Unfall mit Fahrradfahrerin

Zu einem schweren Verkehrsunfall kam es letzte Woche in Santa Cruz. Eine 38-jährige Fahrradfahrerin stieß mit einem Auto zusammen und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. Beobachter des Unfalls alarmierten sofort den Notarzt und die Verunglückte wurde ins Hospital nach Candelaria gebracht, wo sie stationär behandelt werden muß.

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Erstellt am: 05.10.2013 12:07 Uhr

Zündfunke, 05.10.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Vor kurzem hatten wir eine Trauung in San Telmo und bei der Vorbereitung derselben ist mir ein Spruch in die Finger gekommen, der bereits zweieinhalbtausend Jahre alt ist und lautet: „Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. (Ruth 3, 16) … Nur der Tod wird mich von dir scheiden.“ (3, 17b) Dieser Trauspruch wird auch heute noch gerne von Paaren verwendet, vielleicht auch, weil es ein ganz mutiges Versprechen am Anfang des gemeinsamen Weges ist. Ja, vielleicht kann man so mutig nur dann sein, wenn man jung und frisch verliebt ist. Und trotzdem: Auch jenseits der Silberhochzeit finde ich es großartig, wenn junge Leute sich das für ihr Leben versprechen. Denn in diesem Bild vom Miteinander unterwegs sein, da steckt unglaublich viel drin.
Zum Beispiel, dass es heißt „miteinander gehen“ und eben nicht, die oder den anderen „auf Händen tragen“. Es heißt auch nicht, dem Partner, der Partnerin alle Steine aus dem Weg zu räumen. Wer das versucht, der kommt am Ende nicht sehr weit. Mindestens einer von beiden bleibt dann bald auf der Strecke. Ich muss nicht versuchen, dem anderen alle Schwierigkeiten zu ersparen. Ich kann es selbst ja auch nicht erwarten. Aber ich kann mich sicher fühlen, dass ich nicht allein bin. Ich bin geborgen, weil der andere bei mir ist und bei mir bleibt. Und das zählt mehr und ist mehr als alles andere. Das ist kein starres Verhältnis, das auf einmal zerbricht, weil es zu sehr belastet wird. Nein, das ist vielmehr ein flexibles Miteinander, in dem zwei Menschen den sich verändernden Lebenssituationen gewachsen sind.
Geborgen sein heißt auch, schwach sein können, ohne Stärke zu provozieren. Wenn man miteinander auf dem Weg sein will, darf nicht einer dem anderen beweisen wollen, wie gut er alles im Griff hat und wie locker er mit allen Schwierigkeiten fertig wird. Auf die Dauer macht so eine Anstrengung müde und auch lustlos. Es ist viel besser, einander immer wieder an der Hand zu nehmen. Dann kann jede und jeder auf seinen eigenen Füßen gehen – und man hat da doch eine Hand, in der man die Wärme und Nähe des je anderen spürt. Eine Hand, die man dann auch mal fest drücken kann, wenn es notwendig ist und wenn es gut tut. Und dann kann man auch leichter weitergehen.
Miteinander auf dem Weg, dazu gehört auch: „Wo du bleibst, bleibe ich auch.“ Bleiben, wenn der oder die andere nicht weiter kann. Nicht auf und davon ziehen. Der Abstand, der dann entsteht, lässt sich später kaum wieder aufholen. Aufgaben und Verpflichtungen, die einen zwingen würden, dass eines von beiden alleine zurückbleibt, die muss man gemeinsam tragen. Die muss man gleichmäßig in die Rucksäcke verteilen und dann halt langsamer tun oder weniger hoch hinaufsteigen. „Wo du bleibst, da bleibe ich auch!“ Das gehört eben auch dazu, wenn man miteinander auf dem Weg ist.
Manchmal bin ich ja schon überrascht, wie genau solche uralten Worte der Bibel auch in unsere Zeit hinein passen – meinen Sie nicht auch?

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Erstellt am: 05.10.2013 11:46 Uhr

Zündfunke, 04.10.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Ratgeber überfluten heutzutage die Bücherregale. Zu allen Fragen von uns Menschen gibt
es irgendeinen, der dazu was geschrieben hat. Ist das Portemonnaie leer, gibt’s den Ratgeber Geld und Wirtschaft. Bei Gallensteinen und Migräne gibt’s den Ratgeber Gesundheit. Verliert der Gummibaum seine Blätter, schlägt man im Ratgeber Haus und Garten nach und wenn es in der Ehe kriselt, dann empfiehlt sich eben der Ratgeber Ehe. So gesehen dürfte heutzutage eigentlich niemand mehr ratlos sein. Doch fehlt diesen modernen Ratgebern etwas ganz Entscheidendes. Sie haben immer nur einen winzigen Ausschnitt der Wirklichkeit vor Augen, niemals das Ganze. Und deshalb rate ich zu einem Buch, welches im Buch der Bücher zu finden ist: Dem Buch Jesus Sirach in der Hl. Schrift. Zwar ist dieses Buch nicht mehr taufrisch, da es bereits mehr als 2200 Jahre alt ist, und ob es nun wirklich heilig ist, das lass ich mal dahingestellt sein. Aber trotz und allem – es ist gut zu lesen und darüber auch mehr als nützlich.
Dieses Buch Jesus Sirach gibt für alle Alltagsfragen Ratschläge, auch für moderne. So findet ein Kettenraucher dort z.B. den Rat: „Mein Kind, prüfe, was für deinen Leib gesund ist; und siehe, was für ihn ungesund ist, das gib ihm nicht.“ Denen, die sich nur von Pommes und Fast-Food-Produkten ernähren sagt Jesus Sirach ganz unverblümt: „Viel Fressen macht krank, und ein unersättlicher Vielfraß wird sich erbrechen.“ Und all denen, die über Politik und Reformen diskutieren, empfiehlt dieser Ratgeber: „Verdamme niemanden, bevor du die Sache untersucht hast; und lass die Leute ausreden.“ So gilt dieses Buch Jesus Sirach als ein eindrucksvolles Beispiel jüdischer Weisheitsliteratur. Voll von Ratschlägen, die aber nicht veralten. Auch damals schon galt die Gesundheit als das höchste Gut: „Kein Reichtum ist zu vergleichen mit einem gesunden Körper und kein Gut gleicht der Freude des Herzens.“ Wenn man auch nur den leichtesten Zahnschmerz verspürt, merkt man, wie recht Jesus Sirach hat. Im übrigen rät uns dieser Weisheitslehrer, nicht in ein Dauergrübeln zu verfallen: „Gib dich nicht der Traurigkeit hin, und plage dich nicht selbst mit deinen eigenen Gedanken. Ermuntere dich und tröste dein Herz“ – „notfalls auch mit mäßigem Weingenuss, denn Wein ist dazu geschaffen, „dass er die Menschen fröhlich macht.“
Bei all diesen Ratschlägen behält Jesus Sirach aber doch das Ganze im Blick. So finden wir bei ihm die Worte des bekannten Kirchenliedes: „Nun danket alle Gott, mit Herzen, Mund und Händen. Der große Dinge tut, an uns und allen Enden; der uns von Mutterleib und Kindesbeinen an, unzählig viel zu gut, bis hierher hat getan.“

