Zündfunke, 08.08.14

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Schwestern und Brüder!
Brücken haben etwas Faszinierendes an sich: weitgespannte von einem Ufer zum anderen; von einer Talseite zur gegenüberliegenden; gar von Insel zu Insel; oder über eine Schlucht, wie die einstige Brücke von Mostar über den Neretva-Fluss. „Mostar“ heißt übersetzt die „alte Brücke“. 1566 wurde sie anstelle einer alten Römerbrücke gebaut. Mostar liegt in Herzegowina, an der Grenze zu Bosnien. Ein europäisches Kulturdenkmal, die „alte Brücke“. In blindem Fanatismus wurde sie zerstört. Brücken sind leider immer wieder beliebte Opfer, wenn Völker aufeinander einschlagen.
Brücken – das Bild ist schier unerschöpflich: abgebrochene Brücken, aufgekündigte Freundschaften, gestoppter Gedankenaustausch, unterbrochene Begegnung. Welche Adressen habe ich aus meinem Kalender gestrichen? Welche Telefonnummern vergessen? Welche Menschen möchte ich nicht mehr sehen? Abgebrochene Brücken – gibt es wirklich kein zurück? Kein Hinüber, kein Herüber mehr? Sollen abgebrochene Brücken das letzte Wort sein?
Nach der Zerstörung der historischen Brücke von Mostar zählt die neu errichtete Brücke nun schon seit fast 10 Jahren zum UNESCO Welterbe.
Liegt aber nicht auch in jeder abgebrochenen Brücke eine Verheißung, ein Impuls, ein Appell, eine Ermutigung … ? Gestern noch abgebrochene Brücken. Heute gilt es Brücken zu schlagen, stabile Pfeiler zu bauen, für gute Fundamente zu sorgen. Heute gilt es den Austausch zu pflegen, Begegnungen zu ermöglichen, ein überbrückendes, versöhnendes Wort zu riskieren – auch wenn das Ergebnis noch nicht vorauszusehen ist.
Ist das nur eine Utopie angesichts der momentanen Krisenherde in so vielen Ländern unserer Welt?
Diese Brücken führen nie ins Leere. Diese Brücken machen Begegnung, Austausch, Versöhnung und Frieden möglich – im Kleinen wie im großen.

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Erstellt am: 11.08.2014 14:30 Uhr

Zündfunke, 07.08.14

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!
„Wenn du dich einsam fühlst, dann geh’ zu einem, der noch einsamer ist als du!“ – Ein schöner Gedanke.
Gelegentlich geht er mir durch den Kopf, manchmal geht er mir zu Herzen. Da soll es doch tatsächlich Leute eben, die sich ab und zu selbst einen Brief oder eine Karte schreiben, um mal Post zu bekommen, oder um mit dem Briefträger ein kleines Schwätzchen halten zu können.
Und es soll sogar alte Menschen geben, die sich auf einen Platz im Altenheim freuen –
völlig vereinsamte Menschen, die sich nach der Gesellschaft dort und nach Betreuung sehnen.
Irgendwo habe ich gelesen: allein sein ist besser als einsam sein. Diesen Satz zu bedenken lohnt sich sicherlich: Ich z.B. bin gerne allein, vor allem nach anstrengenden Arbeitswochen genieße ich das Alleinsein, ich kann tun und machen, wozu ich Lust habe, und brauche mich mit niemand abzustimmen. Ich genieße vor allen Dingen die Ruhe, die mich in diesen Momenten umgibt. Ich fühle mich weder allein, noch einsam in solchen Stunden, allerdings, das muss ich ehrlicherweise gestehen, kommen solche Momente bei mir äußerst selten vor.
Einsamkeit ist etwas anderes. Einsamkeit ist ein nicht freiwillig gewähltes Alleinsein. Allerdings liegt der Grundstein für die Einsamkeit der Menschen im Alter auch oft in früheren Jahren, wo Menschen es nicht geschafft haben, Kontakte zu ihrer Umwelt aufzubauen. Wenn die Einsamkeit einen Menschen erst einmal überrannt hat, wird es immer schwieriger werden, aus dieser Einsamkeit zu entkommen. Denn einsame Menschen haben die besondere Gabe, andere Menschen von sich zu drängen. Einsame Menschen reden, wenn sie in Gesellschaft sind, sie reden viel und nur von sich, was als Außenstehender betrachtet, sehr wohl verständlich ist, aber andere Menschen eher abschreckt, als hinführt. Es scheint, dass diese Menschen das Feingefühl für zwischenmenschliche Beziehungen verloren haben. Sie werden noch mehr gemieden und erneut in die Isolation gedrängt. Was also tun? Beziehungen pflegen – Beziehungen leben; – dass das in manchen Zeiten nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen ist, weiß ich sehr wohl aus eigener Erfahrung. Aber ich gehe mit dem Bewusstsein durch mein Leben, dass ich Beziehungen brauche – jetzt und später sowieso – und genau diese Beziehungen gilt es zu pflegen.

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Erstellt am: 11.08.2014 14:26 Uhr

Zündfunke, 06.08.14

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer!
„Du Christus, machst mich heil und frei von meiner Schuld, weil du auf die Welt gekommen und dann für mich gestorben bist.“
Ist das so eine Zauberformel, nach dem Motto: Wer heilt, hat Recht Zumindest ist es ein Streitpunkt, wenn Schulmedizin und alternative Heilmethoden miteinander streiten. Das war auch schon vor über 2000 Jahren so, nur dass damals nicht die Krankenkasse die eine Anwendung bezahlte, und die andere eben nicht.
Zur Zeit Jesu herrschte direkter Konkurrenzkampf. Viele versuchten sich als Heiler. Bei Jesus kam zur Heilung eines Menschen oft dann noch die Sündenvergebung hinzu. Die Wunder Jesu allein beweisen nicht eindeutig, dass er Gottes Sohn ist. Mit dem Anspruch aber, Sünden zu vergeben, stellt sich Jesus auf die gleiche Stufe mit Gott, und hebt sich so von den anderen Wunderheilern seiner Zeit ab.
Wir Christen glauben daran, dass Christus aus und mit der Kraft Gottes heilen konnte. Im Glaubensbekenntnis wird davon aber nicht gesprochen. Keine einzige der geheilten Personen taucht dort auf.
Der erste Name nach Gott, nach Jesus und seiner Mutter Maria ist im Credo der des Pontius Pilatus – ausgerechnet also jener unglücklichen Figur, durch die Jesus am „Karfreitag“ in einem nicht ganz einwandfreien Verfahren ans Kreuz geschlagen wurde.
Jesus leidet. Und das tut er nach christlichem Glauben stellvertretend für alle Menschen. Da Leiden, Tod und Auferstehung ihm Recht geben, konnte er heilen, darum konnte er Sünden vergeben; deshalb stimmt seine Verkündigung. Dennoch ist wichtig, dass der Name des Pontius Pilatus genannt wird. Seit er in den Prozess Jesu verwickelt wurde, stellt sich die Frage nach der Verantwortung der Schuld neu. Die Nennung des Namens „Pontius Pilatus“ bindet wie das Glaubensbekenntnis insgesamt, die Geschichte Jesu in die Geschichte der Menschen mit ein, so dass keiner mehr sagen kann, „ich habe ja nur meine Pflicht getan.“
Es bleibt dennoch eine komische Lücke zwischen der Geburt Jesu und seinem Leiden. Sie kann man schließen, indem man das Credo gläubig spricht. Denn da schwingt auch an dieser Stelle der Satz mit. „Du Christus, machst mich heil und frei von meiner Schuld, weil du auf die Welt gekommen und dann für mich gestorben bist“.

