25 Zu der Zeit fing Jesus an und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.
26 Ja, Vater; denn so hat es dir wohlgefallen.
27 Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.
28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Wer ist schon gerne mühselig und beladen, liebe Gemeinde? Wir leben lieber mühelos und unbeschwert. Viele sind gerade deshalb hier auf den Kanaren, verleben schöne Urlaubstage ohne Mühe und die Last des Alltags. Und viele sind sicher auch deshalb als Residenten hier, weil es ein wenig leichter ist
das Lebensgefühl, die Daseinsvorsoge, das Klima oder was auch immer, eben etwas leichter, sonst wären sie nicht hier, weder die Urlauber noch die Residenten.
Und wenn einem die Leichtigkeit, die dann vielleicht doch nicht immer so leicht ist, auf den Wecker geht, dann ist der Flieger nicht weit, und wir sind da, wo wir auch sonst zuhause sind oder waren oder beides.
Ein zumindest zwiespältiges wenn nicht gar anstößiges Wort, das von den Mühseligen und Beladenen.
Nicht weniger das andere, das von den Unmündigen, die auch noch regelrecht selig gepriesen werden. Wer ist schon gerne unmündig. Wir hassen es doch, bevormundet zu werden und manche älteren Zeitgenossen fürchten sich regelrecht davor, für unmündig erklärt zu werden. Und hässlich oder sogar abgrundtief verwerflich beurteilen wir das Verhalten jener, die es darauf anlegen, auch und gerade die alten Eltern für unmündig erklären zu lassen, damit sie endlich das Sagen haben, vor allem über Gut und Geld.
Und nun werden von Jesus insbesondere die Mühseligen und Beladenen eingeladen, und für die Unmündigen wird von ihm der Vater im Himmel gepriesen.
Kommen wir vor in diesem Evangelium heute am Nachmittag? Fühlen wir uns angesprochen als Mühselige und Beladene und soll Gott für uns als die Unmündigen gepriesen werden?
Wer und was ist gemeint?
Im Kontext ökumenischer Arbeit, vor allem wenn es um die gemeinsame Feier des Abendmahls ging, bin ich ebenfalls immer wieder mit diesem Bibelwort konfrontiert worden:
Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Jesus sagt doch: Alle, wie können wir da Unterschiede machen zwischen Konfessionen oder richtig und weniger richtig Gläubigen. Du Ja, Du Nein? Wenn er, Jesus, alle einlädt und nur die Bereitschaft und das Verlangen zählt, entlastet und befreit zu werden, den müde gewordenen Leib samt Seele und Geist erquicken zu lassen, dann kann es nichts anderes mehr geben, was da trennen kann.
Ich glaube, es ist damit etwas Wesentliches angesprochen worden. Ich wurde im Nachdenken darüber an die Begegnung erinnert, die wir als lutherische Pastoren aus Mittelholstein mit den Benediktinern in einem Kloster in der Nähe Hamburgs hatten, in dem wir gerne unsere Einkehrtage abhielten. Natürlich haben wir den Tagesrhythmus von Arbeit und Gebet, wie ihn die Brüder praktizierten, mitgemacht. Gegen Abend die Vesper mit der Feier der Eucharistie. Wir fragten den Abt, wie wir es denn nun halten sollten mit der Teilnahme unsererseits. Seine Antwort war überzeugend wie entwaffnend zugleich. Er sagte: Der Einladende bin nicht ich, sondern unser Herr Jesus Christus. Was Sie mit dieser Einladung machen, müssen Sie mit Ihrem Gewissen entscheiden. Wir haben alle teilgenommen, und niemandem wurde Brot oder Kelch vorenthalten.
Darüber ließen sich nun, liebe Gemeinde, viele theologische und konfessionskundliche Bemerkungen machen, Vorbehalte ins Spiel bringen,
ökumenische Problemstellungen erörtern, Denkschriften, Hirtenbriefe und ähnliches zitieren. Kämen oder kommen wir einen Schritt damit weiter?
In vertrauensvollem, ja vielleicht sogar kindlichem Vollzug des Kultus spielte das plötzlich überhaupt keine Rolle mehr. Wir waren nur noch Brüder, und Schwestern waren auch dabei, Nonnen, die ebenfalls einen Einkehrtag hielten und mit denen wir in der Mittagspause begeistert ein Fußballländerspiel gemeinsam angeschaut hatten.
Wir waren also alle miteinander theologisch gebildet, spirituell bewandert in unseren Konfessionen fest beheimatet.
Aber das alles spielte plötzlich keine Rolle mehr.
