Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder, beim Zündfunken!
Schmallippig und mit mehr als düsterem Blick geistert er seit über 2000 Jahren durch die Menschheitsgeschichte. Sein Name taugt bis zum heutigen Tag fürs Beleidigen. Und wie! Oder haben Sie das noch nie gehört: „Du Judas, du!“ Das heißt so viel wie „Du Verräter! Du Wortbrecher! Du Verleumder! Du Abtrünniger! Du Denunziant!“ Schließlich hat er, Judas – so erzählt es uns die Passionsgeschichte – Jesus an seine Feinde verraten, die ihn dann schließlich kreuzigten. Judas Ischarioth, der Mann aus Kerioth.
Was ich mich schon immer gefragt habe: Wie konnte denn aus dem Freund und Jünger plötzlich ein Todfeind werden? Wie ist das denn möglich, dass Liebe auf einmal in einen tödlichen Hass umschlägt? Kann es sein, dass Judas die Worte Jesu von der „Liebe“ und von der „Barmherzigkeit Gottes“ einfach satt hatte? Dass es ihm einfach zu viel war, was Jesus da von denen verlangte, die ihm nachfolgten?
Erbarmen und Trost – das mochte ja nun noch gut sein für Einzelne, für Kranke oder auch für Behinderte. Aber jetzt waren sie doch in der Hauptstadt. Jetzt galt es, endlich politisch zu handeln und diese verdammten Römer ein für allemal aus der Stadt und aus dem Land zu jagen. Ja, sie alle wollten Jesus endlich eine einflussreiche Position verschaffen, ihm zu einem besonderen Posten verhelfen, damit er endlich andere Strukturen schaffen könnte für eine bessere Gesellschaft und vor allem: all die Günstlinge los zu werden, die doch nur das taten, was die verhassten Römer ihnen angaben. Das Land, ihr Land, sollte ein für allemal wieder den Menschen gehören; und zwar den guten Menschen im Land.
Judas war ein Mann der Tat – sicherlich. Und genau deshalb wollte er auch Taten von Jesus sehen. Halbe Sachen waren nicht sein Ding und große Reden schwingen schon gar nicht. Und vor allem: Was bringt es denn, den Armen erst das Himmelreich auf Erden zu versprechen und dann aber keine Revolution zu machen?
Judas war verliebt in seine Vision von einer besseren Gesellschaft oder wir könnten auch sagen: in seine Sicht der Dinge. Ja, er war darin so verliebt, dass er sogar bereit dafür war, für diese, seine Sichtweise, Menschen zu opfern. Aber genau das wollte Jesus nicht. Er wollte keine Gewalt. Und deshalb war er wohl in den Augen des Judas ein Anpasser und Schwächling.
Sicherlich: Judas hatte dieselben Ziele wie Jesus. Aber er konnte nicht glauben, dass Gott sich auf seine Weise durchsetzen würde. Er wollte alles selbst in die Hand nehmen und dafür war ihm jedes Mittel recht. Und so endete sein Leben wie das vieler Fanatiker und Gewaltherrscher nach ihm – nämlich tragisch. Leidenschaft endet immer dann tödlich, wenn sie den Anderen aus dem Blick verliert. Und dann – dann gibt es auch keine bessere Welt.
Infos unter:
Erstellt am: 03.04.2012 07:00 Uhr
