überschrift aufmerksam gemacht hatte: „Schönheitswochen mit Jesus“. Leider versprach er nun nicht ganz, was die Überschrift an Neugier in mir geweckt hatte; aber zumindest blieb mir diese so in Erinnerung, dass sie mir wieder ins Bewusstsein kam, als ich über die vor uns liegenden Wochen nachdachte. Es stimmt ja auch: Die Tage der Fastenzeit, das könnten wirklich so etwas wie Schönheitswochen mit Jesus werden. Schließlich geht es in seiner Verkündigung, in seinem Weckruf zu Wahrhaftigkeit und Klarheit auch um die Pflege unseres äußeren Erscheinungsbildes, wenn es da heißt: „Du aber salbe dein Haar…und: mach kein finsteres Gesicht.“
Nun kommt dieser Aufruf aber nicht solo daher wie eine ins Haus flatternde Werbung irgendeines Wellness- oder Beauty-Salons, sondern er ist mit einer Angabe verknüpft: „Wenn ihr“ bzw. „wenn du fastest, dann… Aber gehen wir der Reihe nach. Jesus macht die nachfolgenden Aussagen, weil er der Überzeugung ist, dass ein ehrliches Fasten jedem gut tut – nicht nur sich selbst, sondern auch den anderen. Deshalb braucht es aber auch keinen „Lohn“ für das Fasten und auch keinerlei Bewunderung oder Anerkennung Dritter dafür. Ein Fasten, das seinen Wert einzig und allein aus der Aufmerksamkeit anderer bezieht, das wäre doch nichts anderes als reine Kosmetikarbeit an sich selbst und an der eigenen Fassade. Echtes Fasten dagegen zielt auf eine Kernsanierung hin, auf eine echte körperliche und seelische Erneuerung. Wer also Fasten als Leistungssport oder publikumswirksame Aktion betreibt, geht an dessen Ziel und Sinn schnurstracks vorbei. Und dieses Ziel heißt: Loslassen und Freiwerden; frei werden für eine neue Sichtweise des Lebens; frei werden für tiefere und tragende Werte – frei werden letztlich auch für Gott. Und der, so sagt Jesus, „sieht“ das echte Fasten und wird es Dir mit seiner Nähe und seinem Heil vergelten. Nicht erst irgendwann im Jenseits, sondern hier und heute.
Nun sagen ja Fastenlehrer unisono, dass Fasten schön macht. Es entschlackt, es reinigt, es führt den Körper zu neuer Frische und macht zugleich die Seele glücklich. Vielleicht sind die Fastenseminare auch deshalb so überfüllt, weil die meisten, die sie mal ausprobiert haben, eine solche Erfahrung immer wieder lockt, und sie sich deshalb in gewissen Abständen genau solche Auszeiten erneut nehmen und das Ergebnis dann genießen.
Aber wie ist das mit uns heute? Mit diesem Gottesdienst beginnt ja unsere Fastenzeit. Sind wir mit Freude in sie eingestiegen? Haben wir diese Zeit herbeigesehnt oder kommen uns die weiteren Karnevalsfeiern hier auf der Insel weit mehr gelegen? Was verbinden wir denn mit diesen tagen? Haben wir Hoffnungen und Erwartungen oder nehmen wir sie halt so hin, weil sie gerade im liturgischen Kalender stehen? Empfinden wir diese Tage und Wochen vielleicht gar wie ein überflüssiges Wartezimmer vor dem Osterfest?
Was mich stutzig macht ist die Tatsache, dass Jesus ja nun das regelmäßige Fasten selbst nicht gepflegt hat. Zumindest ist es uns nicht überliefert. Sicherlich: er ging 40 Tage in die Wüste; aber das war ja eher, um sich seiner Sendung bewusst zu werden. Regelmäßiges Fasten aber, wie es die Pharisäer pflegten, das ist von ihm nicht überliefert. Die Pharisäer fasteten ja immer montags und donnerstags – und zwar stellvertretend für andere. Zweimal die Woche fasten wegen der Sünden anderer, das kann aber ganz schnell zur Überheblichkeit führen, zu einer Leistung, deren Gewicht und Last finstere Mienen erzeugt. Deshalb sagt Jesus auch: „Wenn ihr fastet, dann macht es nicht wie die Heuchler!“ Echtes Fasten gründet nämlich in der Liebe zu sich selbst, zum Nächsten und zu Gott. Dann aber macht es
nicht trübselig, sondern schön.
Ich kenne auch keinen einzigen Hinweis, dass Jesus jemals ein Almosen gegeben hätte, obwohl ja jeder Jude verpflichtet ist, dies seinen Verhältnissen entsprechend zu tun. Sogar ein Armer, der selbst Almosen empfängt, ist verpflichtet, Almosen zu geben. Dabei soll die Gesamtsumme der zehnte Teil – also 10% des Jahres-Nettoverdienstes sein. Bei manchen Leuten ist das mit Sicherheit ein ganz schöner Batzen Geld. Von daher ist es auch kein Wunder, dass die ein oder der andere von ihnen auf die Idee kommt, das Geld nicht ganz so geräuschlos abzuliefern, sondern Posaunen einzusetzen, die die Öffentlichkeit wissen lassen, wer hier wie viel gibt. Oder man gibt bei einer Spendengala, wo die Namen eingeblendet werden oder bei einem Charity-Golfturnier usw. Jesus aber sagt: „Wenn du Almosen gibst, dann soll deine linke Hand nicht wissen, was deine Rechte tut.“ Die Gabe für die Armen soll anderen verborgen bleiben und ist doch trotzdem nicht für dich verloren. Denn Gott, der „Anwalt der Armen“, sieht es. Und seine Aufmerksamkeit ist unendlich viel mehr wert, als irgendeine Schlagzeile oder rauschender Beifall. So aber kann nur jemand reden, der nicht verbissen am Geld hängt und auch nicht dauernd sein Image pflegen und aufpolieren muss, weil er schon immer um den eigenen Wert oder das eigene Ansehen vor Gott weiß.
Nun hat Jesus, soweit wir wissen, kein Almosen gegeben – aber er hat sich selbst geschenkt; hat sich hingegeben an Gott und die Menschen, vor allem die Armen und die Randfiguren. So aber kam er ihnen weitaus näher, als es ihm mit einer noch so großen Geldspende möglich gewesen wäre. Diese Nähe gründet in seiner Liebe zu den Menschen – und Liebe, das wissen wir alle – Liebe macht immer schön!
Diese Liebe Jesu hatte einen ganz tiefen, einen unerschütterlichen Grund: das war für ihn die Zuneigung Gottes, in der er sich voll und ganz geborgen wusste. Auf diesem Fundament stand seine Liebe zu den Armen, aber auch zu den Frommen und Gerechten seiner Zeit. Diese Liebe aber erklärt auch seinen Eifer, seine Tränen und mitunter seinen Zorn, wenn Menschen diese Liebe zurückweisen oder ihm absprechen wollten. Gerade weil Jesus sich aber vom Vater geliebt wusste, pflegte er das Gebet, die Zeit des Ein- und Ausatmens in Gott; das manchmal nächtelange Zwiegespräch, den fröhlichen Lobpreis, aber auch die Klage; das Ringen und das Aushalten des Schweigens und der Zumutung, die Gott ihn mitunter hat spüren lassen. Aber es war ihm wichtig, dass dieses Gespräch mit dem Vater allezeit echt ist und nicht zu einer Show verkommt. „Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler…“, die das Gebet zum Auftritt machen, um dafür Applaus zu ernten. Nein, sagt Jesus, das Gebet, dieses liebende Zwiegespräch, das gehört in die Kammer, in das Zimmer der Liebenden – und da gilt, was wir alle wissen: Lieben und Geliebt werden, das macht schön!
Vielleicht haben Sie jetzt gespürt, weshalb mich die eingangs erwähnte Überschrift nicht mehr locker gelassen hat. Den für uns gilt ab heute: Die Schönheitswochen mit Jesus sind eröffnet. Auch uns soll gelingen, was wir jetzt durch Jesu Worte bedacht haben: Die Wochen sollen uns frei werden lassen für seine Botschaft, sollen uns offen sein lassen für die Mitmenschen und sie sollen uns mit seiner Liebe, der Liebe Gottes beseelen.
Aber wie bei so mancher Kur steht am Anfang ein herber Einschnitt, ein starkes Zeichen. Doch statt einer Gesichtsmaske oder eines Haut-Peelings empfangen wir heute das Aschenkreuz. Alle Selbstdarstellung soll in Rauch und Asche aufgehen; alle geistlichen Wege – das Fasten, Beten und Almosen geben – sollen gereinigt werden, und unsere Liebe soll wachsen und zur Hingabe fähig werden. Darum sollten wir diese Kur machen – die kostenlos und gratis ist. Mitmachen – mitmachen, das muss allerdings jedes von uns selber….
Fürbitten:
Gott, uns Mutter und Vater, du siehst auch das Verborgene: das Leid und die versteckte Not; das Böse, das Menschen tun – und den guten Willen, mit dem wir in diese österliche Bußzeit gehen. Wir bitten dich für uns und für die Welt:

Für die Menschen in der Ukraine, die in Angst davor leben, dass die politische Lage eskaliert; für die Politiker dort und in Russland, Europa, Amerika und Asien bei ihrer Suche nach friedlichen und demokratischen Lösungen. Gott, der du das Verborgene siehst.

Wir beten für die Menschen im Heiligen Land und alle, die ihnen zu Umkehr und Versöhnung raten und helfen. Gott, der du das Verborgene siehst.

Wir beten für die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik, die die Energie-Versorgung neu und ökologisch sichern müssen; und für die vielen, die schon im eigenen Bereich sparen, wo es geht. Gott, der du das Verborgene siehst.

Wir beten für uns und alle Menschen, die erkennen, dass sie auf falschen Wegen sind, und die umkehren wollen und neu anfangen. Gott, der du das Verborgene siehst.

Wir beten für die Frauen und Männer, die sich auf ihre Taufe am Osterfest vorbereiten; und für alle, die sie auf dem Weg des Christ-Werdens begleiten. Gott, der du das Verborgene siehst.

Wir beten für die vielen Menschen, die so viel Gutes tun, oft ohne dass es jemand merkt. Und für alle, die auf die stillen Helferinnen und Helfer angewiesen sind. Gott, der du das Verborgene siehst.

Gott, du siehst das Verborgene, das Gute und das weniger Gute. Begleite unsere Umkehr in dieser Zeit; stärke das Gute, das wir tun,
und führe uns auf deinen Weg zu unseren Nächsten nah und fern.
Dafür danken wir dir und loben dich, mit Jesus Christus, unserem Bruder und Herrn. Amen

Infos unter:

Erstellt am: 06.03.2014 17:15 Uhr

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