Neurodermitis Teil 7

Neurodermitis


Vitamine
Während es sich bei Elementen, die im vorigen Abschnitt besprochen sind, im Grundstoffe einheitlicher Struktur handelt, die ausnahmslos aus gleichartigen Atomen bestehen, stellen Vitamine komplexe Substanzen dar, die aus Atomen verschiedener Elemente zusammengesetzt, Moleküle bilden, deren chemische Formel ergibt, aus welchen Elementen sie aufgebaut und in welchem Mengenverhältnis zueinander sie konstruiert sind.
Allen Vitaminen gemeinsam ist die Eigenschaft, keinerlei Nährwert zu haben, nur in geringen Mengen benötigt zu werden, aber für den Ablauf fast aller Lebensvorgänge unentbehrlich zu sein.  Der Bedarf daran hängt sowohl von der körperlichen Belastung ab, als auch vom Lebensalter, den Ernährungsgewohnheiten und mancherlei Umstände die individuell verschieden sind. Wer schwere Arbeit verrichtet, ernährt sich reichhaltiger und verbraucht zwangsläufig mehr Vitamine. Jugendliche müssen anders damit versorgt werden als Greise. Schwanger und Stilende bedürfen spezieller Vitaminzufuhren, die auf den erhöhten Bedarf von Mutter und Kind abgestimmt sind, und wer krank oder rekonvaleszent ist, kann wegen gesonderter Ernährung, die auf seinen Zustand Rücksicht nimmt, wiederum andern Vitaminbedarf haben. Die meisten Vitamine sind soweit erforscht, daß sie künstlich nachgebaut werden können und somit auch verfügbar sind, wenn die Nahrungsmittel, in denen sie von Natur aus vorkommen, nicht erhältlich oder aus irgendwelchen Gründen, zum Beispiel Magenverstimmung, vorübergehend unverträglich sind. Bei Auswahl und Anwendung von Vitaminpräparaten sollte auf fachkundigen Rat, den jeder Apotheker erteilen kann, nicht verzichtet werden, denn Vitamine sind hochwirksame Medikamente, die zum richten Zeitpunkt in passender Dosis angewandt, unterschiedlichen Wirkungen entfalten können. Einige werden als Verdauungshilfen benötigt, andere erfüllen eine Schutzfunktion gegen Infektionen, oder sie füllen Körperdepots auf, aus denen Sie bei Bedarf herausgelöst werden. Wo ein Vitaminmangel festgestellt oder vermutet wird, ist es niemals sinnvoll, sich mit ”geimpften” Fruchtsäften oder Brausetabletten einen Cocktail aus der ganzen Palette wasserlöslicher Vitamine einzuverleiben. Allein durch gezielte Auswahl der fehlenden Substanz kann ein vielleicht nur zeitweilig bestehender Mangel treffsicher behoben werden.  Es ist auch nicht ratsam, bestimmte Früchte oder Nahrungsmittel, denen besonderer Vitaminreichtum nachgesagt wird, in großen Mengen zu verzehren, denn der Vitamingehalt von Naturprodukten ist immer von Umständen geprägt, die bei ihrem Erwerb nicht beurteilt werden können. Da fast alle Vitamine Pflanzenprodukte sind, hängt ihr Entstehen sowohl vom Erbgut als auch von den Standortverhältnissen der Gewächse ab. Bodenbeschaffenheit und Düngung, der Einfallswinkel des Sonnenlicht, Witterung und Erntezeit, beeinflussen den Vitamingehalt von Wurzeln, Blättern und Früchten. Wenn wir auch heute von diesen Imponderabilien weitgehend unabhängig sind, weil die meisten Vitamine chemisch nachgebaut (synthetisiert) werden können, muß allerdings betont werden, daß natürliche Vitamine, die aus dem Zusammenhang der pflanzlichen Zellkonstruktion wirken, aus denen sie hervorgingen, ihren künstlich erzeugten ”Doppelgängern” oft überlegen sind. Anderseits ist nicht auszuschließen, daß die Naturprodukte durch Transport und Lagerung Qualitätseinbußen erleiden, denn einige sind lichtempfindlich, andere vertragen keine erhöhten Temperaturen, wodurch sie bei der Zubereitung von Speisen während des Gärvorgangs geschädigt oder zerstört werden. Demgegenüber garantiert die Synthese eine stets gleichbleibende und (in der Apotheke) jederzeit verfügbare, standardisierte Qualität, die vom Naturprodukt aus den oben genannten Gründen nicht erwartet werden kann. Durch Vereinbarungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die biologische Wirksamkeit synthetisch erzeugter Vitamine in der Form von internationalen Einheiten (I.E.) weltweit genormt. Bei gesunder Mischkost ist Vitaminmangel heute verhältnismäßig selten, denn die benötigten Mengen sind so gering, daß sie vielfach noch ausreichen, obgleich ein Teil des ursprünglich vorhanden Gewesenen verlorenging. Das trifft allerdings nicht auf jedes Vitamin zu, und im Einzelfall ist zweifelhaft, ob den Betroffenen mit Mindestquanten dauerhaft gedient ist. In den folgenden Abschnitten sind die bisher bekannten und erforschten Vitamine einzeln vorgestellt, und zwar in alphabetischer Ordnung der lateinischen Großbuchstaben, womit sie im allgemeinen benannt werden.

