Gemeindereferentin Andrea Bolz
Deutschsprachige Katholische Gemeinde Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
Zu einem jüdischen Rabbi kommt ein Besucher und sagt zu ihm: ich gebe dir einen Gulden, wenn du mir sagst, wo Gott wohnt. Darauf entgegnet ihm der Rabbi: Und ich gebe dir zwei Gulden, wenn du mir sagst, wo Gott nicht wohnt. Das scheint verblüffend einfach, ist es aber nicht. Deshalb gibt es auch noch die andere Geschichte. Ein Rabbi überrascht seine Freunde, die er bei sich zu Hause als Gäste eingeladen hat, mit der Frage: Könnt ihr mir sagen, wo Gott wohnt? Darauf beginnen die Freunde zu lachen: Was soll die Frage, du weißt doch, dass Gottes Herrlichkeit überall ist. Aber der Rabbi entgegnet darauf: Gott wohnt dort, wo man ihn einlässt.
Die beiden Geschichten beschreiben nur scheinbar einen Gegensatz. Für gläubige Juden und überzeugte Christen ist Gott überall; in der Schöpfung, in der Geschichte, in jedem Menschen, in unserem Alltag und Leben ist er wirksam. Aber das ist ein Glaubenssatz, dessen Realität man im täglichen Leben nicht immer erfahren kann. Deshalb fragen wir nach ihm, wir suchen ihn: wo ist Gott? Und nur dort, wo wir ihn einlassen, in unser Leben, in unser Handeln, nur dort, wo wir mit ihm rechnen, wo er unser Gewissen bestimmt und wir ihn anreden: „Unser Vater“; nur dort können wir ihn spüren. Obwohl Gott immer da ist, auch dann, wenn wir ihn nicht erfahren. Aber er überfällt uns nicht wie ein Eroberer, der unser Leben besetzt, ob wir wollen oder nicht. Sondern er möchte bei uns willkommen sein, so willkommen, dass wir ihn gerne über unser Leben bestimmen lassen.
In einer biblischen Erzählung um Jesus wird eine Szene geschildert, in der Jesus von den frommen Juden gefragt wird, wie Gottes Herrschaft zu sehen und seine Gegenwart zu spüren ist, wann wir Gott begegnen. Jesu Antwort darauf ist ganz einfach: Gottes Herrschaft ist mitten unter euch. Damit kann gemeint sein, Gott sei nur in unserem Herzen, tief in unserem Innern, in unserem Gefühl zu finden und wir müssen uns ganz hinein versenken in uns. Damit kann auch gemeint sein, Gott sei im Gottesdienst unter uns und immer dort, wo wir von ihm reden, ihn bekennen und zu ihm beten. Gott ist mitten unter uns, das heißt auch, dass man ihm dort begegnet, wo man seine Worte, die Worte der Bibel hört und danach handelt. Also die Worte, mit denen Jesus alle Menschen,aber ganz besonders die, die am Rand der Gesellschaft lebten, die Leidenden und Traurigen, eingeladen hat. Gott ist dort unter uns, wo man mit ihm rechnet, zu ihm bittet und klagt. Aber er ist auch da, wenn ich ihn nicht spüre, denn er ist immer mitten unter uns.
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Erstellt am: 15.02.2012 01:21 Uhr