Zündfunke, Sonntag 20.05.12

Diakon Bertram Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz

Einen wunderschönen Sonntagmorgen wünsch ich Ihnen, liebe Schwestern und Brüder!

Was ist das für ein Typ Mensch, über den man geflissentlich sagt: „Der hat ein gesundes Selbstbewusstsein“? Ich denke, es ist der Typ, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, der seine Meinung vertritt und zu ihr steht, auch wenn er nicht sofort auf Zustimmung hoffen kann. Nur: Er ist sich sicher, dass das, wofür er steht, eben richtig ist. Den Gegentyp dazu gibt es natürlich auch und man bezeichnet einen solchen Menschen gerne als „graue Maus“.
Denn dieser Mensch bleibt immer unscheinbar, selbst wenn er etwas vorzuweisen hat. Er stellt sein Licht ständig unter den Scheffel und manchmal hat man den Eindruck, dass er den ganzen Tag damit beschäftigt ist, sich nur dafür zu entschuldigen, dass es ihn überhaupt gibt.
Nun leben wir in einer pluralen Gesellschaft, die gekennzeichnet ist durch Meinungsvielfalt. Wenn ich nun beobachte, wie Christinnen und Christen in diesem Supermarkt der verschiedensten Sinnangebote zu ihrem Glauben stehen, dann muss ich fast schon beängstigend feststellen: Wir haben viele zu viele von diesem 2. Typ und zu wenig von dem ersten. Oder anders gesagt: Christen sind viel zu oft „graue Mäuse“ als Menschen mit einem gesunden Selbstbewusstsein.
An diesem Sonntagmorgen nun ein Klagelied anzustimmen oder sie voll zu labern mit Schimpfen und Jammern, das liegt mir fern. Ganz im Gegenteil: Ich will sie heute gleichsam schütteln und aufrütteln. Denn als gläubige Christen brauchen wir uns in dieser Gesellschaft nicht zu verstecken. Unser Glaube macht uns stark und wir brauchen uns nicht in ein Kellerloch falsch verstandener Rücksichtnahme oder auch Beliebigkeit verkriechen. Jesus hat uns zugesagt: „Bleibt in meiner Liebe…damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.“ Jesus Freude ist, dass er den Tod überwunden hat und dass seit Ostern eben der Tod nicht mehr das letzte Wort hat. Wer bitte schön, kann denn so etwas in unserer Gesellschaft anbieten? Selbst ein noch so ausgeklügeltes Wellnessprogramm hat da keine Chance.
Und dann die Aussage Jesu: „Ich nenne euch nicht Knechte, sondern Freunde!“ Selbstbewusstsein, liebe Hörerinnen und Hörer, nicht graue Maus. Wer kann denn das gesellschaftlich anbieten, von dem ernst genommen und angenommen zu sein, der nicht irgendjemand ist, sondern vom Erschaffer der Welt und vom Schöpfer allen Lebens?
Selbstbewusst den Glauben zu leben und zu bezeugen – seit Ostern haben wir allen Grund dazu. Nicht weil wir so tolle Menschen sind – das wäre überheblich. Sondern weil wir erwählt sind; erwählt zum Leben in Fülle. Also ehrlich: Christ sein und in der Rolle der „grauen Maus“ zu verbleiben, die sich versteckt und sich des Lebens schämt, das passt nicht zusammen. In diesem Sinne – ihnen allen einen „grauschleierfreien“ Sonntag!

Infos unter:

Erstellt am: 20.05.2012 08:29 Uhr

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