Andrea Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder! Wir finden doch täglich irgendetwas oder irgendjemand, an dem wir etwas auszusetzen haben. Sei es der Lärm der jungen Leute auf der Straße, eine Eigenart des Nachbarn und, sowieso, die Zeit, in der wir leben, ist eben nicht mehr die, die sie einmal war. Selten begegnen uns Menschen, die von sich aus sagen, ja, mir geht es gut, es ist schön und gut so, wie es ist. Wir Menschen, und ganz besonders wir Deutschen, neigen dazu, ein Glas immer als halbleer anstatt als halbvoll zu betrachten. Unzufriedenheit über dies und jenes ist überall zu spüren, ob zu Recht oder nicht, das will ich hier nicht in den Vordergrund stellen. Aber ich spüre doch eine Tendenz: Man lässt am anderen kein gutes Haar. Neid und Missgunst sind bei vielen Menschen ständige Begleiter. Der Tag der Deutschen Einheit ist auch wieder so ein Tag, an dem viele in Erinnerungen schwelgen, und vieles hinterfragen. Die Zeiten ändern sich nun mal, und wir Menschen haben die Aufgabe, uns den Fragen der Zeit zu stellen; die Chancen der veränderten Zeiten zu erkennen und wahrzunehmen. Durchaus haben wir das Recht, Kritik zu üben, und dies auch kundzutun. Aber, wenn unser Alltag nur noch aus Vorwürfen, Ablehnung, Nörgelei und Gemeckere besteht, dann wird es für uns schwer werden, die Möglichkeiten zu erkennen, die sich durch manche Veränderung im Laufe der Zeit ergeben.
Als Jesus auf dem Weg nach Jerusalem war, um dort mit seinen Freunden das Passahfest zu feiern, und er in die Nähe der Stadt kann, musste er eine ähnliche Stimmung gefühlt haben. Wie käme sonst der Evangelist Lukas auf die Idee uns folgende Worte von Jesus zu überliefern, die er beim Anblick der Stadt Jerusalem ausgesprochen hat: „Wenn doch auch du an diesem Tage erkannt hättest, was zu deinem Frieden ist!“
Zuviel Selbstmitleid, Grübeln und Hinterfragen hindert uns immer wieder am Vorwärtsblicken und Aufwärtsschauen. Dass es in einem Leben Rückschläge zu verkraften gibt, dass nicht alles glatt läuft, ist normal. Im Umgang mit solchen Widrigkeiten aber erkennt man die Größe und die Weitsichtigkeit eines Einzelnen. Daran ist zu spüren, ob ich meine Kritik, meine Zweifel als Chance zur Verbesserung sehe und sie auch nutze. Als eine Chance mein Leben in meinem gefundenen inneren Frieden zu leben, der sich auswirkt in meine nicht immer friedfertige Umgebung.
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Erstellt am: 03.10.2012 18:38 Uhr
