Der Zündfunke vom 29.12.- 01.01.2012

Von Pfarrer Helmut Müller

Donnerstag, 29.12-2011

Alles hat seine Zeit. Mit diesen Worten werden wir im Predigerbuch auf die Vergehen der Zeit hingewiesen, die wir im Ende gehenden Jahr in besonderer Weise empfinden. Im 3.Kapitel im Prediger Salomo setzt sich der Prediger mit der Vergänglichkeit auseinander, indem er zunächst auf die Eckpunkte des Lebens hinweist:

Alles hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde; geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit.


Was von den Eckpunkten des Lebens gilt, das gilt auch zwischen Geburt und Tod – auf der biologischen Ebene: pflanzen und ernten; auf der emotionalen Ebene: lachen und weinen; und auf der Beziehungsebene: umarmen und getrennt sein; behalten und loslassen. Veränderungen gehören zum menschlichen Dasein.

Goethe, der vieles intuitiv in seinen Gedichten ausdrückte, hat einmal geschrieben: „Und solang du dies noch nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast, auf der dunklen Erde.“

Ja, beides, Loslassen und Neuanfangen gehören zum Leben, was wir ständig, manchmal auch schmerzhaft, zu vollziehen haben.

Wo immer wir diesen Tatbestand akzeptieren, da lernen wir über Veränderungen nicht nur zu klagen, sondern wir lernen sie wert zu schätzen, was auch der Prediger tut mit den Worten:

Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit .

Mit diesen Worten werden aufgefordert, nicht bloß auf das Dunkle im Leben zu schauen, sondern auch das Schöne, was wir schon erlebt haben, zu sehen. Wo immer wir unser Leben in einem größeren Zusammenhang – in Gott – bedenken, da leuchtet ansichts der Vergänglichkeit Sinn auf, da lernen wir einzustimmen in die Antwort, die uns der Prediger im 3.Kapitel gibt:

Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und Gutes tun in seinem Leben. Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes.

Freitag, 30.12-2011

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

es gibt verschiedenen Weisen, sich mit der Vergänglichkeit auseinander zu setzen, die wir am Ende des Jahres mehr als sonst empfinden.
Man kann darüber jammern, wie schnell die Zeit verrinnt und auf die „abgeernteten Stoppelfelder“ in unserem Leben blicken.

Man kann aber auch auf Vielfalt des Erlebten schauen, auf die „vollen Scheunen der Ernte“, die wir eingebracht haben.

Auf letzteres weist uns Viktor Frankl hin, dem in seiner Psychotherapie ein sinnerfülltes Leben am Herzen lag. Wer angesichts der Vergänglichkeit nur klagt, der gleicht nach Frankl einem Menschen, der am Ende des Jahrs auf den immer schmächtiger werdenden Kalender blickt.

Anders geht es einem Menschen, der auf die Rückseite der abgerissenen Kalenderblätter aufschreibt, was er alles erlebt hat und diese auf einen Stapel legt. Ein solcher Mensch wird am Ende des Jahres staunen, wie viele Erfahrungen in einem Jahr liegen.

Dazu, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, möchte ich Sie heute am vorletzten Tag des Jahres einladen, dass Sie sich vergegenwärtigen, was Sie in Ihrem Leben alles schon erlebt haben, was Ihnen, trotz manch Schwerem, Freude gemacht hat und auch gelingen durfte.

Im Predigerbuch im Kapitel 3,11 heißt es:

Gott hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in das Herz des Menschen gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann, das Werk, dass Gott tut, weder Anfang noch Ende.

Ich denke, wenn wir mit Gott auf unser Leben zurückblicken, dann werden wir gewahr, dass neben Schwerem auch viel Gutes und Schönes dabei ist. Mit Gott kommt eine erweiterte Sicht in unser Leben; wir lernen da, unser Leben nicht allein an äußeren Erfolgen zu bewerten, sondern danach, was uns erfüllt.

Es gibt erfülltes Leben trotz mancher unerfüllter Wünsche. Denn auch das Schwere, das für uns Unbegreifliche, kann uns helfen, innerlich zu wachsen und zu reifen.

Ich möchte mit einem Gedicht von Julius Storm schließen.