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Erstellt am: 05.10.2013 11:43 Uhr

Zündfunke, 03.10.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Ihnen allen, liebe Schwestern und Brüder einen wunderschönen Guten Morgen!
Bis vor wenigen Jahren, da war der 3. Oktober ein ganz normaler Tag. Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wird er aber als „Tag der deutschen Einheit“ begangen. Einen solchen Gedenktag gab es in der alten Bundesrepublik ja auch schon früher – den 17. Juni. Es war die Erinnerung an den Tag, an dem 1953 der Arbeiteraufstand in verschiedenen Städten der ehemaligen DDR blutig niedergeschlagen wurde. Ein Tag des Gedenkens an die Menschen, die bei den Aufständen ihr Leben verloren. Dieser 17. Juni erinnerte an die damalige Forderung in der Präambel des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, endlich die Einheit des deutschen Volkes zu vollenden.
Nun sind seit knapp 24 Jahren die Grenzen offen. Die Einheit und Freiheit Deutschlands ist vollendet – was immer Ziel war. Und doch: Es gibt noch viel zu tun, um diese Einheit tatsächlich Wirklichkeit werden zu lassen. Der Startschuss wurde mit dem 9. November 1989 gegeben, viele Hürden sind bis zum heutigen Tag überwunden worden und viele Hindernisse auf dem Weg zur Einheit sind beseitigt. Aber immer noch spuken auch viele Vorurteile in nicht wenigen Köpfen in beiden Teilen Deutschlands herum. Und diese gilt es jetzt zu überwinden. Ist es nicht merkwürdig: Da reisen wir in fremde Länder, wollen – wie hier auf Teneriffa – fremde Menschen und neue Kulturen und auch Lebensweisen kennen lernen. Aber im eigenen Land – oder auch den eigenen Landsleuten hier – begegnet man mit Skepsis und Vorurteilen. Dabei bietet die deutsche Einigung doch viele Möglichkeiten – geglücktes Miteinander und gegenseitige Bereicherung.
Der Tag der deutschen Einheit sagt mir aber auch noch was anderes: Sehr viele hielten ja die Vereinigung der beiden deutschen Staaten für eine Utopie, einen letztlich unerfüllbaren Wunsch, der halt in der Verfassung stehen muss, aber an dessen Umsetzung man nie wirklich ernsthaft geglaubt hat. Doch das scheinbar Unerreichbare wurde erreicht. Und wie ist das bei uns Christen? Seit Hunderten von Jahren ist die Christenheit in Deutschland und im Deutschsprachigen Raum gespalten. Auf übelste Weise sind Katholiken und Protestanten in der Geschichte miteinander umgegangen. Das hat sich Gott-sei-Dank geändert. Die Zeichen der Ökumene stehen – allen Widerständen und Rückschlagen der vergangenen Woche und Monate zum Trotz – überaus gut. Vielleicht kommt ja auch hier eines Tages der richtige Zeitpunkt, um die schmerzhafte Trennung endgültig aufzuheben. Ich bin überzeugt: Mit Gottes Hilfe wird das einmal möglich sein; vielleicht noch nicht bald – aber auch nicht mehr in allzu weiter Ferne. Hoffentlich – denn es wäre uns allen zu wünschen!

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Erstellt am: 04.10.2013 12:23 Uhr

