Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Letzter Tag im Juli, einem der beiden Hauptferienmonate des Jahres, verehrte Schwestern und Brüder. Es ist eine Zeit, in der viele Menschen an fremde Orte reisen. Zum Beispiel in die Natur. In den Schwarzwald, die Schwäbische Alb, den Harz oder die Heide, die Mecklenburger Seenplatten oder auch den Bayrischen Wald – aber auch weiter weg: in die Wälder Skandinaviens oder die weiten Steppen Osteuropas. Orte, wo nicht viel mehr zu finden ist, außer der Natur. Warum treibt es so viele Menschen in den Ferien hinaus?Das scheint umso erstaunlicher als wir in der Regel viel Zeit drinnen verbringen. Im Büro, im Haus, in Zimmern. Wir schützen uns gut vor Regen und Kälte, vor zu viel Sonne oder heftigem Wind. Und manchmal sorgen wir mit einer Klimaanlage für gleiche Temperatur in unseren vier Wänden. Warum also dann hinaus in die Natur?
Zumal die Natur nicht immer romantisch ist. Beim Picknick können neuerdings Zecken gefährlich werden oder man wird durch Stechmücken malträtiert; beim Fahrradfahren ist das Wetter launisch. Noch extremer ist die Natur in anderen Regionen: in der Wüste ist es heiß und unwirtlich, in der Steppe bietet kaum ein Strauch Schutz vor beißendem Wind. Warum also in die Natur?
In der Antike und im Mittelalter sahen die Menschen die Natur so an. Die Natur war das Buch Gottes. Wer die Natur kannte, las im Buch Gottes. Heute sehen wir die Natur anders an – mit naturwissenschaftlichem Hintergrund. Wir können sie erklären. Die Natur wurde entzaubert. Was aber treibt uns dann hinaus in die Natur?
Ich erlebe Natur so: Auch wenn ich sie erklären und deuten kann, die Natur bleibt mir irgendwie fremd. Sie überrascht mich immer wieder aufs Neue. Zeigt mir Seiten, die ich bisher nicht kannte. Eine besondere Wolkenformation, ein vom Blitz getroffener Baum, ein sonderbar gezacktes Blatt, ein ungewöhnlich gepunktetes Insekt. Immer wieder versetzt mich die Natur ins Staunen. Ein Staunen, das ich aus den eigenen vier Wänden kaum noch kenne. Ein Staunen, das mich ahnen lässt, was man früher „das Buch Gottes“ genannt hat. Und staunend erfahre ich auch etwas über mich selbst. Ich erfahre mich als lebendig, als Mitgeschöpf und Teil der Natur.
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Erstellt am: 16.08.2013 13:08 Uhr