„Über Nacht, über Nacht, kommen Freud und Leid,
und eh du/s gedacht, verlassen dich beid.
und gehen, dem Herr zu sagen, wie du sie getragen.“

Samstag, 31.12-2011

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

als ich die beiden Konfirmandinnen, die ich derzeit unterrichte, danach fragte, wie sie sich Gott und sein Wirken vorstellen, antworteten sie: Gott sei eine Art Schutzengel, der die Menschen begleitet.

In ähnlicher Weise hat dies auch Dietrich Bonhoeffer ausgedrückt in seinem Gedicht „Von guten Mächten“. Bonhoeffer hat diese Gedicht an der Wende vom alten zum neuen Jahr geschrieben, an der Wende von 1944 auf 1945, die für ihn die letzte sein sollte. Ich möchte dieses Gedicht in Auszügen wiedergeben.

Das Gedicht beginnt mit der Strophe: „Von guten Mächten treu und still umgeben, behütet und getröstet wunderbar, so will ich diese Tage mit euch leben und mit euch gehen in ein neues Jahr“

In diesem Vertrauen können wir heute am letzten Tag im Jahr getrost Rückblick und Ausblick halten. Das tut Bonhoeffer in dem Gedicht, das sieben Strophen enthält. Er bringt vor Gott, was ihn im zurückliegenden Jahr quält, um Heilung bei ihm zu suchen: „Noch will das alte unsre Herzen quälen, noch drückt uns böser Sorgen Last, ach, Herr, gib unsern aufgescheuchten Seelen das Heil, für das du uns bereitet hast.“

Im Gott überlassen, was uns belastet, werden wir frei. Wir bekommen da die Kraft, um neue Herausforderungen anzunehmen.

Beides, Freud und Leid, die im kommenden Jahr möglicherweise auf uns warten, überlässt Dietrich Bonhoeffer in den weiteren Strophen Gottes „guter und geliebten Hand“ Er hält daran fest, dass Gottes Licht in der Nacht scheint.

Das Gedicht schließt mit der vielen vertrauten Strophe, an die auch wir uns halten können, was immer auch das kommende Jahr für uns bereithält.
„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Abschluss des alten und einen guten Übergang ins neue Jahr. Wir können darauf vertrauen, dass Gott im Jahr 2012 mit uns ist am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.


Sonntag, 01.01-2011

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

heute am Neujahrsmorgen möchte ich Sie grüßen mit einem Neujahrsgedicht, mit dem wir gelassen ins Neue Jahr gehen können, was immer es auch für uns bringen mag.

Das Gedicht stammt von Eduard Mörike, der im 19.Jahrhundert gelebt hat und Gemeindepfarrer in Württemberg war. Als Dichter konnte er sich mehr entfalten, was ihm im kirchlichen Dienst weniger gelang. Sein Neujahrsgedicht kann uns zur Predigt werden, für Gott empfänglich machen, wenn wir dafür offen sind.

In dem Gedicht versucht Mörike auf poetische Weise auszusagen, was sich unserer Alltagssprache entzieht.
„Wie heimlicher Weise ein Engelein leise mit rosigen Füßen, die Erde betritt, so nahte der Morgen.

Jauchzt ihm, ihr Frommen, ein heilig Willkommen, ein heilig Willkommen! Herz, jauchze du mit!

In diesem Gewahrwerden des ersten Tags im neuen Jahr, der mit Freude begrüßt wird, blickt Mörike auf das, was kommt. Er tut es im Vertrauen auf Gott, der mit uns geht und uns Weggeleit gibt.
„In Ihm sei/s begonnen, der Monde und Sonnen an blauen Gezelten des Himmels bewegt. Du, Vater, du rate! Lenke du und wende! Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt!

Wo wir so im Vertrauen auf Gottes gute Führung ins Neue Jahr gehen, da können wir unser ganzes Leben wie es war und wie es ist, getrost in Gottes Hände legen und mit dem Dichter sprechen:

„Herr, dir in die Hände sei Anfang und Ende, sei alles gelegt..“
Ich möchte dazu abschließend ein kurzes Gebet von Eduard Mörike anfügen:

„Herr, schicke, was du willt ein Liebes oder Leides.
Ich bin vergnügt, dass beides aus deinen Händen quillt. Wollest mit Freuden, wollest mit Leiden mich nicht überschütten. Doch in der Mitten liegt holdes Bescheiden.“

In diesem Sinn wünsche ich mir und Ihnen einen guten Beginn und Gottes Segen im Jahr 2012.

Infos unter:

Erstellt am: 01.01.2012 01:22 Uhr

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