Neuraltherapie nach Huneke
Die biologischen Heilverfahren, die ich mit diesem Buch vorstelle, wurzeln zumeist in Erkenntnissen längst vergangener Generationen. Zuweilen gerieten sie im Auf und Ab der Geschichte in Vergessen, aber ihre alte Bedeutsamkeit litt darunter nicht. Unbewußt angewandt, blieben unerklärliche Heilerfolge im Gedächtnis der Betroffenen haften, und die Erinnerung daran reicht bis in Altertum zurück. Schon den Leibärzten am Hof der Pharaonen war aufgefallen, daß rheumatische Beschwerden plötzlich abklangen, wenn ein kranker Zahn entfernt worden war. Eine Erklärung dafür gab es nicht, es sei denn, man schrieb gnädigen Göttern zu, was der Verstand nicht zu fassen vermochte.
Die heutige Neuraltherapie geht auf eine Zufallsentdeckung zurück, die im Jahre 1925 den Ärzten Dr. Ferdinand HUNEKE (1891 – 1966) und Dr. Walter HUNEKE (1887 – 1974) mit dem damals neu entwickelten Schmerzmitteln Novacain (= Procain) in der eigenen Familie gelang. Ihre Schwester litt an hartnäckiger Migräne, der mit keinem Behandlungsversuch beizukommen war. Als sie sich entschlossen, ihr intravenös ein Medikament zu verabreichen, das einen Anteil Procain enthielt, sahen sie überrascht, wie die Migräne nebst allen Begleiterscheinungen sich augenblicklich in nichts auflöste. Das Heilmittel schien gefunden. Procain statt zum Betäuben fürs Heilen einzusetzen, galt damals als Außenseitermethode, von der zeitgenössischen Fachwelt und ihren „Halbgöttern in Weiß“, die sich, wie gewohnt, unübertrefflich wähnten, je nach Temperament und Manieren entweder ignoriert, ins Lächerliche gezogen oder schulterzuckend geduldet. Heute, fünfundsechzig Jahre nach ihrer Entdeckung, gehört die Neuraltherapie nach Huneke, zu den unverzichtbaren Heilfaktoren fast aller medizinischen Fachrichtungen. Wichtiger als die Entdeckung der Heilkraft des Procains war die im Zusammenhang damit gewonnene Erkenntnis, alte, längst vergessene „Störfelder“ im Körper, zum Beispiel Narben, steckengebliebene Geschoßsplitter und deren Fernwirkungen, die oft über Jahre hinweg als vermeintlich unheilbare Leiden gegolten hatten, zuverlässig ausschalten zu können.
Das Schlüsselerlebnis dieser Entdeckung fiel ins Jahr 1941 und ist in die medizinische Fachliteratur eingegangen. Hier sei es kurz nacherzählt: „Die Patientin litt seit Jahren an einer schmerzhaften Entzündung des rechten Schultergelenks, die allen Therapieversuchen widerstand. Der geltenden Lehrmeinung zufolge, hatte man ihr die Mandeln, als vermeintliche „Streuherde“, entfernt und fast alle Zähne gezogen. Nachdem dies alles nicht half, sollte der linke Unterschenkel amputiert werden, an dem die Narbe einer vor 35 Jahren überstandenen Knochenmarkentzündung ihr gelegentlich zu schaffen machte. In der Furcht, sich künftig als Teilamputierte durchs Leben quälen zu müssen, gelangte sie in die Praxis von Dr. F. Huneke. Als er die Narbe am linken Schienbein mit der üblichen Procain-Injektion behandelte, erlebte er sein erstes Sekundenphänomen. Augenblicklich verschwanden die Schmerzen im rechten Schultergelenk, und den bisher behinderten Arm konnte die Patientin sofort schmerzfrei bewegen. Eine einzige Injektion hatte genügt, um sie dauerhaft von dem Leiden zu befreien, das sie jahrelang ertrug. Zudem war ihr Bein gerettet.“ Das Verdienst Hunekes liegt darin, diese Spontanheilung nicht als Zufallsergebnis gewertet und damit dem Vergessen anheimgegeben, sondern sie ungeachtet des damals noch lückenhaften Erkenntnisstandes, als ein Phänomen vorgestellt zu haben, das sich nicht wegdiskutieren ließ. An der Existenz neuraler „Störfelder“, die an entfernten Körperstellen schmerzhafte Symptome auslösen können, war nicht mehr zu zweifeln. Weder Bakterien noch andere Giftstoffe konnten Ursache der Gelenkentzündung gewesen sein. Wie hätten die Schmerzen auf den Reiz der Injektion hin so schnell verschwinden können? Eine Headsche Zone vom linken Schienbein zur rechten Schulter existierte nicht, aber ein Vergleich mit der Funktechnik drängte sich auf: Huneke sah als erwiesen an, daß „Störfelder“ im Körper (hier war es die uralte Narbe gewesen), wie Störsender wirken, die man vermittels einer Procain-Injektion blitzschnell außer Funktion setzen kann. Folgerichtig formulierte er die These, jedes chronische Leiden könne womöglich störfeldbedingt sein, und jede Körperstelle könne unter ungünstigen Umständen zum „Störfeld“ werden. Folglich müßten störfeldbedingte Leiden durch Procain-Injektion, sofern anatomisch möglich, über das Nervenkostüm in Sekundenschnelle heilbar sein. Nur wenn ein chronisches Leiden sich mit Ursache und Wirkung so übersichtlich darstellt, wie im vorhin beschriebenen Fall, kann die Neuraltherapie nach Huneke mit dem Sekundenphänomen „auf Anhieb“ eine dauerhafte Heilung bewirken. Meist liegen die Verhältnisse komplizierter, verschiedene Störfelder müssen aufgespürt werden, was zuweilen schwierig ist, und die Heilung erfolgt nach mehrmaliger Behandlung stufenweise, je nach Schwere des Falles in unterschiedlich langer Zeit. Das Medikament Procain ist keine Arznei im herkömmlichen Sinn, es weckt nur die Heilkraft des Körpers, indem es seiner ursprünglichen Bestimmung gemäß, irritierte Nervenbahnen beruhigt und damit die heilungsfeindliche Wirkung von Störfeldern aufhebt, die unerkannt und oft an entfernten Stellen, Krankheitsherde aufgebaut oder unterhalten haben.
Diese Erkenntnis setzt der Neuraltherapie nach Huneke natürliche Grenzen. Fern vom Anspruch, ein „Allheilmittel“ zu sein, ist die nur anwendbar, wo Störfelder vorhanden sind, was bei chronischen Leiden des rheumatischen Formenkreises regelmäßig und bei vielen anderen Krankheiten nicht selten zutrifft.
Auszug aus dem Buch „Der Darm – Basis der Gesundheit“ von J.B.V.
Infos unter:
Erstellt am: 23.01.2009 13:26 Uhr