Zündfunke, Mittwoch 16.05.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Leicht hat sie es nie gehabt, liebe Schwestern und Brüder. Ich meine die Frau, die ich ihnen hier mal als Veronika vorstellen möchte. Ihre Eltern hatten sich eigentlich einen Sohn gewünscht, aber eine Tochter bekommen und ihre Enttäuschung darüber war so groß, dass sie dies Zeit ihres Lebens nie verhehlt haben.
Der mehr als jähzornige Vater versuchte, das Kind mit aller Gewalt so zu erziehen, wie er sich das in den Kopf gesetzt hatte. Die Mutter wiederum litt unter dieser Situation, hatte aber nicht die Kraft oder auch nicht den Mut, ihrem Mann zu widersprechen oder sich ihm zu widersetzen. So blieb Veronika als einziges Kind den beiden Eltern hilflos ausgeliefert. Keine guten Startchancen – oder? Trotz recht passabler Noten musste das Mädchen die Schule mit der mittleren Reife verlassen – frei nach dem Motto: „Du verdienst jetzt Geld und dann wird eh geheiratet; für was brauchst du das Abitur?“
Die Demütigungen fanden aber immer noch kein Ende. Als ihre Ehe zerbrach, fand Veronika in ihrem Elternhaus keine Hilfe. Verlassen von ihrem Mann stand sie mit den Kindern und dem Berg Schulden, den er hinterließ, allein auf weiter Flur. Sie fand seitens ihrer Eltern auch dann keine Hilfe, als sie durch all dies psychisch krank wurde und immer wieder in einer Klinik behandelt werden musste. Ja, bis zum Tod der Eltern, war ihr Verhältnis zu ihnen heillos zerstritten.
Für mich ist erstaunlich, dass Veronika an all dem nicht zerbrochen ist. Trotz aller Schwierigkeiten hat sie sich in ihrem Beruf halten können, verdient allein ihren Lebensunterhalt und ihre Kinder studieren. Als ich sie gefragt habe, was ihr denn geholfen hat, all diese Belastungen durchzustehen, da hat sie mich nur ruhig angeschaut und gesagt: „Gott, hat mir geholfen. Ich habe in allem immer wieder spüren können, dass er zu mir hält.“ Und dann hat sie mir erzählt, wie ihr die Großmutter den Glauben ins Herz gelegt hat wie ein kleines Samenkorn, das trotz all der widrigen und schwierigen Umstände wachsen und sich entfalten konnte. Heute lebt Veronika krankheitsbedingt ein sehr ruhiges und bescheidenes Leben. Die 3 Wochen Aufenthalt auf Teneriffa spart sie sich im wahrsten Sinne des Wortes vom Mund ab, weil er ihr gut tut und sie aufatmen lässt. Ansonsten versucht sie großartige Aufregungen zu vermeiden und wenn sie gut geschlafen hat, dann freut sie sich riesig darüber.
Über ihre Eltern sagt Veronika heute: „Sie hatten ihre eigenen Probleme und deshalb auch die Schwierigkeiten mit mir. Sie konnten nicht gut zu mir sein, weil sie mit dem eigenen Leben nicht zurechtkamen. Aber ich weiß: auch wenn sie mich nicht wollten, Gott hat mich gewollt. Er wollte, dass ich lebe und er hat mir immer wieder Menschen geschickt, die mich unterstützt haben. Das ist bis heute so und deshalb lebe ich gern, auch wenn es manchmal mühsam ist.“ Von so viel stiller Kraft bin ich doch sehr berührt. So viel an zähem Lebenswillen, so viel an „trotzdem“ oder „jetzt erst recht“, so viel an Durchhaltevermögen – und nicht zuletzt: so viel an stillem Gottvertrauen. Ich wünsche Ihnen und mir nur ein klein wenig davon!

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Erstellt am: 16.05.2012 06:05 Uhr

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