Predigt zu Christi Himmelfahrt 2012

Schwestern und Brüder!

Mitten in der Woche sind wir zusammengekommen um miteinander einen Festtag zu begehen: den Festtag Christi Himmelfahrt. Ist es aber dieses Ereignis wirklich wert, dass wir ein Fest daraus machen? Oder ist es nicht vielmehr so – wie bei vielen anderen kirchlichen Festen auch – ,dass wir sie zwar ganz gerne feiern, aber dass der Inhalt dessen, was da gefeiert wird, sich unserem Vorstellungsvermögen mehr und mehr entzieht.

Was ich damit meine ist: da hören wir einerseits – wie heute geschehen – die Erzählung von der Himmelfahrt Jesu, doch an anderer Stelle des Neuen Testamentes wird derselbe Jesus mit den Worten zitiert: „Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung der Welt!“ Also was jetzt? Entweder ist er weg, oder er ist hier – eines von beiden! Alles andere ist doch ein Widerspruch. Oder nicht? So stellt sich für uns also ganz eklatant die Frage: Wie muss man sich denn nun den Inhalt dieses Festes vorstellen bzw. wie kann und wie darf man dieses Fest und seinen Glaubensinhalt verstehen? Vielleicht hilft uns ja eine ganz persönliche Erinnerung – eine Erinnerung an Ihren Abflug von zu Hause hierher. Die ein oder der andere wurde da von Bekannten, Familienangehörigen oder auch Freunden zum Flughafen gebracht und dann hieß es Abschied nehmen. Sicherlich: Sie sind jetzt nur ein paar Tage von zu Hause weg. Aber es gibt ja auch Menschen, die durchaus länger im Ausland verweilen oder vielleicht sogar für immer Abschied nehmen. Man umarmt sich, ein letzter Händedruck – und dann entzieht man sich dem Auge des anderen. Spätestens wenn man den Kontrollgang betritt, werden Reisende und Daheimbleibende getrennt. Was bleibt, das ist dann die Erinnerung – aber wie es weitergeht, das muss dann jede und jeder für sich schauen.

Nun sollten wir uns aber die Himmelfahrt Jesu genau so nicht vorstellen.

Denn sonst müsste ich jetzt die Stolenfarbe wechseln und vielleicht besser einen Trauergottesdienst feiern. Doch wir sind ja zu einem Festgottesdienst versammelt. Deshalb sollte uns bewusst sein: Bei der Himmelfahrt Jesu geht es nicht in der Weise um den Abschied Jesu von seinen Jüngern und von uns, als wäre er einfach auf und davon. Sondern es geht vielmehr um den Glauben, dass dieser Jesus in einer ganz neuen, aber eben auch ganz anderen Art und Weise bei und unter uns Menschen ist.

In der bisherigen, also der sichtbaren Art, ist er für die Menschen nicht mehr da; insofern ist der Gedanke des Abschieds also gar nicht so falsch. Aber er ist fortan innerlich, sozusagen geistig, bei jeder und jedem von uns. Es geht dabei nicht um eine Ortsveränderung von hier, quasi auf der Erde – hinauf zu einem Ort, irgendwo über den Wolken, den wir seit grauer Vorzeit „Himmel“ nennen. Vielmehr geht es darum, dass dieser Himmel gleichsam zu uns kommt und wir quasi ein Stück dieses Himmels auf Erden haben. Achten Sie dabei einfach mal auf die Darstellung der Himmelfahrt. Da ist ja von einer Wolke die Rede. Und die Wolke steht in der Bibel, das erfahren wir auch durch andere Stellen, immer für die verborgene Gegenwart Gottes unter uns Menschen. So zieht dieser Gott im Alten Testament z.B. in einer solchen Wolke mit seinem Volk mit. Sie ist es gleichsam die anzeigt, dass ER – Gott selbst – da ist. Die alten Maler haben das dann auf ihre je eigene Art und Weise ganz geschickt zum Ausdruck gebracht. Sie haben die Himmelfahrt Jesu nicht mit einem schönen blauen Himmel dargestellt, sondern mit dem Wertvollsten was sie hatten, der Farbe Gold. Der blaue Himmel würde ja den Himmel bedeuten, an dem wir Sonne, Mond und Sterne – ja auch unsere Flugzeuge betrachten. Der goldene Himmel aber ist das Symbol für die Anwesenheit Gottes – und die ist nun mal in uns, in unseren Herzen oder auch in unseren Seelen zu finden. Gott wohnt in uns, er will mit uns eins sein –

das ist der eine Aspekt der Himmelfahrt.

Andererseits geht es bei diesem Fest aber auch um ein Bild für unser ureigenes Lebensziel. Jesus ist ja als Erster von uns in die volle Gemeinschaft mit Gott vorausgegangen. Und er hat uns zugesagt, dass alle, die ihm nachfolgen, dort ihren Platz haben werden, wo er selber ist. So heißt es von ihm im Johannes-Evangelium: „Habt Vertrauen! Ich werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin.“ Das also ist das Ziel, das wir vor Augen haben. Das Ziel unseres Lebens besteht also nicht darin, unter Schmerzen geboren zu werden, heranzuwachsen, sich abzurackern und all die Lebensjahre mehr recht als schlecht über die Bühne zu bringen, um dann irgendwann im Alter abzubauen und auf den Tod und damit verbunden auf das absolute Nichts zu warten. Nein, dieser Jesus zeigt uns das Ziel, wo jede und jeder von uns sein volles Mensch-Sein erfahren wird – nämlich in der Nähe und Gemeinschaft Gottes. Das aber ist nicht nur ein Ziel für ein paar Wenige, für ein paar Auserwählte – nein, da hat Gott ein viel größeres Herz, als wir es wohl je haben werden. Dieses Ziel gilt nämlich für alle:

-auch für die, die in ihrem Leben immer wieder versagen und anderen weh tun;

-die in den Augen dieser Welt nichts gelten;

-die einsam sind und in der menschlichen Kälte fast erfrieren;

-und sie gilt auch uns, die wir oft meinen, wir müssten den Sinn unseres Lebens selber in den Griff bekommen.

Zu einem solchen Ziel also hat uns Jesus berufen und uns den Weg gezeigt. So ein Ziel aber müsste uns doch Mut und Auftrieb geben, müsste uns anregen durchzuhalten und immer wieder neu anzufangen.

Schauen wir deshalb nochmal zurück auf die eingangs erwähnte Abschiedssituation an einem Flughafen. Wer dort von einem Abschied zurückkommt, der ist häufig deprimiert und traurig. Aber von den Aposteln wird uns ganz anderes berichtet. Da heißt es: „Mit großer Freude kehrten sie nach Jerusalem zurück.“ Natürlich nicht, weil sie ihren Freund und Meister los waren, sondern weil sie ganz genau wussten, dass er weiterhin bei ihnen ist und dies auch immer sein wird. Aus der Folgezeit wissen wir, mit wie viel Kraft und Mut die Jüngerinnen und Jünger dann ans Werk gegangen sind und die Botschaft von der Vollendung des Menschen in Gott bis an die Grenzen dieser Welt verkündet haben. Vorher waren sie mutlos, und dann dieser Auftrieb. Das war doch nur möglich, weil sie eben restlos davon überzeugt waren: Der Herr ist auch und gerade jetzt bei uns. Genau von dieser Freude und von dieser Glaubensüberzeugung sollten auch wir uns anstecken lassen, dann dürfen wir diesen Tag heute wirklich als einen Fest- und Feiertag begehen. Amen.

Infos unter:

Erstellt am: 17.05.2012 18:08 Uhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert