Zündfunke, Montag 18.03.13

Andrea Bolz, Deutschsprachige Katholische Gemeinde, Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!

Vor allem verliere nie die Lust am Gehen! Diesen Ratschlag und Wunsch gab der dänische Schriftsteller Sören Kierkegaard einem Freund mit auf den Weg. Lust am Gehen? Lust an der alltäglichsten Bewegung?

Einen Fuß vom Boden lösen, das Gewicht verlagern und ein bisschen aus dem Gleichgewicht kommen, den Fuß nach vorne schwingen lassen und wieder aufsetzen, den Boden wieder spüren und sich von ihm tragen lassen.
Ich bin immer wieder fasziniert, wenn ich beobachten kann, wie ein kleines Kind gehen lernt. Irgendwann fängt es an, richtet sich auf und will unter allen Umständen den aufrechten Gang lernen, übt unermüdlich, lässt sich nicht entmutigen durchs Stolpern und Hinfallen, steht wieder auf und will gehen und will damit zeigen, dass es gehen kann. Lust am Gehen ist Lust am Leben. Jetzt kann es ganz anders die Welt erkunden und erhobenen Hauptes auf die Anderen zugehen. Kann sein, dass das Kind die Lust am Gehen wieder verliert, wenn das Gehen verzweckt  und eingeengt wird durch Verbote und Befehle:  „Verhalte dich ruhig! Beeil dich! Komm her! Sei vorsichtig! Hier geht’s lang“!
Und trotzdem findet jeder seine ganz eigene, typische Weise zu gehen. Unser Gang ist so einzigartig wie unser Fingerabdruck. Oft schon von weitem, lange bevor man das Gesicht wahrnehmen kann, kann man Menschen an ihrem Gang erkennen. Und unser Gang verrät immer auch etwas über unseren Charakter, über unsere Stimmung und über unser Verhältnis zur Umgebung. Der eine zeigt: Hoppla, hier komm ich, macht Platz. Wo ist der rote Teppich? Ein anderer macht sich klein: Hoffentlich sieht mich keiner und spricht mich keiner an.
Wir spüren sofort: Da ist jemand in fremder Umgebung, unsicher und suchend. Oder: der fühlt sich hier sicher und wohl, der gehört da hin, vielleicht sogar: das ist sein Revier, da ist er der Chef.
Verliere nie die Lust am Gehen!
Was ich als Kind oft geübt habe, sollte ich immer wieder ausprobieren: auf bekannten Wegen die Augen für ein paar Augenblicke zu schließen, mir die Sonne ins Gesicht scheinen, oder den Wind um die Nase wehen lassen.
Manchmal fällt mir dann ein Gedicht, ein Psalmvers oder ein Gebet ein:
„Gehen kann ich schon – zumindest bis an meine Grenzen.
Aber wenn ich weiter will, Gott, dann brauche ich dich.
Für die Schritte ohne festen Boden schenke mir Mut und Vertrauen.
Dann schaffe ich vielleicht den Weg zu den Anderen, in die offene Zukunft, zu dir.“

Deshalb wünsche ich Ihnen: Verlieren Sie nie die Lust am Gehen!

Infos unter:

Erstellt am: 18.03.2013 18:53 Uhr

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