Vitamin A (Retinol – C20H29OH) Dieses Vitamin wurde seit seiner Entdeckung während des Ersten Weltkrieges unter dem Eindruck überraschend günstiger Wirkung auf verschiedene Körperfunktionen, mit vielerlei Namen belegt, wovon sich die heutige Bezeichnung ”RETINOL”, die vom lateinischen ”retina” für die Netzhaut des Auges abgeleitet ist, neben ”Vitamin A” durchgesetzt hat. Es handelt sich bei diesem fettlöslichen Vitamin um eine hellgelbe, ölige Substanz, die in Form mikroskopisch kleiner Tröpfchen ausschließlich in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs, wie Vollmilch, Sahne, Butter, Eidotter, verschiedene Käsesorten und Lebertran vorkommt. Pflanzliche Nahrungsmittel enthalten kein Vitamin A. Seine biologischen Vorstufen jedoch, verschiedene Carotine mit der gemeinsamen Summenformel C40H56, sind als Pro-Vitamine hauptsächlich in den rotgelben Wurzeln (Möhren) und in den dunkelgrünen Blättern von Mangold, Sauerampfer uns Spinat enthalten. Für die menschliche Ernährung haben diese Pro-Vitamine denselben Wert wie das Vollvitamin A, weil unser Organismus befähigt ist, sie auf dem Verdauungswege ohne Substanzverlust für die vielfältigen Zwecke umzuwandeln, die Vitamin A im Körper erfüllt. Dabei entstehen Carotin-Derivate (Abkömmlinge), zum Beispiel Retinsäure und Aldehyde, die für Aufbau und Ergänzung der als ”Sehpurpur” bekannten Zellen der Netzhaut unverzichtbar sind, weil sich ohne ihr Vorhandensein die Fähigkeit verliert, in der Dämmerung zu sehen. Ein Leistungsschwäche (Insuffizienz) der Augen, die als Folge von Vitaminmangel regelmäßig auftritt und  – etwas übertrieben – als Nachtblindheit bezeichnet wird. Immerhin ein Handicap, das sich für jeden, der am motorisierten Straßenverkehr teilnimmt, fatal auswirken muß. Unser Tagesbedarf an Vitamin A und seinen Vorstufen wird mit 3 bis 5 Milligramm angegeben, die bei den heutigen Ernährungsverhältnissen im allgemeinen aus gesunder Mischkost leicht zu entnehmen sind. Dabei ist allerdings zu beachten, daß Vitamin A zwar hitzebeständig, aber gegen Licht und Sauerstoff empfindlich ist.  Wenn der Bedarf durch den Verzehr von Möhren gedeckt wird, hängt die Carotinausbeute weitgehend von gründlicher Zerkleinerung ab. Je feiner die Möhren geraspelt werden, um so saftiger wird das Mus, und um so mehr Carotin gibt es her. Im Hinblick auf die Verdauungsvorgänge, bei denen Carotin in vollwertiges Vitamin A umgewandelt wird, muß außerdem bedacht werden, daß es sich um fettlösliche Substanzen handelt, die der Organismus nur dann verlustlos aus der Darmwand resorbieren kann, wenn sie mit Sahne oder Pflanzenöl zubereitet sind. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet er sie als nicht verwertbare Stoffe ungenutzt aus.
So können, wenn fehlerhafte Zubereitung der Speisen über einen länger Zeitraum anhält, trotz vermeintlich ausreichender Zufuhr von Vitamin A, die für diesen Zustand typischen Mangelerscheinungen (Avitaminosen) auftreten. Erste Symptome dafür sind Fehlleistungen der Netzhaut, verminderte Sehschärfe während der Dämmerung und in extremen Fällen, die hierzulande kaum noch vorkommen, tatsächlich das Phänomen der echten Nachtblindheit. Zu den eingangs erwähnten, vielfältigen Aufgaben, die das Vitamin A im Körperhaushalt erfüllt, gehört auch seine Mitwirkung bei der Produktion von T-Zellen, die als lebensnotwendige Teile des Immunsystems, die Abwehrfunktionen von Haut und Schleimhäuten gegenüber unerwünschten Eindringlingen (Infektionen) auf dem laufenden hält. Hier berühren sich die Aufgaben des Vitamins A mit den diagnostischen Belangen der Neurodermitis-Therapie, denn eine geschwächte Immunabwehr führt sowohl auf der Haut als auch im Bereich von Schleimhäuten der Atemwege nicht selten zu Symptomen, die zwar an Neurodermitis erinnern, aber in Wirklichkeit nicht anderes als Mangelerscheinungen auf Grund ungenügender Retinolzufuhr darstellen. Wo dies festgestellt ist, empfiehlt es sich, einen erfahrenen Therapeuten ins Vertrauen zu ziehen, der die akute Avitaminose vermittels einer sachkundig bemessenen Dosis internationaler Einheiten synthetischen Retinols beseitigt und zugleich anleitet, die Ursache der bisherigen Fehlversorgung zu vermeiden.
Die Vitamine des B-Komplexes sind chemisch miteinander verwandte, wasserlösliche Substanzen, die sowohl in pflanzlicher als auch in tierischer Nahrung, vielfach zusammen vorkommen. Fortschritte in der Forschung haben ergeben, daß heute aus diesem Komplex meist nur die Vitamine B1, B2, B6, und B12 unterschieden werden.

Vitamin B1 (Thiamin – C12H17 N4OS) Dieses Vitamin besteht in chemisch reiner Form aus farblosen, wasserlöslichen Kristallen, die hitzeempfindlich sind und keinen Sauerstoff vertragen. Als Tagesbedarf für den menschlichen Organismus werden unterschiedliche Mengen von 0,5 bis 1,5 Milligramm angegeben, die wir normalerweise aus Vollkornprodukten entnehmen, obwohl wegen der Hitzeempfindlichkeit allein beim Brotbacken rund ein Viertel des im Vollkorn angereicherten Gehalts an diesem Vitamin verlorengeht. Ähnlich verhält es sich bei allen Nahrungsmitteln, die von Natur aus Vitamin B1 enthalten, aber vor dem Verzehr stark erhitzt werden müssen. Kochen oder Dünsten macht in dieser Hinsicht kaum einen Unterschied, und in Lebensmitteln, die zum Verlängern der Haltbarkeit getrocknet oder geschwefelt wurden, ist der Gehalt an Vitamin B1 restlos zerstört. Aus dieser Sicht ist es, was Vitamin B1 betrifft, mit der Versorgung nicht zum besten bestellt. Die Schuld daran liegt weniger an der Qualität des Nahrungsangebotes, als im weithin üblich gewordenen Verzehrverhalten (Fast food – Ernährung). Am nachteiligsten wirkt sich der Zuckerkonsum aus. Während unsere Vorfahren mit 1815 jährlich 6,7 Kilo davon verzehrten, 18,3 Gramm pro Tag, betrug der Zuckerverbrauch Westeuropas im Jahre 1993 pro Kopf der Bevölkerung durchschnittlich das Achtfache, nämlich 54 Kilogramm, was einer Tagesdosis von 148 Gramm mit 606,8 kcal entspricht. Warum das so schädlich ist? Es gibt mehrere Gründe. Zucker liefert zwar Kalorien (4,1 kcal pro Gramm), aber keinerlei Nährwert. Man spricht von ”leeren” Kalorien, die der Organismus in solchen Mengen nicht verbrauchen kann. Um das Zuviel an Zucker zu verbrennen, müssen wir unser wertvolles Vitamin B1 opfern, wovon wir ohnehin meist zu wenig aufnehmen. Viel Wissenswertes zu unserem Zuckerproblem, was im Zusammenhang mit Vitamin B1 nicht näher erörtert werden muß, finden Sie in meinem Buch ” Der Darm – Basis der Gesundheit” *) auf den Seiten 91 bis 96 ausführlich dargelegt. Da Vitamin B1 als wasserlösliche Substanz, nicht im Körper gespeichert werden kann, muß es täglich mit der Nahrung zugeführt werden, damit keine Mangelsituation entsteht, die immer dann angenommen werden muß, wenn das Immunsystem gestört ist. Vitamin B1, das übrigens ganz ungiftig ist, bewirkt jene ausgeglichene Befindlichkeit, die für reibungsloses Zusammenspiel der Verbindungen zwischen Nerven- und Immunsystem als unerläßliche Voraussetzung gilt. Eine unmittelbare Beziehung zu den Erscheinungsformen von Neurodermitis ist hier nicht erkennbar, aber aus ganzheitsmedizinischen Überlegungen muß sie als latent vorhanden, immer dann vermutet werden, wenn das Immunsystem übermäßig belastet ist. *) ISBN 3-9803913-0-2

Vitamin B2 (Riboflavin – C17H20 O6N) Der optische Unterschied gegenüber chemisch reinem Thiamin ist gering. Riboflavin bildet gelbe Kristalle, die ebenfalls lichtempfindlich und nicht temperaturstabil sind. Da dieses Vitamin an der Blutbildung beteiligt und für viele intrazelluläre Stoffwechselvorgänge, zum Beispiel Zellatmung, pausenlos nötig ist, befindet es sich, mit teils nur wenigen Molekülen, in allen Enzymen (Verdauungssäften) eingebaut, die mit diesen Vorgängen befaßt sind. Unseren Minimalbedarf an Vitamin B2, der mit knapp zwei Milligramm pro Tag angegeben wird, könnten wir normalerweise durch Verzehr von Vollmilch, Käse und Getreideprodukten decken, sofern sie aus Vollkorn bestünden. Weißbrot, das mit allerfeinst ausgemahlenem ”Auszugsmehl” hergestellt ist, hat in dieser Hinsicht allerdings nicht zu bieten.
Bei der Milch setzt die hohe Lichtempfindlichkeit des Riboflavins seiner Aufnahme ebenfalls Grenzen. Vollmilch, in Glasflaschen dem Licht ausgesetzt, verliert ihren Vitamingehalt binnen einer Stunde, und halbfette, sogenannte H-Milch, die kurzzeitig erhitzt wurde, um sie haltbarer zu machen, erreicht den Verbraucher praktisch ”vitaminleer”, weil Riboflavin nicht hitzebeständig ist.  Den Luftsauerstoff verträgt das Vitamin auch nicht, wovon wir uns durch den schalen Geschmack offen aufbewahrter Milch leicht überzeugen können. Demnach ist es hier mit der Versorgung nicht zum besten bestellt, zumal die Mindestmenge von knapp zwei Milligramm pro Tag, in vielen Fällen nicht ausreicht. Abgesehen von Schwangeren und Stillenden, die stets erhöhten Bedarf haben, verbrauchen Jugendliche und Sportler gut und gern das Doppelte bis Dreifache. Jede Anstrengung, die schweißtreibend wirkt, verursacht damit Vitaminverlust, der alsbald ersetzt werden muß, denn von wasserlöslichen Vitaminen besitzt der Körper, wie bereits erwähnt, keine Depots, auf die er bei akutem Mangel zurückgreifen könnte. So gesehen, ist auch bei Vitamin B2 keine unmittelbare Beziehung zu Symptomen der Neurodermitis erkennbar. Wenn man aber in Betracht zieht, daß von 60 Enzymen, in denen dieses Vitamin nachgewiesen wurde, einige im Immunsystem wirksam sind, können aus ganzheitsmedizinischen Erwägungen, zumindest indirekte Einflüsse, denen unter Umständen nachzugehen wäre, nicht ausgeschlossen werden.

Vitamin B6 (Pyridoxin – C8H11 O3N) Dieses wasserlösliche Vitamin ist zwar lichtempfindlich, aber hitzebeständig. Nennenswerte Mengen davon (mehr als ein Milligramm auf 100 Gramm verzehrbarer Substanz) befinden sich nur in Getreidekeimen. Spurenhafte Quanten sind jedoch in den meisten Lebensmitteln enthalten. Trotzdem ist das Wirkungsspektrum des Pyridoxins ungewöhnlich breit gefächert (LANGE-ERNST). Die minimalen Mengen, die uns in der Nahrung zur Verfügung stehen, müssen außerordentlich wirksam sein. Dies kann aus Zuständen gefolgert werden, die auf einen früher unbekannten Mangel an Pyridoxin hinweisen, der heute nicht selten bei Frauen auftritt, die über längere Zeit hinweg Antibabypillen einnehmen. Neben anderen, weniger signifikanten Mangelerscheinungen, interessieren in diesem Zusammenhang Ekzeme und Hautentzündungen im Kopfbereich, die leicht mit Symptomen von Neurodermitis verwechselbar sind. In all diesen Fällen dürften sachkundig verordnete therapeutische Dosen dieses Vitamins schnell zu Resultaten führen. Die Gefahr von Überdosierung besteht nicht, da alle Vitamine des B-Komplexes ungiftig sind und bei akutem Überschuß auf den Verdauungswegen ausgeschieden werden.

Vitamin B12 (Cobalamin – C63H90N14O14) Im Abschnitt über Cobalt ist diese Vitamin bereits erwähnt, weil es als einziges der bisher bekannten Vitamine mit Atomen eines Spurenelements ausgestattet ist. Es enthält Cobalt. Seine Zufuhr aus der Nahrung ist verhältnismäßig problemlos, da es in tierischem Muskelgewebe, aber auch in Eiern, Milcherzeugnissen (Käse) und Sauerkraut vorkommt. Außerdem befinden sich in der menschlichen Darmflora milliardenfach Symbionten (nützliche Bakterien) die pausenlos Vitamin B12 erzeugen. Eine Besonderheit besteht darin, daß Cobalamin nicht ohne weiteres über die Darmschleimhaut in den Körper gelangt. Zuvor muß es sich nämlich mit einem im Magen hergestellten Enzym, dem Intrinsic-factor, zu einem vor Verdauungssäften schützenden Komplex verbinden. Nur in dieser Kombination kann Cobalamin die Darmwand durchdringen, um alsdann über eine weitere Bindung an die im Organismus empfangsbereit vorhandenen Transcobalamine, in periphere Körperzonen vorzudringen, wo es seine biologischen Funktionen erfüllt. Die Wirksamkeit dieser riesigen Molekülketten, in  der 63 Kohlenstoffatome und 90 Wasserstoffatome mit je 14 Stickstoff- und Sauerstoffatomen in Anwesenheit von Cobalt verbunden sind, muß enorm sein, denn der Tagesbedarf darin liegt mit 0,003 Gramm, spurenhaft niedrig. Soweit bisher bekannt, ist Cobalamin bei der Protein-Biosynthese an Vorgängen beteiligt, die sich mit der Weitergabe von genetischen Informationen befassen. Außerdem ist es unter anderem für das Heranreifen roter Blutkörperchen und bestimmte Funktionen der Nervenzellen unentbehrlich. Angesichts einer so überragenden Bedeutung werden die Besonderheiten verständlich, mit denen der Organismus die Funktion dieses Vitamins absichert. Ebenso wird begreiflich, daß die Leber befähigt ist, einen Vorrat von reichlich 2,5 Gramm Cobalamin