Zündfunke

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Montag, 07.11.11:
Einen wunderschönen guten Morgen!
Kennen Sie den Spruch: „Pfarrers Kinder, Müllers Vieh, geraten selten oder nie.“ Es ist eine Volksweisheit, die die Erfahrung zum Ausdruck bringt, dass aus den besten Familien häufig die schwierigsten Kinder kommen können. Die erstaunte Frage lautet dann: „Von wem er das wohl hat?“ Und die Antwort liegt ebenso leicht auf der Hand: „Von irgendjemand muss er es ja haben.“ Vielleicht ist ja die zur Schau gestellte gute Bürgerlichkeit der Familie nur eine Fassade; wer weiß, was dahinter steckt?
Oder vielleicht haben es die Eltern ja auch übertrieben. Sind es nicht die gerade die besonders frommen Eltern, die ihren Kindern das Interesse an Kirche und Religion ein für allemal durch ihre eigene Frömmelei ausgetrieben haben?
Gerade das aktuelle öffentliche Interesse an der Familie im deutschsprachigen Raum, sieht ebenfalls einen sehr engen Zusammenhang zwischen dem Leben der Eltern und dem, was aus ihren Kindern wird. Zu biblischer Zeit gab es das verbreitete Sprichwort: Die Väter haben saure Trauben gegessen und den Söhnen werden die Zähne stumpf. Ganz offensichtlich eine weitere Bestätigung der These, dass das Handeln der Eltern darüber entscheidet, was aus den Kindern wird. Doch ganz so einfach ist es dann aber offenbar doch nicht. Denn die Propheten Jeremia und Ezechiel wenden sich schon sehr frühzeitig gegen genau dieses Sprichwort. Ja, Ezechiel verbietet sogar im Namen Gottes dessen Gebrauch. Er unterstreicht vielmehr, dass aus der Sicht Gottes jede und jeder für sich selbst verantwortlich ist. Weder muss der Vater für die Schuld des Sohnes gerade stehen, noch trägt der Sohn Verantwortung für das Verhalten oder auch die Fehler des Vaters.
Diese biblische Kritik an einer allzu schnellen Verknüpfung von elterlichem Handeln und kindlichem Verhalten kann vor Einseitigkeiten schützen. Natürlich hat das Elternhaus prägenden Einfluss auf die Kinder und auch die entsprechende Verantwortung. Vieles wird auch schon bei der Geburt des Kindes genetisch vorgegeben und vieles durch elterliche Verhaltensweisen weitergegeben. Doch zugleich gilt eben auch, dass jede Generation ihr eigenes Leben lebt und dass der Einfluss der Eltern auf ihre Kinder häufig weitaus geringer ist als mancher Berufspädagoge oder Politiker sich das so vorstellt. Und das ist auch gut so. Jede Generation braucht nämlich ihre eigene Chance, trotz elterlicher Prägung. Und Eltern müssen sich umgekehrt nicht bis ins hohe Alter für alles grämen oder verantwortlich fühlen, was ihre Kinder aktuell so anrichten. Gott sei Dank werden den Söhnen nicht zwangsläufig die Zähne stumpf von den sauren Trauben der Väter.

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Erstellt am: 07.11.2011 05:28 Uhr

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