Zündfunke, 02.10.13

Diakon Bertram Bolz
Guten Morgen liebe Schwestern und Brüder!
Wie bringt man wohl einen Esel, der nicht fressen will, zum Futter? Schlicht und ergreifend so, dass man einen hungrigen Esel, der gerne frisst, neben ihn stellt. So viel zur klassischen Erklärung des Themas „Vorbild“. Heute nun hat ein Mann Geburtstag, der für viele Menschen zu einem Vorbild geworden ist. Wobei man dazu sagen muss, dass es unendlich schwer ist, auch nur annähernd an ihn und seine Wesensart heranzukommen: Ich spreche von Mahatma Gandhi. Am 2. Oktober 1869 wurde er geboren. Damals hieß er noch Mohandas Karamchand Gandhi, denn den uns allen bekannten Beinamen „Mahatma“ – „die große Seele“, den hat er erst später bekommen. Ja, er war ein kleiner, schmächtiger Mann – aber eine riesige Persönlichkeit und vor allem ein Mann mit einer ganz großen Seele. Das hat dazu geführt, dass er – wie kaum ein anderer bis heute – quer durch alle Kulturen und Religionen geachtet, respektiert und eben als Vorbild gesehen wird. Und weshalb? Weil er so radikal wie kein anderer auf die Gewaltfreiheit gesetzt hat. Und das, was da so von ihm ausstrahlte, sprang auf viele andere über, die sich ihm dann auf dem Weg der Gewaltlosigkeit angeschlossen haben. Allein schon deshalb kann man sich auch als Christ den Hindu Gandhi zum Vorbild nehmen. Für mich ist das kein Widerspruch. Denn das, was Jesus fast 2000 Jahre vorher mit so Sätzen wie: „Leistet dem, der euch Böses tut, keinen Widerstand“ und „Liebet eure Feinde und tut denen Gutes, die euch hassen“ – solche unmöglich scheinenden Sätze hat Gandhi zu einer Volksbewegung gemacht und sein Land damit und dadurch entscheidend verändert. Ich frage mich, was er wohl heute tun würde? Würde er z.B. den Palästinensern zu einem gewaltfreien Widerstand raten? Wie würde er mit der Situation im Irak umgehen und was würde er der Weltgemeinschaft in Sachen Iran nahe legen? Nicht zuletzt auch die spannende Frage, was würde er seinem eigenen Volk in der Kaschmir-Frage sagen und raten? Zu vielem, was die genannten Regionen und Volksgruppen derzeit an Gewalt zu erleiden haben – Gewalt die immer von beiden Seiten ausgeht – fällt mir sein weiser Spruch ein: „Auge um Auge – das macht die ganze Welt blind.“ Wie schön wäre es, wenn das große Vorbild Gandhi auch für so manchen Politiker in den genannten Regionen bzw. Politiker, die sich in diese Regionen einmischen ein Vorbild sein könnte. Dann müssten heute keine „road-maps“ für diese Teile der Welt entworfen werden – vielmehr ginge dann wahrscheinlich in Erfüllung, was auch ein Zitat Gandhis ist: „Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Frieden ist der Weg.“

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Erstellt am: 04.10.2013 12:19 Uhr

Zündfunke, 01.10.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Wenn man uns Christen anschaut, dann kann man sich oft denken: Die sind doch auch nicht besser dran als der Rest der Menschheit. Tröstet Sie z.B. der Glaube an Jesus Christus über Rheuma und Zahnschmerzen hinweg? Nein! Reichen Sie dem, der sie auf die eine Wange schlägt, auch noch die andere hin? Nein! Sind Ihnen Posten und Pöstchen, die mit Geld und Ansehen verbunden sind, gleichgültig und trachten Sie wirklich zuerst immer nach dem Reich Gottes? Nein! Plündern Christen ihre Konten und geben alles, was sie haben – ja sogar im Überfluss haben – den Armen? Nein! Wenn wir Christen uns an dem messen, was wir sein sollten, wie Gott uns haben will, dann schneiden wir da ziemlich schlecht ab. Und trotzdem bin ich der Überzeugung, dass Gott Hoffnung in uns setzt – und man darf sich fragen: Warum bloß?
Von dem dänischen Atomphysiker Niels Bohr wird erzählt, dass er mal in einer schlichten Almhütte, ohne elektrisches Licht und ohne fließend Wasser Urlaub gemacht habe. Mit von der Partie waren eine ganze Reihe von Kollegen. Die Küche bot nur die primitivsten Koch- und Waschgelegenheiten: Also einen Lappen, einen Eimer Wasser, ein schmuddeliges Handtuch – all das musste genügen, um einen Berg Geschirr sauber zu waschen. Nun wissen wir ja alle, dass ein richtiger Denker niemals mit dem Nachdenken aufhört. Also machte Bohr selbst beim Abwasch in der Küche noch mehr als tiefsinnige Beobachtungen. Denn wie er da so am Waschtrog stand, da fiel ihm auf: „Wir haben schmutziges Spülwasser und schmutzige Küchentücher. Und trotzdem gelingt es uns, damit die Teller und Gläser sauber zu machen.“ Es ist tatsächlich verblüffend – und wenn Sie gleich ihre Kaffeetasse und ihr Frühstücksgeschirr abwaschen, dann können Sie durchaus nachprüfen wie Recht der Atomphysiker mit seiner Beobachtung hat.
Es lässt doch niemand das Spülwasser ab, nur weil er darin schon ein paar Teller gespült hat. Keine Hausfrau kippt nach dem ersten Wischen den Eimer mit Wischwasser aus und nimmt neues. Zwar ist das Wasser nicht mehr rein – das ist klar; aber trotzdem werden die Teller und Tassen, die man eintaucht, rein und der Boden, den man schrubbt, der wird selbst mit einer trüben Brühe sauber. Und genau so ist das eben auch mit uns Christen. Ich kennen nicht einen von uns, der oder die von sich sagen könnte: Ich habe ein reines Gewissen, sozusagen ein reines Herz – an mir gibt’s nichts auszusetzen. Im Gegenteil. Aber allein durch unsere Existenz erinnern wir daran, dass Gott von den Menschen mehr verlangt und erwartet als von den Tieren. Wir Christen sind, obwohl mitunter sündhaft – also schmuddelig, so etwas wie Gottes Wischwasser in dieser Welt. Von ihm dazu bestimmt, das Dunkel der Welt ein klein wenig aufzuhellen.