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Erstellt am: 11.08.2014 14:23 Uhr

Predigt am 18. Sonntag im Jahreskreis 2014 (03.08.)

Lesung: Jes 55, 1-3 / Evangelium: Mt 14, 13-21
Schwestern und Brüder!
Wundererzählungen in der Bibel haben immer eine Intention, die weit über das hinausgeht, was man vordergründig wahrnimmt; also eine tiefere Bedeutung, die einem aber immer wieder neu erschlossen werden muss. Das gilt so auch für das heutige Evangelium. Denn da kann man zwar auf den ersten Blick sagen, dass die Menschen durch Jesus und die Jünger genügend zu essen bekamen. Sie bekamen also ausreichend Lebensmittel und waren fürs Erste zufrieden. Aber hatten sie dadurch auch schon ausreichend Mittel fürs ganze Leben? Mittel zum Leben im Sinne von Orientierung und Geborgenheit? Das Evangelium berichtet hier ja ausdrücklich, dass Jesus mit denen, die ihm gefolgt waren, Mitleid hatte und dass er viele Kranke heilte. Es ging ihm also gar nicht nur um eine Erstversorgung mit Grundnahrungsmitteln, sondern es ging und geht ihm bis heute immer um den ganzen Menschen, um Mittel für das Leben seiner Seele, um dessen umfassende Hinwendung zu Gott. Wie aber kann die gelingen? Und welche Rolle spielen wir – Sie und ich – dabei? Vielleicht verstehen wir all dies besser, wenn wir das Evangelium mal mit anderen Worten betrachten und uns so seinem inneren Aussagekern leichter nähern.
Hätte das heutige Evangelium nicht auch folgenden Wortlaut haben können: Es war einmal vor fast 2000 Jahren. In einer sonst recht einsamen Gegend an einem See, lagerten eines Abends knapp 5000 Menschen und hörten einem Mann zu, der sie nun schon geraume Zeit in seinen Bann gezogen hatte. Sie lauschten seinen Worten und freuten sich an der Gemeinschaft mit ihm und den anderen, die hier versammelt waren. Drei der engsten Freunde dieses Wanderpredigers aber, die man auch Jünger nannte, standen etwas abseits der Menge. Wütend und auch ein wenig deprimiert sagte einer von ihnen: „Jetzt scheint er wohl ganz übergeschnappt zu sein. Wenn wir die Leute nicht nach Hause schicken, werden sie die ganze Nacht hindurch Hunger leiden. Vor allem die Kinder brauchen doch etwas Nahrhaftes zwischen die Zähne. Also ich versteh‘ ihn einfach nicht. Wie kann er denn so seelenruhig dastehen und sagen: ‚Gebt ihr ihnen zu essen!’ Ja, hat er sie noch alle? Ich glaub’ ich pack‘ jetzt mein Bündel und verzieh‘ mich, bevor er noch ganz den Verstand verliert.“
„Ich versteh’ ihn ja auch nicht!“, sagte der Zweite. „Er muss doch wissen, dass wir das nicht können, was er da verlangt. Wir haben doch nur fünf Brote. Wie sollen wir denn mit denen auch nur annähernd was ausrichten können? Das ist doch wahnsinnig. Er lässt uns sprichwörtlich dastehen wie den Ochsen vor der Türe und verlangt Dinge, die man – logischerweise – weder zu Ende denken, geschweige denn „tun“ kann. Und was macht er? Wieder mal ganz typisch: Sitzt da und rührt keinen Finger. Genau so hab ich mir das eben nicht vorgestellt, als ich damals wegen ihm alles aufgegeben und mit ihm losgezogen bin. Mein Gott, was hat er uns alles versprochen. In eine neue Zeit wollte er uns führen – und jetzt? Jetzt steh ich blöd da, weil er Dinge von mir verlangt, die ich unmöglich erfüllen kann. Noch nie – aber auch noch gar nie – hat mich jemand dermaßen gefordert und ohne mit der Wimper zu zucken Dinge verlangt, die ich einfach nicht für machbar halte. Ich weiß echt nicht mehr, was ich tun soll; ob ich so überhaupt bei ihm bleiben kann.“
So oder ähnlich meine ich, hätten die Jünger damals am See eben auch reagieren können. Wäre das so abwegig gewesen? Schließlich standen sie mit ihren fünf Broten vor einer riesigen Menge hungriger Menschen – und ich könnte mir denken, dass es einem da schon mulmig werden kann. Und wer ein mulmiges Gefühl in der Magengegend bekommt, das wissen wir aus eigener Erfahrung, den beschleichen Zweifel; da kommen Unsicherheiten auf, ob man die Situation, vor die man sich gestellt sieht, tatsächlich auch meistern kann. Vielleicht kann ich mir das ja auch deshalb gut vorstellen, weil ich mich mitunter ähnlich fühle. Da kommt es mir dann nämlich auch so vor, als würde Jesus zu mir sagen: „Mach mal mit Deinen 5 Broten tausende von Leuten satt“ – und ich weiß nicht, wie!
Und wie geht es Ihnen mit dieser Aussage? Wie geht es Ihnen mit so mancher Forderung Jesu? Wenn er z.B. sagt: „Liebt diesen Gott, und zwar mehr als alles in der Welt, mehr als eure Kinder, ja mehr sogar als euer eigenes Leben!“ Fragen Sie sich dann nicht auch: Kann ich das? Und sind sie sicher, dass Sie das packen? Oder wenn er sagt: „Ihr müsst gut sein zu den Menschen – und zwar zu allen. Ihr sollt sogar eure Feinde lieben!“ Können Sie da wirklich mit ganzem Herzen sagen: Ok, das schaff ich? Oder ist es nicht oft so, dass wir ab und an nicht mal mit der eigenen Verwandtschaft klarkommen und somit sagen müssten: Nein, lieber Jesus, das mag zwar deine Sicht der Dinge sein, aber da kann ich nicht mit! Das ist für mich zu viel des Guten!