anzusammeln und zu speichern, der den Bedarf von fünf Jahren deckt. Bei diesen Voraussetzungen dürfte es, was Vitamin B12 betrifft, eigentlich nie zu Mangelerscheinungen kommen. Daß es sie dennoch gibt, wird in der Regel weniger durch Cobaltmangel in der Nahrung, als durch mangelhafte Resorption im Verdauungstrakt verursacht, weil der eingangs erwähnte, unerläßliche Intrinsic-factor im Magensaft fehlt. Es handelt sich bei diesem Enzym um eine empfindliche Zucker-Eiweiß-Verbindung (Glycoprotein), die von der Magenschleimhaut produziert, unter anderem dazu beiträgt, daß der Magen sich nicht selber verdaut. Bei unzweckmäßiger Ernährung, beispielsweise häufigem Konsum schwerverdaulicher Speisen, die zu lange im Magen zurückbleiben und in Fäulnis übergehen, blockieren deren Zersetzungsprodukte die Absonderung dieses Enzyms mit dem Ergebnis, daß die zur Aufnahme von Vitamin B12 notwendige Schutzverbindung nicht zustandekommen kann. Folglich werden die Molekülketten des Cobalamins von den Verdauungssäften ebenso zerlegt wie andere Nahrung und auf dem Verdauungswege ausgeschieden.

Der Mensch ist , was er ißt !
Mit Absicht stelle ich das geflügelte Wort des Philosophen FEUERBACH voran. Wenn es nämlich modernen Sprachverderbern gelingen sollte ,uns das „ß“ zu stehlen ,  wäre der optische Eindruck dieser kurzgefaßten Wahrheit unweigerlich dahin. Freilich war der Sinngehalt des Wortes zu Feuerbachs Zeiten (1850) nicht neu. Ein Vierteljahrhundert vor ihm schrieb der französische Feinschmecker BRILLAT-SAVARIN in seinem humorvoll, geistreichen Buch über die Physiologie des Geschmacks: “Dis-moi ce que tu manges, je te dirai ce que tu es“,“sage mir, was Du ißt, und ich sage dir, was Du bist“, womit natürlich kein heiteres Beruferaten gemeint war. Deutlicher gezielt äußerte sich Theophrast von Hohenheim (PARACELSUS) dreihundert Jahre früher: „Unsere Nahrungsmittel müssen Heilmittel, unsere Heilmittel Nahrungsmittel sein.“
Damit sind wir bei  einem wichtigen Kapitel Thema dieses Buches, das nicht als Koch­buch gedacht ist, sondern helfen möchten, die Qualität unserer Nahrungsmittel, die Vielfalt an Zusatzstoffen und den Etiketten­schwindel zu durch­schauen, damit die Verbraucher kritischer einkaufen und an Chemikalien nicht mehr verzehren müssen als der Gesundheit zuträglich ist. Zuvor ein paar grundlegende Worte zur Chemie: Als Teil der Naturwissenschaft erforscht sie Aufbau, Zusammensetzung und Zerlegungsfähigkeit aller Substanzen, die in der Natur vorkommen. Soweit es unsere Nahrung betrifft, hat sie als Hilfs­wissenschaft der Medizin ergründet, daß der Organismus sich Tag für Tag mit dem chemischen Zerlegen von Nahrungsmitteln befaßt, denn nur in biologisch veränderter Zusammensetzung können ihre Grundsubstanzen (Elemente) ihm zur Ernährung dienen.
Demnach ist es also durchaus angemessen, den Körper als chemisches Labor aufzufassen, das naturgewollt dazu bestimmt ist, die Nahrung auszuwerten und unsere täglichen Stoffwechselvorgänge zu sichern. Ohne Biochemie kein Leben! Kann Ernährung krank machen?