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Erstellt am: 04.10.2013 11:44 Uhr

Zündfunke, 30.09.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, Ihnen allen, liebe Schwestern und Brüder!
Gerne beschäftigen wir Menschen uns mit unserer Vergangenheit und da wiederum ganz besonders mit unserer Jugendzeit. Nicht umsonst gibt es deshalb auch viele Lieder, die immer wieder zurückblicken. So besingt Bryan Adams z.B. den Sommer von 1969, die angeblich besten Tage seines Lebens. Bruce Springsteen singt von den Glory days – den glorreichen Tagen seiner Jugend, Peggy March sang den unvergesslichen Titel: „Mit 17 hat man noch Träume“ und an Willi Schneider erinnern sich viele, weil er damals gesungen hat: „Man müsste noch mal 20 sein“.
Was genau fasziniert uns denn so an unserer Vergangenheit, dass wir so gerne zurückschauen? Ist es eine große Portion Selbstverliebtheit? Sich erinnern, das ist ja so ähnlich wie sein Leben im Spiegel zu betrachten. Ist es die Trauer darum, dass unsere besten Tage womöglich schon vorbei sind? Oder genießen wir einfach dieses melancholische Gefühl, diese süße Schwermut, die sich einstellt, wenn wir an die alten Zeiten denken? Ich geb’ ja gerne zu, dass es mir auch warm ums Herz wird, wenn hier bei Radio Megawelle ein Hit aus meiner Jugendzeit kommt und ich sehe mir auch ganz gerne die alten Fotos an. Aber wenn ich mir dann diesen jungen Kerl mit seinen langen Haaren oder seinem wallenden Bart anschaue, dann merke ich: Damals hatte ich zwar noch keinen Bauch, aber manchmal doch auch einen recht ahnungslosen Gesichtsausdruck. Und wenn ich dann noch die rosa Brille der Verklärung dieser Zeit abnehme, die mich nur die guten Seiten sehen lässt und die schlechten sanft ausblendet, dann komme ich zu dem Schluss: Früher war auch nicht alles besser. Da gab es auch eine ganze Menge Schwierigkeiten. Aber sie zu bestehen, dass hat mich doch hoffentlich auch ein wenig reifer und weiser werden lassen. Auf jeden Fall kann ich heute sagen: Ich will nicht noch mal 20 sein!
Deshalb meine ich: Erinnern ist in Ordnung, und zwar so lange wie ich dadurch nicht den Blick und den Mut für die Gegenwart und die Zukunft verliere. „Wer die Hand an den Pflug legt und zurücksieht, der taugt nichts für das Reich Gottes“, hat Jesus einmal gesagt. Er hat davor gewarnt, sich zu sehr mit dem Alten zu beschäftigen. Lieber nicht zu oft und zu lange zurückschauen. Denn gegen eine verklärte Vergangenheit, die es in Wirklichkeit so nie gegeben hat, sieht die reale Gegenwart natürlich oft ganz schön alt aus. Und wenn ich meine, die besten Tage seien schon vorbei, dann entferne ich mich – je älter ich werde – immer weiter von meinem vermeintlichen Glück. Dann fällt es schwer zu erkennen, welche Chancen und Möglichkeiten die Zukunft eben auch immer noch für mich hat – und das wäre doch schade – meinen Sie nicht auch?

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Erstellt am: 04.10.2013 11:37 Uhr

Zündfunke, 29.09.13

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntagmorgen, liebe Schwestern und Brüder!
Namen sind mehr als nur Schall und Rauch, das wissen wir alle, aber in dieser Woche Zündfunken, die ich Simon, dem Freund und Lehrling Jesu gewidmet habe, ist mir dies wieder einmal stark bewusst geworden. Simon, den wir auch unter dem Namen Petrus oder Simon Petrus kennen, hat also verschiedene Namen. Simon ist sein Geburtsname; ganz korrekt sogar, Simon Sohn des Jonas, eine damals durchaus übliche Namensgebung, die dem anderen die Herkunft eines Menschen etwas näher erläutern sollte. Warum also, nennt Jesus ihn dann Petrus?
Als Jesus Simon zu seinem Jünger macht, sagt er ihm gleich zu Anfang, was er mit ihm vorhat, “du sollst Petrus – Fels heißen, der Fels, auf dem nachher die Gemeinde steht”, natürlich hatte das Simon Petrus noch nicht wirklich verstanden. Also ist Petrus mehr als ein Name – eine Berufung sozusagen und Jesus gebraucht den Namen “Petrus” immer wieder, wenn Petrus sich gemäß seiner Berufung verhält. Jetzt gab es aber auch genügend Beispiele im Leben von Petrus, in denen er sich noch nicht entsprechend seiner Berufung benahm. In diesen Situationen nennt ihn Jesus “Simon”. Simon als Name und als Zeichen seiner alten Natur.
Immer wieder fiel Simon in sein altes, bekanntes Muster zurück; immer wieder verlor er den Mut, sich an Neues zu machen, an Verkrustungen zu kratzen, seine wirkliche Überzeugung kundzutun. Im Laufe seines Lebens musste er als Jünger Jesu einige sehr heftige Erfahrungen machen, die ihm halfen, später ein “wahrer Petrus” zu sein. Ein Mann, der von Jesus geschliffen und gefeilt wurde in seiner Persönlichkeit, um den Menschen der ersten Gemeinde mutig und entschlossen voranzugehen. Aber bis es wirklich so weit war, dass Simon Petrus wirklich Petrus war, musste er selbst auch noch viele Rückschläge hinnehmen. Simon war immer der harte Kerl, unbändig, bodenständig, harte Schale aber weicher Kern. Petrus dagegen ist nach den Vorstellungen Jesu ein umsichtiger, geläuterter Mann, der genau weiß wo es lang geht, der vorweg geht und anderen hilft, ihren eigenen Weg zu finden. Es dauerte seine Zeit bis aus Simon Petrus wurde, aber an Pfingsten hat er es allen gezeigt. Er war der Anführer der 12 Freunde Jesu – mutig, ohne Angst und offen – aber trotzdem so menschlich, und das macht mir Petrus so sympathisch.

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Erstellt am: 04.10.2013 11:35 Uhr

Predigt zum 26. Sonntag im Jahreskreis 2013 (29.09.)

