07. Oktober 2012 – Puerto de la Cruz

PREDIGT ZUM ERNTEDANKFEST von Pfarrer Klaus Schumacher
Liebe Gemeinde!
Wir haben unseren Gottesdienst mit Psalm 104 begonnen. Der Beter erinnert daran, wie wichtig Wasser ist. Menschen aus Israel wußten dies schon immer. Wir entdecken dies heute ebenfalls wieder. Auch auf Teneriffa weiß man um das Problem Wasser seit Alters her. M.W. gab und gibt es hier besondere Rechte, die ich bis heute nicht durchschaut habe. Es ist nicht selbstverständlich, daß eine Wasserleitung gutes und gesundes Wasser liefert. Immerhin geschieht in unserer Zeit so viel unverantwortliches, daß sogar die Wissenschaftler, die oft pessimistisch, aber auch immer wieder optimistisch in die Zukunft blicken, nun warnend ihre Stimme erheben.

Auffällig in Psalm 104 ist, daß Tiere und Pflanzen zuerst genannt werden. Wir können eben nur dann menschlich leben, wenn wir uns im Gesamtzusammenhang der Schöpfung erleben. Die Natur ist kein Supermarkt, in dem wir uns ohne Kosten und ohne Rücksicht auf die Mitgeschöpfe bedienen dürfen. Wenn wir aber mit der Schöpfung leben, dann hält sie für uns alles bereit, was wir brauchen. Dann ist auch unser Tisch überreich und nicht bloß mit dem Nötigsten gedeckt. Dann gibt es sogar Augenblicke, in denen der Fluch des Anfangs, daß wir nur im Schweiße unseres Angesichtes unser Brot essen sollen, daß wir also arbeiten müssen für das, was wir zum Leben nötig haben, durchbrochen wird. Dann gibt es auch Zeiten der Freude an der Schöpfung.

Wir sind total von Gott abhängig. Wir können zwar viel zerstören, vielleicht sogar alles -, wir können aber nicht mit Gewalt herbeizwingen, daß die Natur ihre Schatzkammern öffnet, wenn es dem willen des Schöpfers nicht entspricht.

Manchmal scheint es zwar so, als könnten wir an die Stelle des Schöpfers treten, als bräuchten wir ihn nicht mehr. Ich erinnere deshalb an die Gentechnik. Es ist gut, wenn wir den Wissenschaftlern dabei auf die Finger schauen und gegebenenfalls auf die Finger klopfen, bevor es zu spät ist. Und es ist gut, wenn wir uns nicht von Sprüchen wie „genmanipulierte Tomaten sind knackiger“ betören lassen. Und dann die Vergiftung der Natur mit Herbiziden und Pestiziden. Ich kann das alles natürlich nur anreißen.

Ich denke an die Massentierhaltung, die sicher nicht natürlich und tiergerecht ist und immer wieder mit Recht die Tierschützer auf den Plan ruft. Ich denke daran, wie Tiere unter unmenschlichen Bedingungen hin und her transportiert werden, so daß ein hoher Prozentsatz nicht einmal lebend ankommt. Dahin führt es, wenn wir uns nicht mehr darum kümmern, wer der Geber aller guten Gaben ist.

Der Beter des Psalms sagt richtig, dass Gott geben, aber auch sein Angesicht verbergen kann. – Ich denke, daß diese Seite Gottes uns so unheimlich ist, daß wir alle Kraft daransetzen, unabhängig zu werden. Wir haben aber in Wirklichkeit überhaupt keinen Grund zur Furcht.

Gott hat uns nicht geschaffen, um uns zu verderben. Er steht auf unserer Seite. Die Bibel bringt Beispiele, die uns die Güte Gottes zeigen. Wir könne uns heute auch nicht beklagen, besonders nicht an diesem Tag, wenn wir daran denken, wie reich in diesem Jahr wieder unser Tisch gedeckt worden ist. Wir können uns erst recht nicht beklagen, wenn wir daran denken, was Gott getan hat, um uns für Zeit und Ewigkeit zu retten.
Wir haben keinen Grund zur Klage. Immerhin wird in Jesus besonders deutlich, dass Gott an seiner Schöpfung gelegen ist. Jesus hat sich auch um körperliche Leiden der Menschen gekümmert und nicht den Gedanken aufkommen lassen, als käme es ihm allein auf die Seelen der Menschen an, daß diese gerettet werden.

