Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Sonntag, 25.12.2011:
Einen frohen Weihnachtsmorgen wünsch ich Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer!
Von den Hirten heißt es im Weihnachtsevangelium: „Sie eilten hin, das Kind in der Krippe zu schauen!“ Und was sehen sie? „Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag“. Was hat das aber mit Gott zu tun? Kann Gott sich so sehen lassen? Ja, er zeigt sein wahres Gesicht. Er begegnet uns in Augenhöhe – von Mensch zu Mensch. Ein hilfloses Kind ist nicht unbedingt ein überwältigender Gottesbeweis; für viele schon eher eine Zumutung. Und doch: Gott war uns nie näher. All denen, die selbst hilflos sind und angewiesen auf Schutz und Wärme; all denen, die leicht übersehen werden und an denen man möglichst schnell vorbeigehen will. Gott begegnet uns im Alltag – das haben die Hirten begriffen. Und noch etwas haben sie begriffen, weshalb ich eigentlich gerne mit ihnen gehen und von ihnen lernen möchte. Sie haben begriffen, dass kleine Schritte oft weit mehr bringen als große und salbungsvolle Worte. Ich möchte mich von ihnen bewegen lassen. Bewegung, das ist etwas anderes als „Sitzung“. Sitzungen – gerade in der Kirche – beschäftigen die Menschen stundenlang. Und bei all den quälenden Endlosdiskussionen wird man dann oft den Eindruck nicht los: Es bewegt sich nichts. Bringt uns die Weihnachtsbotschaft auf die Beine? Bringt sie uns hin zu anderen Menschen?
Wir können von den Hirten lernen, dass es darauf ankommt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Sie geben den Fall nicht an eine Kommission weiter. Die hätte getagt, dann wären Ausschüsse gebildet worden und man hätte wieder getagt und schließlich hätte die Kommission die Heilige Nacht vertagt – oder auch verschlafen. So nicht! Die Hirten wissen sich selbst gerufen und gefordert. Was sie hören, das erzählen sie weiter. Sie werden zu Boten der Botschaft, die sie empfangen haben. Sie, die ganz einfachen Leute, die Nicht-Studierten, die Laien – sie sind die ersten Boten des Weihnachtsevangeliums in ihrer Alltagswelt. Gott braucht Zeugen, die mit ihrer Glaubenserfahrung nicht hinterm Berg halten. Also – erzählen wir, was wir glaubend erleben!
Das „Gefühl wie Weihnachten“ bringt uns auf Spuren, die weit über uns selbst hinausweisen. Aber auch der schönste und spannendste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Den müssen wir selbst tun, hinein in unsere alltägliche Welt. Dort ist unser Platz, dort sind wir gerufen; aber eben nicht so, als sei nichts geschehen. Aus den Hirten sind keine Könige geworden, und doch hat sich bei ihnen etwas getan, wie bei Menschen, die dem Leben auf die Spur gekommen sind – durch dieses kleine Kind in der Krippe. In ihm schenkt Gott uns allen einen neuen Anfang. Wir sind nicht am Ende, weder mit der Welt noch mit der Kirche, noch mit uns selbst – mit niemandem. Wir können anfangen!
Ein gesegnetes und einen neuen Anfang setzendes Weihnachtsfest wünsch ich ihnen von ganzem Herzen.
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Erstellt am: 25.12.2011 08:49 Uhr