L I: Am 6, 1a.4-7 / Ev.: Lk 16, 19-31
Schwestern und Brüder!
Nachdem die Wahl gelaufen ist und die nächsten Tage und Wochen zeigen werden, was daraus in Deutschland nun werden bzw. was Österreich heute wohl wählen wird, ist es für mich – so denke ich doch – jetzt völlig unverfänglich, einen Spruch ins Spiel zu bringen, der in der Werbung von der Post schon lange verwendet wird: Unterm Strich zähl ich! Aber: fast so lautet eben auch der Titel des Buches, welches der Kanzlerkandidat und frühere Finanzminister Peer Steinbrück vor geraumer Zeit herausgebracht hat. In „Unterm Strich“, berichtet er von der Finanzkrise 2008 und wie er sich damals – höflich ausgedrückt – von den Managern der Bankenwelt desinformiert und an der Nase herumgeführt gefühlt hat. Ganz offensichtlich gab es in diesem internationalen Bank-Business Akteure, die abgehoben von der Real-Wirtschaft, in einer eigenen Schattenwelt ein „riesiges Rad“ gedreht haben und die somit, weil sie die Bodenhaftung mit der realen Wirtschaft, den Sparern, den Bürgern und Handel-Treibenden total verloren hatten, zu einem riesigen Vertrauensverlust in bestimmte Eliten unseres gesellschaftlichen Lebens geführt haben.
Aus der Gedankenwelt solcher realitätsferner Banker und Ihrer Werbepartner entstanden Werbeslogans wie: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot!“ und es wurde den Menschen damit suggeriert, wie glücklich sie doch sind, wenn sie sich bestimmte Dinge finanziell einfach leisten können. Und genau das möchte ich jetzt einfach mal in Beziehung setzen zu dem Gleichnis, welches uns Jesus heute erzählt hat. So wie die Bankenwerbung könnte auch der Reiche in unserem Evangelium sagen: „Meine Kleidung, mein Essen, meine Freunde!“ Und der arme Lazarus? „Meine Geschwüre, mein Hunger, meine Schmerzen!“ Provokation pur, ich weiß, aber ist das nicht auch genau das, was Jesus mit diesem Gleichnis will? Er will die Finger in die Wunden der Gesellschaft damals und der Gesellschaft von heute legen: Auf der einen Seite sind da jene, die in Geld und Besitz im wahrsten Sinne des Wortes „schwimmen“ – auf der anderen Seite jene, die in Not und Elend untergehen. Ein mulmiges Gefühl überkommt mich, wenn ich das so sage. Weshalb?
Weil ich deutlich spüre, wie gefährlich dieser Text doch ist. Gefährlich, weil er natürlich mich und meinen Lebensstil unmittelbar betrifft und in Frage stellt. Gefährlich aber auch, weil ich ihn so lange interpretieren und an ihm herum deuten kann, bis er seine Schärfe verliert und so harmlos und flach geworden ist, dass er dann ganz bequem in mein Leben passt, ohne dass ich viel darüber nachdenken muss. Und gefährlich zum Dritten, weil ich den Text unreflektiert und unkritisch benützen kann. Das Ergebnis davon wäre entweder eine drohende Moralpredigt gegen Reichtum und Freude am Leben, oder eine salbungsvolle Vertröstung der Armen auf eine bessere Zukunft nach dem Tod, vielleicht auch ein „dogmatischer Reiseführer ins Jenseits“, der ganz genau vorgibt zu wissen, wie es da drüben wohl aussehen wird. Kann ich mich, im Wissen um all diese Gefahren, wirklich mit so einem Schwarz-Weiß-Blick – hier die Reichen – da die Armen – an diese „Frohe Botschaft“ Jesu herantasten?
Ich denke schon. Vor allem aber sollten wir fragen, ob es da etwas zwischen Reich und Arm gibt, was dazwischen steht. Und da fällt mir beim Text ins Auge: „Vor der Tür des Reichen lag ein armer Mann namens Lazarus.“ Die Tür steht dazwischen und genau die sollten wir uns doch mal genauer anschauen. Wir kennen ja nun viele Türen in unserem Leben: Offene und verschlossene; Türen, bei denen wir ahnen, was sich dahinter verbirgt und solche, bei denen wir erst nach dem Öffnen sehen, was oder wer sich dahinter versteckt. Diese Tür im Evangelium verhindert, dass der Reiche die Not des Lazarus wahrnimmt. Sie engt seinen Blickwinkel und auch seine Wahrnehmung ein. Und ich meine, solche Türen gibt es heutzutage viele. Sie tragen Schilder wie Globalisierung, Gewinnmaximierung, Bonuszahlungen, Rationalisierung, Verschlankung von Organisationsstrukturen und selbst vor unserer Kirche macht sie nicht halt mit der Gründung von Pastoralverbänden oder Seelsorgeeinheiten. Was allerdings wichtig ist: Der reiche Mann kennt diese Tür seines Hauses und er weiß auch wo der Schlüssel dazu liegt bzw. wie man den Schlüssel nennen könnte. Und wie?
Er heißt „Augen auf!“ Was nämlich den reichen Mann in Schwierigkeiten bringt ist die Tatsache, dass seine Augen nur teilweise geöffnet sind und er mit seiner „Sicht-Weise“ auch nur seine eigene Welt wahrnimmt. Seine Kleidung, sein Essen, seine Freunde. Er lebt sehr gut in seiner aus materiellen Gütern gezimmerten Welt und ist wohl eingewickelt in seinen Reichtum und Besitz. Mit all dem ist er so beschäftigt, dass er darüber seine „Um-Welt“ aus den Augen verliert. Es passt auf ihn sehr wohl das Stichwort: „Aus den Augen – aus dem Sinn!“ Und so übersieht er, dass er mit Reichtum bekleidet, der arme Lazarus aber mit Geschwüren und Elend ausgestattet ist.
Wenn wir die Schriftstelle jetzt weiterverfolgen, dann entdecken wir, dass sich der Reiche im Jenseits plötzlich für den Armen interessiert. Er sieht ihn in Abrahams Schoß sitzen und es überfällt ihn eine späte „Ein-Sicht!“ Eine Einsicht, die ihn auch deutlich spüren lässt: Nicht weil er reich ist, sitzt er hier in der Unterwelt – was wäre das auch für ein liebender Gott, der einen Menschen einfach aufgrund seines Vermögens in die Hölle, sprich in die Gott-Ferne schicken würde. Nein, er fühlt diese Ferne zu Gott, weil er mit seinem Reichtum die Not des Lazarus und die Not der vielen anderen Armen nicht wahrgenommen hat. Das Problem ist also nicht der Reichtum an sich, sondern dass der Reichtum ihm den Blick auf die Armut verstellt hat. Und das ist mehr als realistisch. Denn eine große Gefahr und Versuchung liegt einfach darin, dass der Reichtum einen Großteil der Realität ausblendet. Genau das ist im Herbst 2008 passiert, deshalb hab ich auch die Anmerkungen Steinbrücks aus seinem Buch „Unterm Strich“ eingangs erwähnt. Es kommt im Reichtum häufig zu Wahrnehmungsstörungen und Wahrnehmungstrübungen. Für den Reichen im Gleichnis kommt diese Einsicht zu spät, aber seine spät gewonnene Einsicht wird zur Aufforderung Jesu an uns, eben rechtzeitig die Augen zu öffnen und zu helfen.
Und wie kann nun seine Aufforderung, in unserem Leben es doch anders und besser zu machen, konkret umgesetzt werden? Ich entdecke da durchaus ein paar wichtige Denk- und Gesprächsangebote, die uns Jesus heute mit auf den Weg gibt:
Zum einen sollten wir mit diesem Evangelium keine „Neidkampagne“ gegen die Reichen und Mächtigen dieser Welt starten, sondern ihnen ihren Wohlstand durchaus gönnen. Was wir aber tun können ist, dass wir die Reichen ermutigen, über den eigenen Tellerrand zu schauen und die Armen dieser Welt im Blick zu behalten, ihre Not zu sehen und dann zu helfen, diese Not zu lindern oder zu beseitigen. So finde ich die Initiative von Bill Gates und Warren Buffet grandios, die sich selbst – und über einhundert andere Milliardäre haben sich ihnen angeschlossen – dazu verpflichtet haben, die Hälfte ihres Vermögens gegen den Hunger und die Armut in dieser Welt zu spenden.
Zum anderen: Wir sollten auch immer vor der eigenen Türe kehren. Warum? Das will ich Ihnen gerne sagen. Mir fällt nämlich auf, dass der Reiche im Evangelium – ganz im Gegensatz zum Armen – keinen Namen hat. Ist der Reiche also einer, der die Namen aller Mächtigen und Reichen aller Zeiten trägt? Etwa auch meinen Namen? Sicherlich: Einen Vergleich mit Milliardären oder Millionären kann ich mir getrost ersparen. Aber bin ich nicht in vielen Bereichen meines Lebens mit zu viel gesegnet? Manchmal sogar schon überladen? Machen uns – wenn wir ehrlichen Herzens eine Bestandsaufnahme machen – nicht häufig genug alltägliche Verpflichtungen, Hobbies, Beziehungen und Freizeitstress nicht blind für Notleidende? Nehmen wir die „Lazaruse“ wahr, die auch heute vor unserer Haustür liegen: Menschen, die als Flüchtlinge leben müssen, verfolgt von Machthabern, die lieber den eigenen Wohlstand fördern, als den des Volkes zu mehren. Menschen, die nicht das Existenzminimum haben und sich schämen, Hilfe anzunehmen. Diejenigen, die mit Hartz IV nicht mehr auskommen und auf die gespendeten Reste des Wohlstands angewiesen sind; ganz zu schweigen von denen, die einfach abtauchen und auf der Straße leben, weil sie für sich selbst keine Zukunft mehr sehen. Armut vor der Tür ist kein Bild von gestern, sondern Realität und der Graben zwischen Arm und Reich scheint sich täglich zu vergrößern.
Dabei ist mir auch klar: Selbst wenn wir den globalisierten Blick und den Blick vor die Haustür haben, wir werden das gesamte Elend nicht abschaffen. Aber jede und jeder von uns sollte den Lazarusen vor der eigenen Tür mit Augen des Mitgefühls, des Mitempfindens und des Mitleidens begegnen. Dann bin ich sicher, heißt unser Wahlspruch nicht: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“, sondern: „Mein Besitz, meine Verantwortung, meine Nächstenliebe“. Das aber eröffnet uns eine gute „Aussicht“ darauf, dass wir Jesus verstanden haben und „unterm Strich“ bleibt für uns alle dabei das ewige Leben. Amen.