Ob unsere herkömmliche Ernährung gesund ist und uns gesund erhält, hängt von vielerlei Faktoren ab. Zu Anfang des Jahrhunderts, als Chemie und Technik in der Lebensmittelproduktion noch nicht die Bedeutung erlangt hatten, die ihnen heute beizumessen ist, kam es weitgehend auf die Menge an, die verzehrt wurde. Nach Qualität fragte man kaum. Die Lebensmittel stammten meist aus heimischer Erzeugung, und wo nach dem Prinzip der Fruchtfolge angebaut wurde, was den Ackerboden nicht übermäßig auszehrte, kam künstliches Düngen, wenn überhaupt, nur selten in Betracht, sofern die Viehwirtschaft einmal ausnahmsweise zu wenig Dung erbrachte.
Brot ,Kartoffeln und bäuerliche Gemüsesorten, wie Wirsing und Kohl, waren hierzulande Volksnahrungsmittel, an denen man sich satt aß. In welchem Ausmaß das geschah, hing vielfach von der Erziehung ab. Der Volksmund prägte das Sprichwort: “Ein Fresser wird nicht geboren, er wird erzogen“. Wer in früher Kindheit, ohne sich wirksam wehren zu können , den Zwang ertragen mußte: “Was auf den Tisch kommt, wird gegessen!“ und „Den Teller mußt Du leermachen!“, wurde zu reichlich ernährt, was Übergewicht und oft lebenslange Störung des Wohlbefindens nach sich zog.
In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg sind die Grundnah­rungsmittel von einst weitgehend durch andere Erzeugnisse abgelöst worden. Die heimische Produktion aus inzwischen künstlich überdungten Böden wird nun nicht mehr vorab auf Wochenmärkten feilgeboten. Der Verbraucher erreicht sie jetzt vorwiegend über Industrie und Zwischenhandel. Konserven, exotische Früchte und Gemüse, “fast food“ und Süßigkeiten aller Art machen ihr in unbe­grenzten Mengen Konkurrenz.  Verhängnisvoll an dieser Entwicklung ist weniger das breitgefächerte Angebot früher kaum bekannter Waren, als der allgemeine Qualitätsverfall, den der Verbraucher meist nicht erkennt. Wie ist das zu erklären? Es gibt vielerlei Gründe, die sich teils auf Methoden der Feld- und Weidewirtschaft oder der Tierhaltung, teils auch auf Verarbei­tungspraktiken und Gepflogenheiten des Marktes zurückführen lassen. Die Landwirtschaft hat in den letzten Jahrzehnten tausen­tonnenweise künstliche Düngemittel, Stickstoff (N),Phosphat P2O5) und Kali (K2O) in ihre Böden gebracht, was zwar teuer war, aber auch die Anbauerträge beachtlich steigerte. Weitgehend unbeachtet blieb dabei das Mißverhältnis zwischen Nährstoffverbrauch und Nachschub, die Verarmung der Böden an lebenswichtigen Spurenelementen, welche in Kunstdüngergaben entweder gar nicht oder in unpassender Mischung erhalten waren. Pflanzen, deren ungewollter Mineralhaushalt durch einseitiges oder falsches düngen aus dem Lot geraten ist, haben für die menschliche Ernährung nur noch geringen Wert. Nachdem sie zu Konserven oder Tiefkühlkost verarbeitet und appetitlich angerichtet, meistens einen Teil der Hauptmahlzeit bilden, fällt dem Verbraucher nicht auf, daß eine Anzahl wichtiger Inhaltstoffe nicht mehr darin enthalten sind. Die Menge stimmt, auch Aussehen und Geschmack geben keinen Anlaß zu klagen. Sollte es  d a r a n  bei der industriellen Verarbeitung gemangelt haben, war den Herstellern erlaubt, mit ausdrücklich zugelassenen Ingredienzen, Aromen, Farbstoffen, Geschmacksverstärkern und Stabilisatoren, die zwar allesamt Täuschungsmittel, aber angeblich harmlos sind, etwas nachzuhelfen.
