Andrea Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho beschreibt in seinem Buch über den Jakobsweg folgende spirituelle Übung: (S.54)
„Gehe 20 Minuten lang halb so schnell wie gewöhnlich. Achte auf alle Details, auf die Leute und die Landschaft um dich herum“.
Diese Übung soll man nach dem Rat von Coelho nach dem Mittagessen machen, und die Übung sieben Tage nacheinander wiederholen.
Was aber soll mir eine solche Übung bringen? Etwas halb so schnell zu machen, wie gewöhnlich, ich habe meine Zeit doch nicht gestohlen. Meine Zeit ist kostbar. Mein Tag ist genau eingeteilt, um alles bewältigen zu können was es zu erledigen gibt. Warum also Zeit verschenken?
Wenn ich mich mit einer solchen Einstellung an diese Übung mache, wird sie mich ziemlich durcheinander wirbeln. Ich werde eben nicht entspannt und gelöst in meinen Alltag zurückkehren. Der Sinn und der Zweck einer solchen Verhaltensweise ist das bewusste Wahrnehmen der Umgebung um mich herum. Und das kann und muss man heute, glaube ich, wieder trainieren. Eine solche Übung kann da durchaus hilfreich sein. Ich mache jetzt etwas, und bin aber mit meinen Gedanken schon wieder beim nächsten oder übernächsten Punkt der Tagesordnung. Ist es nicht genau das, was uns Menschen hindert, bewusst zu leben und das Leben bewusst zu er – leben?
Jetzt bin ich hier, genau mit diesem Menschen, er oder sie sind jetzt im Mittelpunkt, und meine Gedanken sind auch hier. Das ist es, was menschliche Beziehungen brauchen. Ich nehme mir vor, meine jetzt zu erledigende Arbeit bewusst zu tun, nicht immer schon zwei oder drei Schritte voraus zu denken. Denn das hindert mich im Jetzt zu leben und alles um mich herum aufzunehmen, und auf mein Herz, meine Gefühle und Empfindungen, auf meine Gesundheit zu achten und zu hören.
Kein einfacher Weg, aber gehenswert. Vielleicht tut es uns gut, langsam zu beginnen, warum nicht mit 20 Minuten nach dem Mittagessen, und diese Erfahrung, die wir dabei machen können, mit in unseren Alltag zu nehmen, damit wir am Ende gar nicht mehr merken, oder spüren, dass wir eine sogenannte Übung machen, sondern das bewusste Wahrnehmen so verinnerlicht haben, dass wir 24 Stunden am Tag unser Leben bewusst erleben.
In diesem Sinne wünsche ich ihnen einen bewusst gelebten Tag!
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Erstellt am: 23.01.2012 18:57 Uhr