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Erstellt am: 04.10.2013 11:32 Uhr

Predigt vom 29.09.2013

Von Pfarrer Johann Weingärtner
MARKUS 12, 28 – 34
28 Und es trat zu ihm einer von den Schriftgelehrten, der ihnen zugehört hatte, wie sie miteinander stritten. Und als er sah, dass er ihnen gut geantwortet hatte, fragte er ihn: Welches ist das höchste Gebot von allen?
29 Jesus aber antwortete ihm: Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein,
30 und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften« .
31 Das andre ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« Es ist kein anderes Gebot größer als diese.
32 Und der Schriftgelehrte sprach zu ihm: Meister, du hast wahrhaftig recht geredet! Er ist nur einer, und ist kein anderer außer ihm;
33 und ihn lieben von ganzem Herzen, von ganzem Gemüt und von allen Kräften, und seinen Nächsten lieben wie sich selbst, das ist mehr als alle Brandopfer und Schlachtopfer.
34 Als Jesus aber sah, dass er verständig antwortete, sprach er zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und niemand wagte mehr, ihn zu fragen.
Was, liebe Gemeinde, würden wohl heute bedeutende Menschen antworten, wenn man sie fragte: Was ist für dich die wichtigste Richtschnur in deinem Leben? Wofür stehst Du? Was gehört zu den unaufgebbaren Essentials, die nicht infrage gestellt werden dürfen?