Und wenn er Ihnen und mir sagt, dass wir so leben sollen, dass andere durch uns zum Glauben an ihn kommen, dann weiß ich nicht, wie es ihnen damit geht; aber ich fühle mich damit oft restlos überfordert. Das ist für mich oft, wie wenn ich mit zwei oder drei Broten hunderte von Mäulern stopfen müsste – also eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Spüren Sie – spüren wir, wie es uns durchaus so gehen kann wie den Jüngern, von denen ich Ihnen – anders als im Evangelium – erzählt habe? Ja, wenn ich – wenn wir – damals am See mit dabei gewesen wären, vielleicht hätte auch das ein oder andere von uns ganz schnell sein Bündel gepackt und wer weggegangen nach dem Motto: „Was du da verlangst, das kann ich nicht!“
Zum Glück gab es damals am See aber auch noch andere Jünger, als die beiden, von denen bislang die Rede war. Deshalb hat sich ja zu den zweien noch ein Dritter gesellt, der ihre Befindlichkeit gesehen und wahrgenommen hat; der gespürt hat: Die zwei sind so verzweifelt, die wollen nicht mal anfangen, was zu tun. Und er hat ihnen dann zugeredet. Hat gesagt: „Ihr habt ja vollkommen recht! Das schaffen wir nicht. Mit unseren fünf Broten können wir niemals 5000 Leute satt machen. Aber wer sagt uns denn, dass uns Jesus nicht hilft, dass er wirklich nichts tut! Auch wenn es momentan so aussieht, auch wenn er den Eindruck erweckt, als würde er nur dasitzen und Däumchen drehen, als würde er nur erwarten, dass wir alles allein hinbekommen – wer sagt uns denn, dass das wirklich so ist? Vielleicht wartet er ja nur darauf, dass wir den Anfang machen; dass wir mit dem, was wir haben in Gottes Namen mal anfangen. Natürlich schaffen wir es nicht; natürlich reichen 5 Brote nicht aus. Aber hindert uns das, wenigstens mit diesen 5 Broten mal anzufangen? Was verlieren wir denn, wenn wir mit dem, was wir besitzen, einfach mal anfangen?“
Genau das ist das Kernanliegen dieser Wundererzählung. Tun wir das, was wir können. Mehr können wir nicht tun, aber weniger – weniger als das, sollten wir eben auch nicht tun. Denn genau dieses Wenige, das kann mitunter schon recht viel sein. „Gebt ihr ihnen zu essen!“ das meint ja nicht nur damals und auch nicht nur heutzutage das Teilen des Brotes oder die Fürsorge für die Hungernden in der Welt. ‚Gebt ihr ihnen zu essen’ kann doch auch heißen: Die Zeit mit einem Menschen zu teilen, der mich ganz dringend braucht, z.B. zu einem Gespräch, zur Pflege, weil er krank oder behindert ist; das Aushalten bei einem Schwerkranken um seine Situation erträglicher zu machen. ‚Gebt ihr Ihnen zu essen’ kann heißen: Die Heimat mit denen zu teilen, die keine mehr haben, weil sie vertrieben wurden oder Angst um Leib und Leben haben. ‚Gebt ihr ihnen zu essen’ kann auch heißen: Ängste von Völkern oder Nationen wahrnehmen und diese nicht mit Sanktionen oder Granaten zu begegnen, sondern immer und immer wieder das Gespräch miteinander zu suchen. ‚Gebt ihr ihnen zu essen, das kann für manche Landstriche eben auch heißen, Arbeit und Überstunden mit denen zu teilen, die Arbeit suchen und auf der Strasse stehen; nicht wissend, wie es weitergehen soll. Hoffnung, Zuversicht – so heißt der Hunger vieler Menschen heutzutage. Deshalb sollten wir genau dies aus der Kraft unseres Glaubens heraus mit den Menschen teilen: am Arbeitsplatz wie auch am Urlaubsort. Ja, den Glauben selbst kann man teilen, weil er kein steifes Ritual ist, sondern unser Leben.
Machen wir es wie die Jünger damals, dass wir nicht nur Nahrungsmittel verteilen, sondern Mittel zum Leben reichen, indem wir ein Gespür entwickeln wie Jesus, der jegliche fremde Not wahrgenommen hat und niemals achtlos an einem Bedürftigen vorüberging.
‚Gebt ihr ihnen zu essen’; ja geben wir den Menschen, was sie zum Leben brauchen! Und wenn wir wirklich alles getan haben, was wir tun konnten, dann werden wir auch spüren und entdecken, dass ER seinen Teil dazu beiträgt und dass wir so wirklich das Angesicht der Erde verändern, weil Menschen satt sind – nicht anhand leerer Versprechungen, nicht allein durch Lebensmittel, sondern durch ein Leben im Miteinander und Füreinander – oder anders gesagt: durch ein Leben in Fülle. Amen.

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Erstellt am: 11.08.2014 14:18 Uhr

Predigt am 03.08.2014 von Pfarrer Helmut Müller

Prediger 3,1-14 – 6. So. nach Trinitatis 
Wir wollen heute auf Bibelworte hören, die vor 33 Jahren bei meinem Abschied in Neidlingen
im Mittelpunkt der Predigt standen. Es sind Bibelworte, die angesichts der Vergänglichkeit nach dem Bleibenden fragen. Wir hören aus dem 3. Kapitel des Predigerbuchs die Verse 1-14:
Alles hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:
Geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit.
Zerstören und heilen
abbrechen und bauen.
Weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit.
Klagen und tanzen;
wegwerfen und sammeln;
umarmen und getrennt sein;
suchen und verlieren;
behalten hat seine Zeit, loslassen hat seine Zeit.
Schweigen und reden;
Lieben und hassen;
Streit und Frieden.
Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.
Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen.

Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt;
nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.

Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und Gutes tun in seinem Leben.
Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.
Ich merkte, dass alles, was Gott tut, das besteht für ewig;
man kann nichts dazutun noch wegtun.

(Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Weg. Amen)

Liebe Gemeinde
Nach über 3 Jahrzehnten wieder hier auf der Kanzel zu stehen, da kommen mir vertraute Erinnerungen. Es wird mir da verstärkt bewusst,dass „alles seine Zeit hat“.

Auf vielfältige Weise weist der Prediger in den gehörten Bibelworten darauf hin.
Wir werden da eingeladen, uns mit der Vergänglichkeit auseinander zu setzen, sie wahrzunehmen, um daraus zu lernen.
Mit der Aussage, dass alles seine Zeit hat, beginnt der gehörte Bibelabschnitt:
Alles hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde.
Das gilt von unseren Lebensabschitten ebenso wie vom Anfang und Ende unseres Lebens.
Im Predigerbuch heißt es:
Geboren werden hat seine Zeit; sterben hat seine Zeit.
Was von den Eckpunkten unseres Lebens gilt, das gilt innerhalb von Geburt und Tod auf vielfältige
Weise:
auf der biologischen Ebene: pflanzen und ernten
auf der psychischen Ebene: lachen und weinen; lieben und hassen
auf der sozialen Ebene: umarmen und sich trennen.

Zur Bewegung des Lebens gehört immer beides, das Werden und das Vergehen.
Wenn wir dieses Werden und Vergehen bewusst wahrnehmen und annehmen, bekommen wir eine neue Aufmerksamkeit für das jetzt.
Goethe hat dies so ausgedrückt.
„Und solang du dies noch nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast
auf der dunklen Erde“
Die Vergänglichkeit, die wir im November in besonderer Weise empfinden, wenn die Blätter von den Bäumen fallen, braucht uns nicht Angst machen, sondern kann uns helfen, die Kostbarkeit des Lebens im hier und jetzt wahrzunehmen.
Angesichts der Vergänglichkeit wird zwar vieles fraglich. Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon – so lesen wir im heutigen Text.
Manche Aussleger folgern daraus ,dass das Predigerbuch ein Buch für Skeptiker sei, das der Resignation und dem Nihilismaus das Wort rede. Wörtlich übersetzt handelt es sich bei der Aussage um eine Frage und zwar um die Frage: Welchen Gewinn hat man davon, dass man sich abmüht? Der Prediger stellt die Frage nach dem Sinn unseres Tuns.
Die Vergänglichkeit mag zwar vieles relativieren, was uns in den einzelnen Lebensphasen wichtig erscheint – wie Besitz, Macht und Ansehen.. Aber diese Relativierung muss nicht zur Resignation führen, sondern sie fordert uns auf, aufzuwachen und rechtzeitig nach dem Ausschau zu halten, was unserem Leben Sinn verleiht.
Nach dem Gemeindepfarramt (hier) in Neidlingen war ich 17 Jahre als Klinikpfarrer in Isny tätig.
In diesen Jahren der Begeitung von schwerkranken und behinderten Menschen stellte sich verstärkt die Frage, was dem Leben Sinn gibt. Von den Menschen selber, durch die Art, wie sie mit ihrer Behinderung umgegangen sind und ihr Sterben angenommen haben, habe ich viel gelernt.
Dass wir von anderen Menschen lernen können, hat Meister Eckhart, ein Mystiker aus dem 13 Jahrhundert, in den kurzen Satz gefasst:
„Jeder Mensch ist ein Buch und Gottes voll“.
Ich möchte dies an einem Beispiel verdeutlichen:
Ich begleitete im Pflegeheim einen spastisch gelähmten Mann. In seinen letzten Monaten konnte er sich nicht mehr bewegen und zuletzt auch kaum mehr sprechen. Und trotzdem ging von ihm viel Güte und Freude aus.
(Vor kurzem war ja Allerheiligen. Heilige sind nicht bloß Personen, die äußerlich Großes geleistet haben, sondern sie leben oft mitten uns uns und werden kaum wahrgenommen.)
Wir haben öfters – um auf den spastisch Gelähmten zurückzukommen -miteinander über einen Spruch gesprochen, der über seinem Nachttisch hing und in dem der christliche Glaube und seine heilende Wirkung in einfachen Worten zum Ausdruck kommen.:
„Wo Glaube, da Liebe. Wo Liebe, da Friede. Wo Friede, da Segen. Wo Segen, da Gott.
Wo Gott, keine Not.“
Der Glaube an Gott hilft uns, auch das Schwere im Leben anzunehmen, und trotzdem ja zum Leben zu sagen!
In der Mitte unseres Textes werden wir auf Gott verwiesen, der alles schön gemacht hat zu seiner Zeit und von dem der Prediger sagt, dass er inwendig erfahrbar ist, auch wenn wir seine Wege oft nicht verstehen:
Auch hat er die Ewigkeit in das Herz des Menschen gelegt, nur dass der Mensch nicht ergründen kann, das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.
Ja, wir wissen nicht, warum ein Leben so und nicht anders verläuft, warum manche Menschen viel, andere scheinbar weniger, zu tragen haben.
Aber wir können in allen Lebenslagen Gott vertrauen, der uns mit seiner Liebe hält und an die wir uns halten können. In der Liebe, die in Jesus Christus aufscheint, haben wir teil an Gottes Nähe, von der uns nichts zu trennen vermag weder das Schwere im Leben noch der Tod – wie Paulus in
Römer 8 schreibt.
In der Mystik, die mir im Laufe der Jahre immer wichtiger geworden ist, wird unser Innerstes, unsere Seele, mit einem Brunnen verglichen, der vielfach verschüttet ist und den es freizulegen gilt, um das zu finden, was der Prediger mit Ewigkeit bezeichnet.
Es ist die Liebe, die Gott in uns gelegt hat und die es Laufe unseres Lebens zu entfalten gilt – in Güte und Achtsamkeit gegenüber jedermann.
Im Lichte dieser Liebe, die als Vergebung erfahren werden kann, lernen wir uns mit der Vergangenheit auszusöhnen, auch mit dem, was in früheneren Jahren unzulänglich und bruchstückhaft geblieben ist.
Wenn ich an meine Angangszeit als Gemeindepfarrer denke, dann werde mir meine Defizite und meine fehlende seelorgerliche Erfahrung bewusst.
Alles hat seine Zeit – auch was unser Reiferwerden betrifft.
Aber auch hier gilt: Wir können das Bruchstückhafte der Vergangenheit getrost in Gottes liebende Hände legen, der aus den Bruchstücken unseres Lebens dennoch etwas Ganzes zu machen vermag.
Wenn wir uns mit der Vergangenheit aussöhnen, dann wird unser Blickfeld weiter und wir werden gewahr, dass Gott alles schön gemacht hat zu seiner Zeit.
Der Blick auf Gott hilft uns, die Belastungen der Vergangenheit und die Sorgen um die Zukunft loszulassen. Auf diese Weise lernen wir ganz im hier und jetzt zu leben und dain Gott zu entdecken.
Der Barokdichter Andreas Gryphius hat dies so ausgedrückt.:
„Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen.
Mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen.
Der Augenblick ist mein, und nehm ich den in acht,
so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.“

