Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Von gestern sein“, liebe Schwestern und Brüder, das ist eine Redewendung aus der Bibel (Hiob 8,9). Da beklagt sich einer, dass das Leben ihm übel mitgespielt hat: Verzweifelt sitzt er da und fühlt sich ganz allein gelassen in seinem Unglück. Da sagt ihm ein Freund: „Du bist nicht der einzige Mensch auf der Welt und nicht der erste, dem es schlecht geht. Wir sind alle von gestern her. Was wir heute erleben, das hat sich über eine lange Zeit entwickelt. Darum frag die früheren Generationen und merke dir, was sie vom Leben wussten.“
Heute scheint mir das fast ein veralteter Vorschlag zu sein. Wo wir doch alle nicht von gestern sein wollen, sondern modern und an der Zukunft orientiert. Was interessiert uns da das vorgestern oder gar das vor-vorgestern? Aber wenn ich es mir genau überlege, ist da doch was Wahres dran. Ich denke jetzt nur mal an die Kinderlieder, die wir mit unseren Kindern gesungen haben. Die hatten ja nicht wir erfunden, sondern die haben teilweise schon unsere Eltern mit uns gesungen und deren Eltern mit ihnen. Oder ich denke an die vielen biblischen Geschichten: Von Abraham und Sara, die in ein fremdes Land aufbrechen und dort endlich das Kind bekommen, das sie sich so sehr gewünscht haben; von Mose, der die Israeliten aus der Sklaverei geführt und von Jesus, der so vielen Menschen geholfen hat, ein neues Leben anzufangen. Das ist ja alles nicht von heute und auch nicht von gestern. Endlos lange sind diese Erzählungen bereits her – und: trotzdem sind sie heute noch aktuell. Bis heute erzählen sie davon, dass Gott Gutes für uns Menschen will. Dass er unser Leben verändern kann, wo wir selber nichts mehr tun können.
Gerade darum ist es aber so wichtig, sich zu erinnern, an das, was früher war. Um zu merken: was heute ist, das ist nicht alles. Das Leben war nicht schon immer so, wie es jetzt ist. Da gab es viel schlimmere Zeiten – mit Krieg und Verfolgung – aber auch gute Zeiten in Frieden und mit viel Hoffnung. Immer haben Menschen einander beigestanden und neu anfangen können. Und durch alle Zeit hindurch gab es die Erinnerung an das, was früher war und daran, wie das Leben sein soll.
Ich will nicht von gestern sein, so wie wir es heute meinen. Also keine Ahnung von dem
haben, was heute wichtig ist. Aber das Gestern und vorgestern kennen, unsere Geschichte und die Geschichten unserer Vorfahren, bis hin zur Bibel, das will ich schon. Von den Erfahrungen der Menschen vor mir einfach profitieren und sie weitersagen. Damit unsere Kinder und Enkel hören, wie gut das Leben sein kann. Und es dann vielleicht ihren Kindern genauso weitersagen.
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Erstellt am: 23.01.2013 19:28 Uhr
