Zündfunke, 01.08.13

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Erster Tag im August, verehrte Schwestern und Brüder, einem der beiden Hauptferienmonate des Jahres. Eine Zeit, in der viele Menschen an fremde Orte reisen. Zum Beispiel hierher – auf eine Insel. Oder noch besser: Auf eine einsame Insel. Ein langer, weißer Sandstrand, Palmen, Sonne pur. Ein Traum von Urlaub. Aber was zieht denn Menschen auf eine solche Insel?Ich würde mal behaupten, um endlich einmal Ruhe zu haben. So nützlich viele Dinge des Alltags sind, der Computer und das Telefon, der Fernseher und das Handy, sie alle sind doch auch extrem lästig. Sie belästigen mich im wahrsten Sinne des Wortes, denn sie wollen etwas von mir. Und wenn sie nur sagen: Du musst noch einen Text schreiben. Oder: Du musst noch jemanden anrufen. Oder: Du musst noch eine wichtige Sendung sehen. Der Alltag und seine Geräte zerren an mir herum.
Da liefert so eine einsame Insel ein Gegenbild. Die Insel will nichts von mir. Auf der Insel will niemand etwas von mir. Die Insel ist Abbild für die Sehnsucht eben keine Verpflichtungen, keine Termine, keine Hektik und keinen Stress mehr zu haben. Paradiesisch leben. Einfach nur leben – hier und jetzt.
Ein faszinierendes Bild. Ein Bild, das auch das Christentum kennt. Es sind viele Jahrhunderte lang Mönche und Nonnen gewesen, die ein Leben im Hier und Jetzt vorgemacht haben. In einem abgeschiedenen Kloster, einer einsamen Klause im Wald, lebten sie abseits des Getriebes der Städte, der Hektik der Fabriken und Büros. Sie lebten auf Inseln – mitten in der Welt. Aber sie gingen nicht in die Einsamkeit, um einfach so abzuschalten, um sich abzuschotten. Sie lebten abgeschieden, damit sie freier und offener werden konnten: für Gott.
Das macht mich auf einen spannenden Umstand aufmerksam: Auf die einsame Insel gehe ich, um frei von vielen Dingen zu werden. Die Einsiedler, die Mönche und Nonnen sind in die Einsamkeit gegangen, um frei für etwas zu werden: für Gott.
Und ich frage mich: Reicht es, dass ich frei von etwas werde? Dann wäre die einsame Insel nichts anderes als eine Zuflucht. Ein Fluchtpunkt, der mich schützt, vor den Aufgaben, denen ich doch nicht ausweichen kann. Das ist viel – aber ich glaube letztlich zu wenig. Denn es reicht nicht aus, nur vor etwas zu fliehen. Ich muss auch wissen, wohin ich fliehe, wofür diese Flucht tauglich ist. Ich muss mir die Frage beantworten: Wofür kann ich frei werden – auf einer wirklich einsamen Insel?

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Erstellt am: 16.08.2013 13:08 Uhr

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