Ja, liebe Gemeinde,
Gott ist ein Gott der Gegenwart, der uns im hier und jetzt begegnet.
Nehm ich den „Augenblick in acht, so ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.“

Mitten im Alltag kann Gott von uns erfahren werden, wenn wir uns frei machen von allem, was uns besetzt und angst macht, sei es im Blick auf die Vergangenheit, sei es im Blick auf die Zukunft.
Im Ja sagen zum Leben, wie es ist, findet der Prediger die Antwort, nach der er suchte:
Da merkte ich, da ging mir auf, dass es nichts Besseres gibt, als fröhlich sein und Gutes tun in seinem Leben. Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.
Sich freuen am Leben und Gutes tun – das ist die Antwort des Predigers auf die Herausforderung der Vergänglichkeit.
Und so ist es auch:
Liebe und menschliche Zuwendung erfüllen unser Leben mit Freude und Sinn.
Wo wir nicht nur an uns denken, sondern auch an das Wohl der anderen, da wird unser Leben reicher. Liebe,sei es ein freundliches Wort oder eine nette Geste kann mehr bewirken als wir oft meinen. Ich denke, es ist kein Zufall, dass der Kern des christlichen Glaubens Liebe ist.
Was bleibt, das stiften die Liebenden.
Ich habe am Schluss meiner Abschiedspredigt vom 3. August 1980 eine Gedichtstrophe eines Dekans zitiert, die auch heute nach 33 Jahren nichts von ihrer Gültigeit verloren hat.
„Es ist nötig, dass du etwas lernst:
Vor allem nimm dich nicht zu ernst.
Du bist auch gar nicht unersetzlich.
Bist du mal tot, so ist´s zwar schmerzlich,
die Weisheit stirbt darob nicht aus,
und andere bauen Gottes Haus.
Doch denk von dir auch nicht zu schlecht,
du bist des ewigen Herren Knecht.
Er hat dir anvertraut dein Pfund,
zur Freude hast du allen Grund.“
Gott selbst schenke uns in Jesus Christus, dass wir die Gaben, die Gott uns gegeben hat, wahrnehmen und einander weitergeben. Es ist Liebe, die unser Leben mit Freude erfüllt wie es im Predigerbuch heißt:
Da merkte ich, dass es nichts besseres dabei gibt, als sich zu freuen und Gutes tun in seinem leben. Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinen Mühen – das ist eine Gabe Gottes! Amen

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Erstellt am: 05.08.2014 20:13 Uhr

Teneriffa spielt die „Hauptrolle“ in einem neuen Roman

Pressemitteilung C. F. Portmann Verlag
Jeremias will Carina vergessen, die Frau, die ihn enttäuscht hat. Ausgerechnet auf Teneriffa, mitten in seinem Urlaub,entdeckt er sie in einer Gruppe Touristen und die Wunden brechen wieder auf. Jeremias freundet sich unter falscher Identität mit ihrer Schwägerin Laura an und horcht diese aus, während sie gemeinsam die Insel erkunden.
Allmählich entwickelt er einen perfiden Plan und die Jagd auf Carina beginnt …
Er dringt immer tiefer in Carinas Leben ein, besessen davon, sich an ihr zu rächen. Dank allerlei technischer Hilfsmittel gelingt es ihm dabei, falsche Fährten zu legen und unerkannt zu bleiben. Sein Opfer wähnt sich von einer Person bedroht, die sie nicht zu kennen glaubt, was die Ermittlungen erschwert. Denn gegen wen sollte die Polizei vorgehen und aus welchem Grund? Carina wird psychisch immer mehr isoliert, sie kann sich nicht gegen Ihren Peiniger wehren …
Ein spannender, vielschichtiger Roman zu Themen wie Stalking, Internetbetrug und Auswandern.
Sabine Ibing veröffentlichte 1999 ihren ersten Roman Ch@t-love unter ihrem alten Namen Sabine Rieger, der während ihres vierjährigen Aufenthalts auf Teneriffa entstand. Von dort verschlug es die Hannoveranerin in die Nähe von Frankfurt. Die Sozialpädagogin wohnt heute in der Schweiz.
Weitere Informationen zur Autorin auch unter:
www.sabine-ibing.ch

Neuerscheinung 2014
Sabine Ibing
Zenissimos Jagd
Broschur, 392 Seiten
ISBN: 978-3-906014-19-7
CHF 22.00 € 17.80
Tel: +41 (0)43 534 81 74
Fax: +41 (0)43 535 64 13
Mail: info@cfportmann.ch

Infos unter: www.sabine-ibing.ch

Erstellt am: 28.07.2014 17:43 Uhr

Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis 2014 (27.07.)