Das ist ja nun, liebe Gemeinde, nicht nur ein individuell religiöses Thema. In unseren Tagen und sicherlich in der vor uns liegenden Zeit wird es reichlich traktiert werden in den Verhandlungen zur Bildung einer Regierung. Was sind unaufgebbare Grundsätze: Hier einige als Kostprobe:
Verantwortlich die Wirtschaft vorantreiben, damit Arbeitsplätze gesichert werden und der Sozialstaat finanzierbar bleibt.

Die Steuern eher senken statt sie zu erhöhen, vor allem für die Leistungsträger, damit mehr Netto vom Brutto – welch beliebte Floskel – übrig bleibt, und der Konsum angekurbelt werden kann, das war ja mal eine ganz und gar entscheidende Bedingung, ohne nichts gehen sollte. Was wurde daraus?

Solidarität der Reichen mit den Armen, wenn nötig per Gesetz herbeiführen. Die da oben müssen abgeben, damit die da unten etwas bekommen können – so sagten und sagen andere

Waffen abgeben und raus aus Kriegsgebieten um jeden Preis und zwar sofort und ohne jede Bedingung, auch das war und ist eine unaufgebbare Forderung, die nie und nimmer einem Kompromiss geopfert werden darf.

Und immer wieder, wie auch vor Jahren: Das Finanzgebaren der Investmentbanker regulieren, damit die nicht noch einmal die Welt an den Rand des Ruins treiben.

Das sind nur einige angeblich unaufgebbare Positionen, die niemals verwässert werden dürfen, von wem auch immer. Was ist daraus geworden? Und was wird aus daraus werden? Nur Versprechungen?

Und Otto und Ottilie Normalverbraucher und – verbraucherin haben da ja auch noch ihre verständlichen Prioritäten, die sie beachtet haben möchten und ohne die wenig oder nichts geht:

Ich möchte nur meine Ruhe haben, meine Altersversorgung gesichert wissen und im Frieden leben können.
Ich möchte ungestört meinen Lebensabend genießen; und die da oben sollen endlich Ruhe geben und nicht so viele Sprüche klopfen, sondern ihre Arbeit tun.
Und ich möchte natürlich alt werden und mich dabei jung fühlen bei möglichst guter Gesundheit.
Und wenn Otto und Ottilie Normalberbraucher und – verbraucherin noch relativ jung sind, dann könnte das so klingen:
Ich möchte einen guten Beruf haben mit wenig Stress und fettem Verdienst
Ich möchte in einer guten Beziehung leben, wo es so wenig Konflikte wie möglich gibt
Ich möchte, dass die Menschen endlich lernen, Frieden zu machen, vor allem die andern.

So oder ähnlich, vielleicht aber ja auch noch ganz anders könnten die Antworten aussehen auf die Frage: Was ist für dich das höchste Gebot, also die entscheidende Richtschnur für dein Leben. Mancher und manche mag jetzt sagen: Aber das ist doch nur die ganz und gar weltliche Sichtweise, die Frage nach der Religion, um die es ja im Evangelium geht, die weist doch noch in eine ganz andere Richtung.

Ich antworte mit Luther, der einmal gesagt hat: Woran dein Herz hanget – das ist dein Gott. Warum aber mache ich diesen Umweg über das so ganz und gar Profane und Weltliche hin zum Religiösen oder gar Heiligen? Ganz einfach, liebe Gemeinde, weil ich davon überzeugt bin, dass in unserer scheinbar
unreligiösen oder – wie die Fachleute sagen – ganz und gar säkularen Welt, die Religion durch die Hintertür wieder eingezogen ist. Gelegentlich allerdings in einer nahezu perversen Gestalt.

Da wird die Macht vergottet und um jeden Preis angestrebt.
Und wenn sie errungen ist, dann kommen die Geldgeber namens Lobbyisten ins Spiel.
Und dann geht es nach der Methode. Wes Brot ich eß, des Lied ich sing,
Und da wird dann nicht „Lobe den Herren“, und schon gar nicht den mächtigen König der Ehren, gesungen;
und auch nicht den, der künstlich und fein dich bereitet,
oder der sichtbar dein Leben gesegnet,
oder der aus dem Himmel mit strömender Liebe geregnet. Wenn da denn schon von etwas herunterregnen darf, dann sollen da bestenfalls die Euros fallen.
Und wer das Brot nicht isst, der singt dann auch nicht mehr und verliert im wahrsten Sinne des Wortes die Stimmen.

Es mag genug sein, denn auch die schon zweimal beschworenen Normalverbraucher und offen gesagt, ich bin auch einer davon und Du und Sie wohl auch, haben da ihre kleinen und großen Götter, also Dinge, an denen das Herz hängt.

Du sollst lieben Gott, deinen Herrn……….
Da ist sie nun, die große Frage: Wer ist nun mein Gott, wer oder was bestimmt da die Richtlinien meines Lebens?

Die Frager, die da um Jesus herumstehen, wollen ihn ja eigentlich prüfen, seine religiöse Glaubwürdigkeit auf die Waagschale legen und genau nachsehen, ob er in rechter Weise gläubig ist. Das tun die Rechtgläubigen ja sehr gerne.

Auch dieses Verhalten gibt es hier und heute, liebe Gemeinde, ist nicht ganz sympathisch, hat immer den Geschmack von Besserwisserei und Überheblichkeit. Ich erinnere an das Thema vom letzten Sonntag.
Auch dieses religiöse Verhalten kann ein solcher Götze werden, ein ziemlich übler – manchmal.