Am Nährwert solcher Nahrung muß mit Recht gezweifelt werden. Was ihr fehlt, sind lebenswichtige (essentielle) Mineralien, hauptsächlich Spurenelemente, wie Eisen, Jod, Kupfer, Selen und Zink, auf die unser Organismus nicht verzichten kann, ohne empfindlich Schaden zu erleiden. Gesundheitlich weit bedeutungsvoller als diese Mängel, wirkt sich der ungehemmte Einsatz verschiedenster Chemikalien aus, die als Pestizide zur Schädlingsbekämpfung dienen. Mit den meisten dieser giftigen Substanzen werden die Kulturgewächse während ihrer Blüte, der Wachstums- und Reifeperiode, wiederholt nebelartig umsprüht, und der Boden, auf dem sie gedeihen, wird zusätzlich mit giftigen Stoffen mehrmals getränkt, damit Wildkräuter, deren Samen vom Winde herbeigeweht, auf Kulturland keimen, daran zugrunde gehen. Zwangsläufig gelangt ein beträchtlicher Teil dieser Gifte durch Poren in Blättern und Früchten oder von den Wurzeln aufgesaugt ,in den pflanzlichen Organismus, der nicht darauf eingerichtet ist, diese Stoffe zu neutralisieren. Das meiste davon wird mit der Ernte eingebracht, zum Verzehr mit verarbeitet und kommt in den Handel. Ähnlich verhält es sich mit chemischen Substanzen,  die bei der Tierhaltung angewandt werden. Hormone die das Wachstum beschleunigen, Impfstoffe gegen Infektionen und ruhigstellende Medikamente(Tranquilizer) die bei zu enger Käfighaltung oder Transporten die Aggressivität der Tiere untereinander eindämmen, können wohl nur selten vor dem Schlachten auf natürlichem Wege ausgeschieden werden. Das meiste wird (unerkannt) zum Verzehr mit verarbeitet und entfaltet, sofern wir es nicht auf dem Verdauungswege ausscheiden (können),im menschlichen Organismus entweder ähnliche Wirkungen wie im Tierkörper, oder diese Stoffe reichern sich, als Fremdsubstanzen abgelagert, so lange an, bis das Maß eines Tages voll ist und überläuft. Diese bildhaft angedeutete Möglichkeit trifft beispielsweise auf einige Allergieauslöser zu, die unser Organismus zeitweilig toleriert, wenn er nicht nebenher durch andere Substanzen belastet ist,  die ihm ebenfalls allergische Reaktionen abnötigen. Bevor ich diesen Abschnitt, der einen allgemeinen Überblick bieten soll, beende, ein paar Worte über unser Trinkwasser:
Wir brauchen täglich zwei bis drei Liter Flüssigkeit, um leben zu können. Im allgemeinen beziehen wir sie als wässerige Grundlage unserer täglichen Muntermacher, wie Kaffee, Tee und Erfrischungsgetränke, oder auch als flüchtigen Schluck aus der Wasserleitung, und wir vertrauen darauf, dort nichts zu zapfen, was der Gesundheit schadet. Ob dieses Vertrauen noch gerechtfertigt ist, erscheint immer zweifelhafter, denn das meiste Trinkwasser (etwa 64%) stammt von Grundwasservorräten, die im Lauf der Zeit als atmosphärische Niederschläge entstanden und im Boden versickert sind. Ein Vorgang, der sich seit Jahrtausenden in gleicher Weise vollzieht. Von den durchflossenen Gesteinsschichten gefiltert und mit aufgelösten Mineralstoffen angereichert, galt Grundwasser als keimfreies, sauberes Brauchwasser, das man unbedenklich trinken konnte. Aus zweierlei Gründen ist das heute vorbei.  In dichtbesiedelten Gebieten sind die Böden entweder durch Baumaßnahmen „versiegelt“, so das sich dort kein neues Grundwasser ansammeln kann, oder noch unversiegelte Böden sind mit giftigen Substanzen aus Industrie und Landwirt-schaft so verseucht (kontaminiert),daß ihr Grundwasser nur nach aufwendigen Reinigungsprozessen wieder genießbar wird. In den späteren Abschnitten dieses Buches erfahren Sie Näheres zu allen Themen, die in der Einführung nur ansatzweise erwähnt wurden. Vermutlich werden Sie mir aber jetzt schon zustimmen können, daß die Frage, worunter ich die Thematik aufgerollt habe, nur mit „JA“ zu beantworten ist

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Erstellt am: 29.01.2009 09:59 Uhr

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