L I: 1 Kön 3, 5.7-12 / Ev.: Mt 13, 44-46 (Kf)
Schwestern und Brüder!
Träumen Sie ab und an? Ich meine jetzt nicht von wunderschönen Urlaubs-tagen; die erleben Sie derzeit hoffentlich. Nein, ich denke eher an solche Träume, die – wenn sie dann in Erfüllung gehen – das ganze Leben umkrempeln. Das kennen Sie nicht? Glaub ich Ihnen nicht! Hand aufs Herz: Wer von uns hat denn noch nie von der guten Fee geträumt, welche die sehnlichsten Träume und Wünsche von uns Menschen in Erfüllung gehen lässt? Ach so, Sie glauben nicht an Märchen! Dann kann ich ihnen ja ganz beruhigt die nachfolgende Kalendergeschichte erzählen:
Hans und Liese sind ein junges Ehepaar und sie sitzen im Urlaub eines Abends gemütlich bei einem Glas Wein zusammen. Da kommt eine wunder-schöne Fee zu ihnen auf die Terrasse. Sie sagt: „Ich bin eure Freundin, die wunderschöne Meeresfee. Ich wohne auf dem Grund des Meeres und habe viele Helferlein. Drei Wünsche habt ihr frei, drei Wünsche, die euch beiden erfüllt werden sollen.“ Dann erhebt sie noch warnend den Zeigefinger und fährt fort: „Bis zu eurer Abreise in einer Woche habt ihr Zeit, die Wünsche zu äußern. Bedenkt also alles in Ruhe und vor allem: Sagt nichts Unüberlegtes.“
Ich möchte an der Stelle die Geschichte mal kurz unterbrechen und Sie fragen: Wenn Sie in diesen Tagen auf der Terrasse ihres Hotels oder ihrer Appartementanlage eine solche Begegnung hätten, was würden Sie sich denn wünschen? Dass Sie ewig hier Ferien und Urlaub machen können? Dass Sie immer genügend Geld zur Verfügung haben, um den Rest ihres Lebens so richtig zwanglos genießen zu können? Oder würden Sie sich eher wünschen, dass Sie gesund bleiben oder vielleicht sogar von einer Krankheit geheilt werden? Dass ihre Partnerschaft oder Ehe intakt bleibt? Dass ihre Kinder oder Enkel einer sorgenfreien Zukunft entgegen gehen? Dass Ihr Arbeitsplatz sicher bleibt oder Sie die neue Stelle, die Sie sich so sehnlichst wünschen, tatsächlich bekommen? Dass Sie es endlich schaffen, sich mit allem anzunehmen so wie Sie sind, auch mit Ihren Schattenseiten? Dass Sie in Würde und geistiger Klarheit alt werden dürfen?
Ich bin davon überzeugt, dass sich unsere Wünsche im Laufe des Lebens ändern. Als Kind, da werden Sie mir zustimmen, hat man ganz andere Wünsche wie als Jugendlicher oder Erwachsener. Wahrscheinlich ist ein solcher Wunsch auch ganz stark davon abhängig, in welcher Lebenssituation man sich momentan befindet; ob ich eher arm oder vermögend, gesund oder krank, einsam oder frisch verliebt bin. Sicherlich ist mein Wunschdenken auch davon abhängig, wie mein persönliches, familiäres oder auch berufliches Umfeld derzeit aussieht und was mich da in freudige oder vielleicht auch eher nachdenkliche Stimmung versetzt. In jedem Fall, so möchte ich mal behaupten, stecken in mir – in Ihnen – Wünsche, die sich bislang nicht erfüllt haben. Und darunter gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit auch welche, die rein kommerzieller Natur sind; Dinge und Erlebnisse also, die wir einfach nur konsumieren möchten.
Auf nicht wenige dieser Wünsche trifft wahrscheinlich zu, was Ludger Edelkötter in einem seiner geistigen Lieder beschreibt. Da heißt es u.a.: „Ich habe tausend Wünsche, tausend und noch viel mehr. Und sind die Wünsche dann erfüllt, so bleibt mein Herz doch leer.“ Sicherlich: Neben vielen gut überlegten Wünschen, gibt es doch auch eine Vielzahl von Wünschen in uns, die genauer betrachtet, ziemlich töricht sind. Da tut es gut, wenn man im Nachhinein dann ab und an sagen kann: Wie gut, dass sich dieser oder jener so heiß ersehnte Wunsch niemals erfüllt hat! Sonst hätte es mir ja viel-leicht am Schluss genau so ergehen können, wie Hans und Liese aus der
eingangs erzählte Kalendergeschichte.
Als die nämlich an einem der folgenden Abende wieder auf der Terrasse
sitzen und so ganz gemütlich und genüsslich ihr Gläschen Wein zu sich nehmen, da sagt die Liese so ganz unbedacht: „Ach wäre das schön, wenn wir jetzt ein bisschen Knabberzeug zur Hand hätten; Erdnüsse oder auch Flips, Chips und Oliven.“ Und siehe da, kaum dass die beiden sich recht um-schauen, ist der ganze Tisch voll mit all den gewünschten Knabbereien. Der erste Wunsch ist damit vertan. Darüber wird der Hans so unsagbar wütend, dass er seiner lieben Liese all dieses Zeug an den Hals wünscht. „Du bist doch selten doof. Wenn dir nur zur Strafe all das ein für alle mal zu den Ohren und der Nase rauswachsen würde.“ Was natürlich gleichfalls prompt geschieht. Und so bleibt den beiden nichts anderes übrig, als den dritten Wunsch darauf zu verwenden, die arme Liese wieder von dem schrecklichen Knabberzeug zu befreien.
Auf sehr humorvolle Weise veranschaulicht diese Geschichte, dass richtiges Wünschen gar nicht so leicht ist und dass wir manchmal froh sein können, wenn so mancher unserer Wünsche von keiner guten Fee erfüllt wird. Weil die Wünsche aber wie unsere Träume zu uns gehören, deshalb ist es wichtig, dass wir das richtige Wünschen lernen bzw. darauf achten, was denn die Prioritäten in unserem Leben sind. Und dazu gibt uns nicht nur das Evangelium eine Anregung, sondern auch die heutige alttestamentliche Lesung aus dem Buch der Könige.
Es ist eine Traumgeschichte, die uns da von Salomo erzählt wird. Und das ist bedeutsam, denn in unseren Träumen – darin bestärken uns auch die Erkenntnisse der Tiefenpsychologie – kommen unsere tieferen Wünsche zum Vorschein. Wünsche, die wir längst vergessen oder begraben haben, die aber für das Gelingen unseres Lebens von großer Wichtigkeit sind. Im Schlaf steigen sie quasi aus dem Unterbewussten herauf und kommen dann in unseren Träumen ans Licht. Sehr häufig verwandeln sich dann die so ins Bewusstsein getretenen Wünsche in Bilder, die es erforderlich machen, dass man die Sprache der Träume spricht oder sagen wir besser die Deutung kennt, mit der man sie dann entschlüsseln kann.
Schauen wir also noch mal auf die Lesung. Da erscheint Gott dem Salomo eines Nacht im Traum und fordert ihn auf: „Sprich eine Bitte aus, die ich dir gewähren soll.“ Was für eine Chance! Wahrscheinlich wären wir allesamt nie auf die Idee gekommen, das zu erbitten, was Salomo da am Anfang seiner Karriere Gott vorlegt: Er wünscht sich ein hörendes Herz. Wie bitte? Ich meine, dass unsere Ohren den ganzen Tag lang genug zu hören bekommen, so dass wir auch manches überhören können und könnten, das ist das eine. Aber unser Herz? Da sind wir doch schon zufrieden, wenn es taktvoll schlägt, nicht stolpert und auch sonst keine Schwierigkeiten macht.
Aber dieses „gib mir ein hörendes Herz“ bedeutet wohl eher, offen für die Menschen und das Leben zu sein. Ein hörendes Herz wird nicht immer gleich reagieren. Es wird sich geduldig Zeit lassen, zu wägen und zu gewichten. Ein amerikanischer Evolutionsforscher hat diesbezüglich etwas ganz wichtiges aufgezeigt; denn er sagt: Entwicklung, gerade die Entwicklung von uns Menschen, ist keinesfalls nur Fortschritt. Auch der Rückschritt gehört dazu, denn auch im Scheitern steckt eben so viel Kraft wie im Erfolg. Das wird leider oft genug übersehen. Ein hörendes Herz aber verhilft uns zu genau dieser Einsicht: Wie der Erfolg unseren Lebensweg bestätigt, so hilft uns auch das Scheitern, unseren Weg zu verändern. Was wäre denn letztlich für unsere Entwicklung und Reife gewonnen, wenn alle unsere Wünsche in Erfüllung gingen? Wir würden uns nie verändern, wenn wir immer nur Erfolg hätten.
Oder vergleichen wir unser Leben mal mit einer Bergtour: Da kann man von einem Gipfel zum anderen stürmen, ohne wirklich oben angekommen zu sein. Man kann Höhenmeter um Höhenmeter einsammeln, ohne etwas mit nach Hause zu nehmen. Man kann andererseits aber auch mit einem klopfenden und hörenden Herzen unterwegs sein; einem Herzen, das bewusst auf den Weg schaut und auf alles, was an seinen Rändern ist. Dann entsteht Freude am Unterwegssein; die Bergtour missrät nicht zum Kampf und wird so zum grandiosen Erlebnis, weil rechts und links große und kleine Wunder zu sehen sind.
Und noch etwas: in unseren Träumen bekommen wir es nicht nur mit uns selbst und unseren verborgensten Wünschen zu tun, sondern auch mit Gott. Immer wieder bedient sich Gott nämlich selbst der Träume, um uns Menschen eine Botschaft zu vermitteln. Salomo hat das verstanden und er hat gespürt, was Gott sich sehnlichst von ihm wünscht – nämlich ein Mensch mit einem hörenden Herzen zu sein. Wem andere Menschen anvertraut sind, der braucht dieses hörende Herz; d.h. die Gabe, andere zu verstehen, ihnen mit viel Einfühlungsvermögen und Empathie zu begegnen. Und ein solcher König ist denn auch Salomo für sein Volk geworden – vielleicht oder gerade deshalb, weil sein Wunsch sich deckungsgleich zeigte mit dem Wunsch Gottes. Nicht umsonst ist die salomonische Weisheit sprichwörtlich geblieben bis in unsere Tage.
Ein hörendes Herz, das möchte ich auch mir wünschen. Nicht um so weise zu werden wie Salomo; das wäre vermessen. Aber ich möchte gerne unter den vielen Wünschen, die da in mir sind, den heraushören, der von Gott kommt. Dann glaube ich, kann ich auch in meinem Leben die richtigen und notwendigen Prioritäten setzen, die Jesus mit den beiden Gleichnissen vom Schatz im Acker und der Perle deutlich machen wollte. Und dann geht mit großer Wahrscheinlichkeit in Erfüllung, nicht nur was ich mir erträume, sondern auch was Gott sich von mir erträumt. Amen.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:27 Uhr