Deshalb fängt der Psalm 104 an: Lobe den Herrn, meine Seele! Und mit den gleichen Worten schließt er auch. Es gibt Grund genug, Gott zu loben. Davon sprechen die beiden Verse, die unser Predigttext für diesen Tag sind. Wir dürfen alle Gaben annehmen. Wir nehmen sie aber nur dann so an, daß wir den Segen der Gaben empfangen, wenn wir Gott die Ehre geben.

Zu allen Zeiten hat es Leute gegeben, die sagten: Wer Christ sein will, der darf bestimmte Dinge nicht tun. Sicher gilt es, Grenzen zu akzeptieren – auch für mich selbst zu etablieren. Es bleibt aber dabei:
Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut! Ist aber alles, was wir vorfinden, so aus der Schöpferhand Gottes hervorgegangen?
Von Genmanipulationen haben wir gesprochen. Welche Berge von nicht entsorgbarem Müll produzieren wir Tag für Tag! Nicht nur, daß unsere Mülltonnen überquellen, nicht nur, daß eine Flut von Papier bedruckt und unaufgefordert in unsere Häuser gebracht wird, so daß die blaue Tonne überquillt. Täglich sterben dafür ganze Urwälder, die in den armen Ländern abgeholzt werden, um Devisen zu bringen. Die chemische Industrie und die Kernenergiewirtschaft produzieren derart unvorstellbare Mengen von Giftmüll, der unsere Umwelt belastet, daß uns die Haare zu Berge stehen müßten. Und niemand weiß so recht, wie sie endgelagert werden können, ohne daß irgendwann das Grundwasser verseucht und damit unsere Versorgung mit Trinkwasser radikal gefährdet wird.

Vor Jahren haben wir dabei ruhig geschlafen. Wir haben es nicht gewußt und nicht verstanden, was da geschah. Heute werden wir informiert, welche Folgen unser Tun bis heute gehabt hat und noch haben wird. Da können wir nicht mehr mit gutem Gewissen so weiter machen, als wüßten wir nicht Bescheid.

Immerhin haben wir nur diese eine Welt. Es gibt keine andere für uns. Die Zerstörer unserer Welt fliegen aber mit auf dem gleichen Himmelskörper durch das All. Auch für sie schmelzen die Polkappen.
Was ist das Ziel unseres Arbeitens? Daß wir leben und auch in der Zeit überleben können, wenn die Erde nichts hergibt. Das ist selbstverständlich. Dagegen darf niemand etwas sagen. Daß wir aber Überfluß und Berge von Abfall produzieren, kann nicht gemeint sein mit dem Auftrag, daß wir die Schöpfung bebauen und bewahren sollen.

Wir wissen darüber Bescheid, daß es nicht so weitergehen kann und darf. Möglichkeiten, etwas zu verändern, gibt es. Ich habe keine Ahnung, welche Möglichkeiten praktikabel sind. Wir dürfen uns aber auch nicht von den Fachleuten abhängig machen. Diese haben uns ja auf diese Bahn gebracht. Auch wir selber können jetzt aktuell durch unser Verhalten hier und da etwas dazu beitragen, daß der CO2 Ausstoß nicht ins Unermeßliche wächst. Wenn wir das, was wir planen und tun, durch das Wort Gottes und durch unser Gebet heiligen, wie es in unserem Predigtwort heißt, finden wir auch gute Wege in die Zukunft. Es ist deshalb wichtig, daß wir uns darum bemühen, Gottes Wort kennenzulernen und zu verstehen. Es geht darum, daß wir Gottes Wort in Verbindung bringen mit unserem täglichen Leben. Es ist unumgänglich, daß wir alles daransetzen, Durchblick zu bekommen durch alle wirtschaftlichen und politischen Gegebenheiten. Das alles müssen wir aber beurteilen lernen mit Hilfe des Wortes Gottes. Dies geht nicht, wenn wir nicht dauernd mit Gott im Gespräch bleiben. Das geschieht in unserem Hören auf Gottes Wort und in unserem Beten.

