Züdfunke, Freitag 16.03.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Manchmal hab ich schon so für mich gedacht, liebe Schwestern und Brüder, man müsste in Drachenblut baden können, so wie einst Siegfried in der Nibelungensage. Dann wäre man nicht so verletzbar. Oder man müsste ein dickes Fell haben – ähnlich wie der Apostel Paulus, denn den scheint ja wirklich nichts, aber auch gar nichts zu erschüttern. So fragt er im Römerbrief: „Wer will uns scheiden von der Liebe Gottes? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr und Schwert?“ Eine ganze Palette menschlichen Elends zählt Paulus da auf – und unser eigenes Elend der heutigen Tage, das können wir durchaus noch dazu zählen: Arbeitslosigkeit, Terroranschläge, Krieg, Angst vor Krankheiten, Angst vor Verlusten und dem Altwerden.
Und dann schreibt dieser Paulus ganz vollmundig: „Ich bin gewiss, weder Tod noch Leben, weder Engel, noch Mächte, noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch eine andere Kreatur kann uns scheiden von der Liebe Gottes.“
Logisch: Bei der Aufzählung der Leiden, da bin ich schnell mit dabei – und Sie wahrscheinlich auch – oder lieg ich da falsch? Aber wenn ich ehrlich bin, bei dem „ich bin gewiss“, da happert‘s doch ganz gewaltig; da kommen meine ganzen Einwände. So vollmundig wie Paulus jedenfalls, bring ich diesen Satz nicht über meine Lippen. Darum ist es gut, dass es jemanden wie Paulus gibt, der mir so etwas immer wieder neu zusagt: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt: „Und was bitte schön war das für ein Hinweis mit Siegfried zu Beginn deiner Überlegungen?“ Nun – ich habe nicht in Drachenblut gebadet, wie damals Siegfried. Der hatte nur eine Stelle, an der er verletzbar war: Während seines Badens im Drachenblut war ihm ja ein Lindenblatt auf die Schulter gefallen – die einzige Stelle, an der er verwundbar war. Ich dagegen habe weit mehr als nur eine Lindenblattstelle, an der ich Schaden nehmen kann. Ich bin verletzbar am ganzen Körper und auch an meiner Seele. Deshalb hätte ich gern ein Schutzschild um mich herum, damit mir nichts passiert; damit es mir immer gut geht. Oder vielleicht auch ein dickes Fell – aber: ich hab‘s halt nicht. Allerdings sagt Paulus nicht, dass uns nie etwas passieren könnte – er sagt nur: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes.
Vielleicht ergeht es Ihnen ja wie mir: Ich kann das Leiden oder das Zerstörerische nicht an mir abprallen lassen. Ich kann nicht in Drachenblut baden – aber in der Liebe Gottes. Ja, Paulus sagt: Du kannst in der Liebe Gottes baden. Sie macht dich zwar nicht unverwundbar, aber sie macht dich stark. Sie lässt dir zwar kein dickes Fell wachsen, aber eine Haut aus Zuversicht und Hoffnung. Denn: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes – aber auch gar nichts.  

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Erstellt am: 16.03.2012 12:17 Uhr

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