Zündfunke, 27.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen Sonntagmorgen, liebe Schwestern und Brüder!
Der Rottenburger Dom ist wohl eine der kleinsten Kathedralkirchen Deutschlands. Sehr schlicht gehalten und trotzdem gibt es dort ein Bild, bei dem ich schon oft Trost gefunden habe. Trost, wenn ich mal wieder mit meinen Fragen oder auch Klagen an Grenzen komme. Es ist ein Fensterbild und heißt „Gnadenstuhl“. Mir ist dieses Bild von Kindheit an vertraut und wer mal in den Rottenburger Dom kommt, der findet es ein wenig versteckt über der Orgel.
In diesem Fensterbild sieht man in einer Rosette Gott Vater und Jesus ganz nah beieinander, genauer gesagt, man sieht sie hintereinander. Gott ist im Bildhintergrund und Jesus davor am Kreuz. Dabei sitzt Gott hinter dem Gekreuzigten und hält ihn. Hält mit seinen ausgestreckten Armen die Querbalken des Kreuzes und trägt Jesus damit gewissermaßen auf seinem Schoß. Dieses Bild bringt zum Ausdruck: Selbst in den schrecklichsten Stunden des Schmerzes, selbst in der tiefsten menschlichen Verlassenheit, ist Jesus nicht allein, sondern Gott hält und trägt ihn, auch wenn Jesus ihm am Kreuz entgegenschreit: „Warum hast du mich verlassen?“ Er ist bei ihm, auch wenn Jesus es nicht wahrnimmt oder nicht wahrnehmen kann.
Dieses Gottesbild ist sehr tröstlich für mich. Es sagt mir, der Mensch – ich – bin nicht allein gelassen, niemals. Auch wenn Gott fern zu sein scheint, wie die entfernteste Galaxie, er ist da und trägt mich. Er ist bei den Menschen, die vor Schmerzen schreien. Er ist bei den Menschen, deren Seele sich in schwärzester Nacht befindet und er ist bei den Menschen, die zu Hunderttausenden in Naturkatastrophen dahingerafft werden. Dieser Gnadenstuhl ist ein Trost für mich, weil er wider alle Logik, wider alle schlechten Erfahrungen mit einem so irrsinnigen wie gleichzeitig wunderbaren Vertrauen sagt: Du fällst nicht ins Bodenlose, du bist gehalten, du bist geboren, was auch passiert. Weil der Gnadenstuhl sagt, ich, dein Gott, bin dein Vater, deine Mutter, dein Urgrund und dein Ziel. Das nennt man auch Gnade, dieses Sich-fallen-lassen und Ruhen im göttlichen Erbarmen. Ein mit dem Verstand sicherlich nicht zu begreifendes Geschenk.
Ich weiß, es gibt genügend Situationen im Leben, wo man es nicht glauben kann oder auch nicht glauben will, dass Gott einen trägt. Wo einem diese Vorstellung wie ein Selbstbetrug vorkommen kann, halt aus Not und Verzweiflung geboren. Und selbst wenn! Könnte nicht allein diese wunderbare Vorstellung aus Menschengeist schon ein Hinweis sein? Ein Hinweis auf einen Gott, dem alles möglich ist. Und damit eben auch: Da sein, wenn er nicht da zu sein scheint.
Einen schönen Sonntag wünsch ich Ihnen.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:23 Uhr