Unsere Klugheit und Weisheit hätte der gemeinsamen Feier auf Einladung dessen, der die Mühseligen und Beladenen zu sich ruft, sicherlich keine Chance gegeben. Der vertrauensvolle Umgang mit einander mit nahezu kindlicher Unbefangenheit hatte es möglich gemacht.
Hat Jesus das vielleicht gemeint, wenn er sagt: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart?
Die Dogmatik hätte es verhindert, der einfach praktizierte Kultus machte es möglich. Hat doch einer meiner Lehrer recht gehabt, als er sagte: Erst kommt der Kultus, und dann die Dogmatik!
Ich glaube, liebe Gemeinde, die Unmündigen, die Jesus den Klugen und Weisen gegenüberstellt, die sind nicht die Dummen, die Spinner, die Unbedarften
Nein, ich glaube, es sind die im Vertrauen Mutigen, die von der Hoffnung Beseelten, dass Trennendes verändert werden kann, die ihre Naivität im wahrsten Sinne des Wortes, also ihre Ursprünglichkeit bewahrt haben, die deshalb nicht verbogen sind.
In diesem Sinne will ich mich gerne zu den Unmündigen zählen und sie wollen es vielleicht ja auch.
Jesus hat doch die Menschen im Blick und sein berühmter Heilandsruf gilt ihnen, die nicht zu den Besserwissern in pharisäischem Gewand zählten, die gegen alles, was Jesus sagte und tat, ihre klugen Einwände und Bedenken vortrugen. Er hatte die Menschen im Blick:
Die sich nach umfassendem Heil, nach Shalom mit allen Fasern ihrer Existenz sehnten, die hungerten und dürsteten nach Gerechtigkeit, die den Frieden auf ihre Fahnen geschrieben hatten, die angefeindet wurden, weil sie es wagten, gegen den Strom zu schwimmen und die ihr Vertrauen auf den Gott setzten, der Mensch wurde ganz und gar und der sich nicht einmauern lässt in theologische Gedankengebäude mit festen Wänden aus ausgeklügelten Spitzfindigkeiten.
Ja, und die waren eben auch die Mühseligen und Beladenen, weil sie unter den Umständen noch leiden konnten, die das Leben und den Glauben, den Frieden und die Gerechtigkeit unter Menschen und Völkern so schwer oder gar unmöglich machen.
Ja, die waren die Mühseligen und Beladenen, weil sie sich nicht damit abfinden wollten und konnten, wie es nun einmal war, sondern die ihre Hoffnung auf den Gott setzten, der auf Veränderungen aus ist, ja, der sich selbst veränderte von göttlicher in menschliche Gestalt, um ganz nah bei denen zu sein, die unter Unmenschlichkeit zu leiden hatten.
Ja, die waren die Mühseligen und Beladenen, weil sie die Last der anderen mit trugen und sie nicht in teilnahmsloser Gleichgültigkeit von sich abwarfen.
Und, liebe Gemeinde, in diesem Sinne möchte ich dann auch zu den Mühseligen und Beladenen gehören bei aller Freude auch an der Leichtigkeit des Seins.
Und nun hören wir noch einmal den berühmten Heilandsruf Jesu auf diesem Hintergrund:
28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
30 Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.
Dies Joch zu tragen ist des halb leicht, weil es höchst sinnvoll ist. Denn es ist
das Joch der Solidarität mit den unter Ungerechtigkeit Leidenden, das Joch des Mitfühlens mit den in sich Verschlossenen, das Joch der Verantwortung für eigenes und fremdes Verschulden.
Es ist das Joch Jesu Christi, der uns mit unserer Last trägt, der uns trotz unseres Versagens neue Anfänge schenkt, der uns Zukunft eröffnet, wo wir die Welt mit Brettern vernagelt sehen,
Der hat alle unsere Last auf sich genommen und getragen bis hin an sein Kreuz. Der hat es durch Tod und Hölle hindurch getragen hinein in die Leichtigkeit des österlichen Lebens.
Und immer, liebe Gemeinde, wenn wir seinem Ruf folgen: Kommt her zu mir alle, dann erleben wir ein Stück davon. Dann wird die Last leicht, und die Mühseligen und Beladenen werden entlastet, also wir alle. Gott sei Dank. Das ist ein Grund zum Singen und Musizieren Nicht nur heute aber heute besonders. Lassen wir uns deshalb nun begeistern und erfreuen an Orgel und Klarinette.
Amen
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Erstellt am: 20.05.2014 10:14 Uhr