Die Antwort Jesu auf die Frage nach seiner höchsten Priorität ist ganz traditionell – so wie es jeder Jude und jede Jüdin von Kindheit an lernt:

»Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften« .
Mit diesem Bekenntnis hat das jüdische Volk alle Zeiten, auch die der Pogrome, der Verfolgung auch die der Vernichtung, überlebt. Mit diesem Bekenntnis auf den Lippen sind viele in die Gaskammern von Auschwitz und Treblinka und anderswo gegangen. Das hat sie gehalten und getragen.
Und wenn die Peiniger noch so schreien, sie sagten laut und klar: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein«.
Und wenn sich andere als Herren aufspielen, sich sogar mit Heil begrüßen lassen, sie hielten diesem Geschrei entgegen: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein«.

Ja, mit diesem Bekenntnis haben die Juden das babylonische Exil und den Holocaust überlebt.
Ist es seit Jesus auch unser Bekenntnis? Wer hat das Sagen im ganz persönlichen Leben der Christen und in dem der Kirche? Er – Gott, der Herr, allein? Oder gibt es da mittlerweile ganz andere Herren – und gelegentlich auch Damen – die die Macht an sich genommen haben und sehr wohl unter Berufung auf ihn aber doch ganz gewiss in eigenem Namen Macht und Herrschaft ausüben?

Dieses erste und größte Gebot, zu dem sich Jesus hier bekennt, beendet oder relativiert zumindest alle Hierarchie. Das gilt auch für die Kirche Jesu Christi. Die Herrschaft des Menschen über den Menschen wird grundsätzlich aufgehoben. Und jede und jeder, der oder die leiten und regieren will, wann und wo auch immer, ist in der Ausübung von Macht gebrochen durch den, der allein mächtig ist. Oder er übt Macht aus auf eigene Rechnung und zu eigenem Nutzen.
Das wäre ja mal ein Maßstab christlicher Politik. Macht um ihrer selbst willen ist indiskutabel.

Das sollen wir nie vergessen, wenn wir uns auf Jesus berufen und auf den Gott, den er seinen Vater nennt und uns erlaubt, es ebenfalls zu tun. Die Sendung Jesus besteht eigentlich in nichts anderem als in der Aufrichtung dieses 1. und höchsten Gebotes und zwar mit ganzen Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit allen Kräften – das will sagen: mit allen Fasern deiner Existenz. Da ist nichts ausgenommen, kein Lebensbereich, keine biographische Strecke, keine Situation, sei sie erfreulich oder bedrohlich, erfolgreich oder von Scheitern gekennzeichnet.

Dessen Brot essen wir, von seiner Güte leben wir, von seiner Vergebung werden wir geheilt und mit seiner Hoffnung im Herzen bohren wir dicke Bretter und von seiner Liebe getrieben wird Feindschaft überwunden, Versöhnung ermöglicht, Vertrauen gefasst und so Zukunft gewonnen.

Das alles ist in diesem einen Satz mit enthalten, der da durch tausende von Jahren der gleiche geblieben ist: »Höre, Israel, oder wir können sagen: Höre, alle Welt, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein«.

Dessen Herrschaft allerdings führt nun wahrlich nicht zur Willkür, zum Despotismus oder zur Diktatur – auch nicht der der Liebe, die gibt es ja auch. Und wenn die Macht der Liebe an die Macht kommt oder anders gesagt: Die Religion die weltliche Herrschaft ergreift, dann kann das grausam werden.

Der Glaube an diesen einen Herrn, den Vater Jesu Christi, aber führt nach dem Bekenntnis Jesus zu nichts anderem als zu einer geschwisterlichen Liebe: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«. Wir könnten – übrigens um einiges genauer aus dem Hebräischen – auch übersetzen: Dann wirst du deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Wer Gott den Herrn zum Vater hat, der sieht in jedem Menschen seinen Bruder und seine Schwester.
Wie kann das geschehen? Ich kann doch nicht jeden Menschen lieben. Und deshalb hat Lukas in seiner Fassung dieses Textes auf die Frage: Wer ist nun mein Nächster, meine Nächste, das bekannte Gleichnis vom barmherzigen Samariter angefügt. Markus kannte das in seiner Textsammlung wohl noch nicht. Macht aber nichts.

Wer Gott zum Herrn hat und ihn Vater nennt, der sieht einen ganz besonderen Auftrag zum Dienst an den unter die Räuber gefallenen. Mögen die Räuber nun die Straßenplünderer sein oder auch die Ehrabschneider, die von Gier getriebenen Kontenabräumer oder andere Figuren, die sich auf Kosten einzelner oder des Gemeinwesens bereichern und Ausgeplünderte, ihrer Menschenwürde beraubte, um ihre Hoffnung Betrogene an den Wegrändern dieser Welt zurücklassen.

Spüren wir? Dieses Wort Jesu ist einerseits ein ganz persönliches Wort mit Aufruf zur Entscheidung von jedem und jeder von uns; und es ist ein politisches Wort, das deutlich macht: Wo Gott der Herr, der Vater Jesu Christi, der Gott der Gnade und der Menschenfreundlichkeit abgesetzt wird, da besteigen die Götzen den Thron. Und die fordern immer auch Menschenopfer in Afghanistan, leider auch in der Heimat Jesu, viel tausendfach in Syrien und immer noch in Afrika und überall, wo Macht in teuflischer Weise mit nackter Gewalt gepaart wird.

Dem gilt es zu widerstehen. Wer A sagt zum Bekenntnis: Höre, alle Welt, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, der kann und darf, ja muss auch B sagen: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst«. Und mehr gibt es nicht zu sagen, das reicht – zumindest für heute.
Amen

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Erstellt am: 04.10.2013 11:19 Uhr