Zündfunke, 26.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Veränderungen, liebe Schwestern und Brüder, Veränderungen ist ein Schlüsselwort in der Bibel. „Steh auf und kehr um!“, heißt es da z.B. an vielen Stellen im Neuen Testament. Meistens sagt Jesus diese Worte zu kranken, traurigen oder auch mutlosen Menschen – mitunter aber auch zu Menschen, die sich verändern wollen. Menschen, die danach hungern, dass ihr Leben schöner und besser wird. Veränderungen gehören zu unserem Leben dazu wie das Wachsen und das Vergehen. Seien es die unbewussten Veränderungen durch das Alter oder den Beruf, oder auch die bewussten großen Entschlüsse wie: „Heute fange ich ein neues Leben an!“
Man muss aber nicht nur diese großen Kehrtwenden im Blick haben wenn man von Veränderung spricht; nein das können auch kleine, wenngleich nicht weniger wichtige Veränderungen sein wie z.B. mit dem Rauchen aufhören, ein paar Pfund weniger um die Hüften oder weniger Alkohol. Gerade bei letzteren merkt man, wie schwer die scheinbar kleinen Veränderungen doch sind. Und nicht jede hat das einschneidende Erlebnis, das ihr Leben von heut auf morgen verändert und auch nicht jeder hat eine Gestalt wie Jesus an seiner Seite, die einen zur Umkehr ermutigt. Und so müssen wir uns im Normalfall eben selbst helfen.
Aber dazu gibt es ganz brauchbare Hilfen: Z.B. muss ich mir erst mal bewusst machen, was der Zustand, den ich verändern will, mit mir macht. Leide ich unter diesem Zustand? Und was meinen die anderen? Sehen sie es auch so wie ich? Leiden sie auch darunter? Wird mein Wunsch nach Veränderungen durch diese Fragen noch stärker, dann ist es dringend angeraten einen Plan zu machen, eine richtige Strategie zu entwickeln. Natürlich unbedingt realistisch, sprich: Nicht zu viel auf einmal zu wollen. Wichtig ist auch, nicht zu denken, dass sich nun mein Leben auf einen Schlag verändern wird, wenn ich damit beginne, etwas zu verändern. Hat man dann aber mal mit dem Verändern angefangen, dann kann es manchmal ganz schön hart werden. Manche Dinge muss man sich geradezu abtrainieren oder sich eben einen sinnvollen Ersatz für die jahrelang vertrauten Gewohnheiten suchen. Beim Rauchen ist das so ein Problem. Da sind ja normalerweise Hand, Mund und Auge beschäftigt. Also müssen diese Sinnesorgane in Situationen, in denen ich nach einer Zigarette giere, anderweitig beschäftigt oder abgelenkt werden. Küssen wäre z.B. eine Möglichkeit. Und weil diese Entwöhnungsphasen körperlich wie seelisch eine wackelige Zeit sind, braucht es Menschen, die einen dabei unterstützen und bestätigen. Nicht zu vergessen: Man muss sich auch selbst immer wieder loben und belohnen. So könnte man nach jeder erfolgreichen Woche etwas tun, was einem gut tut. Ist man dann über das Gröbste hinweg, dann sollte man mit sich selbst einen Vertrag schließen, mit dem ich mich ganz ernst und ganz fest binde: Nie Wieder! Wichtig ist, dass man auch andere über diesen Schritt informiert, damit sie mich unterstützen und erinnern. Und: Dass sie sich natürlich auch mit mir freuen.

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Erstellt am: 28.07.2014 17:19 Uhr

Zündfunke, 25.07.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Festtag in Spanien, liebe Schwestern und Brüder. Heute feiert Spanien seinen Patron, den Hl. Jakobus. Die Wallfahrt zu seinem Grab nach Santiago de Compostela, ob nun mit dem Fahrrad oder zu Fuss, hat nicht erst mit Hape Kerkelings Buch „Ich bin dann mal weg“, einen neuen Aufschwung erhalten. Nach Jerusalem und Rom ist Santiago die wohl bekannteste und auch am meisten gegangene Wallfahrtstrecke der Christenheit. Bei der Rückkehr haben die Pilger nicht nur den großen Stempel im Pilgerpass, sondern auch die Jakobsmuschel in der Hand. Dieser Pilgerweg nach Finistere, ans Ende der Welt, ist schon uralt. Und viele, die ihn gegangen sind, sagen: Man taucht ein in den Tod, um wiedergeboren heimzukehren. Sprechendes Symbol dafür ist eben jene Muschel.
Heute werden sich nun wieder Tausende in der Kathedrale von Santiago und dem Platz davor einfinden, um gemeinsam den Apostel Jakobus zu feiern. Das Grab des Zebedäussohnes wird hier verehrt; ist Anziehungspunkt für so viele auf der Suche nach dem wahren Leben, Quelle der Motivation und der Erneuerung. Jakobus ist eigentlich beides zugleich: Patron der Pilger und zugleich selbst ein Pilgernder, immer wieder dargestellt mit Muschel und Kürbisflasche, Proviantbeutel und Pilgermütze. Selbst auf dem Weg – von Jerusalem her über das ganze Mittelmeer bis Spanien – ist er zum geistlichen Meister geworden, zum Weggefährten auf den verschlungenen Pfaden des Lebens.
Manchmal frage ich mich: Warum wird gerade in Zeiten des Tourismus und der unfreiwilligen Mobilität das Pilgern wieder entdeckt? Der freiwillige Aufbruch in das größere Leben, heraus aus den guten und schlechten Gewohnheiten, nur mit der eisernen Ration im Gepäck und den Gottesweg unter den Füßen? „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh’, mit mancherlei Beschwerden der ewigen Heimat zu.“
Santiago, der heilige Jakob, ist ein Bezugspunkt der Hoffnung, ein Zielort des Glaubens, die Einladung zur Lebenswende schon jetzt. Immer fängt es damit an, dass wir uns der Attraktivität Gottes aussetzen, z.B. in der Gestalt dieses Apostels. Immer kommt es darauf an, dass wir aufbrechen und uns aufbrechen lassen. Dann ist unser Lebensweg ein Glaubensweg und unser Glaubensweg unser Lebensweg: Schritt für Schritt, mit Höhen und Tiefen, aber dieses Ziel fest vor Augen – dem Pilger aus Nazareth nach, der für uns „Weg, Wahrheit und Leben in Fülle ist.“

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Erstellt am: 28.07.2014 17:16 Uhr