Heute wollen wir uns miteinander freuen über das, was uns an Lebensmöglichkeit in diesem Jahr geschenkt worden ist. Ich denke, daß unser Verhältnis zu Gott nicht in Ordnung ist, wenn wir nur mit schlechten Gewissen unsere Ernte einbringen. Es ist richtig, dass wir nicht mehr wert sind als die vielen Menschen, denen es nicht so gut geht wie uns. Das heißt aber doch nicht, daß wir uns über das, was wir bekommen haben, nicht freuen dürften.

Ein schlechtes Gewissen müssen wir nur dann haben, wenn unsere Herzen verhärtet sind, wenn wir über der Not der Vielen zur Tagesordnung übergehen oder glauben, dass wir selbst alles mit unserer eigenen Kraft erarbeitet haben. Vielleicht lassen wir uns von der Lied inspirieren, das wir gleich singen werden. Hier heißt es: Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn! In vielen Familien ist das Tischgebet verloren gegangen.

Erntedanktag könnte zu einem Neubeginn auch diesbezüglich anregen. Wir haben uns nach anfänglichen Bedenken angewöhnt, auch im Restaurant ein Tischgebet zu sprechen.

Früher gab es einen guten Brauch, daß die Christen der Gemeinde eine Erntedankgabe für diakonische Aufgaben abgaben. Letzten Sonntag habe ich im Gottesdienst gehört, dass Ihr etwas ähnliches für heute erwartet. Bei uns zu Hause gab es immer eine Erntedankgabe für ein Kinderheim. Dieser Brauch hat sich bei uns verloren. Das ist nicht schlimm, wenn anderes an die Stelle gekommen ist. Der Gedanke, daß es zu unserer persönlichen Verantwortlichkeit gehört, Menschen in Not zu helfen, ist einmal im Raum des Glaubens an Jesus Christus geboren worden. Denn ohne die Liebe zum Nächsten ist unsere Liebe zu Gott unglaubwürdig.
Dieser Gedanke ist von allen möglichen Organisationen außerhalb der Kirche aufgegriffen worden. Ich denke an die Welthungerhilfe und die staatliche Entwicklungshilfe. Dies macht aber unser Engagement im Raum der Kirche nicht überflüssig. Die Not ist groß. Deshalb haben die Kirchen auch noch eigene Hilfswerke. Das ist gut, denn wir Christen haben überall in der Welt Schwestern und Brüder im Glauben, die Mitarbeiter für den Dienst, daß Menschen in Not geholfen wird, sein können. Deshalb haben wir in unserem Kirchenkreis, wo ich zu Hause bin, Verbindung mit Christen in West Papua aufgenommen.

Manchmal denke ich, daß durch unsere Art zu leben die Not in den armen Ländern noch vergrößert wird. Wir beziehen von dort billige Rohstoffe und Energieträger und verkaufen ihnen teure Industrieprodukte, die sie nur durch Kredite bezahlen können. Der Schuldendienst für diese Kredite ist inzwischen so hoch, daß diese Länder nur immer noch ärmer werden können und dann der tödliche Handel mit Waffen und Kriegsmaterial!

Unsere Urlaubsreisen in exotische Länder helfen auch nicht an der Stelle, wo es erforderlich ist. Dies alles ist nicht die Art, mit Danksagung aus Gottes Hand zu empfangen, was er geschaffen hat. Vielleicht wenden wir an dieser Stelle ein, dass wir nichts ändern können, weil wir keine Macht haben. Das ist nicht ganz richtig. – Über andere haben wir zwar wenig Macht, über uns selber können wir aber hier und da Macht gewinnen und ausüben. Diese Macht können wir entfalten und in der Weise einsetzen, daß wir kleine Schritte tun in Richtung auf mehr Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung. Ich denke, daß wir dann auch Freude empfinden können über das, was wir geschenkt bekommen haben.

Wir beten:
Vater im Himmel! wir danken die für alles, was wir aus deiner Hand empfangen haben. wir danken dir, daß du uns Lebensmöglichkeit geschenkt hast. Hilf uns, daß wir an unserem Platz dafür sorgen, daß Menschen aus Not befreit werden. Hilf uns, daß wir an unserer Stelle mit dafür sorgen, daß die Schöpfung Gottes bewahrt wird.
Amen.

Infos unter:

Erstellt am: 08.10.2012 18:58 Uhr

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