Predigt zum Hochfest Fronleichnam 2012

Schwestern und Brüder!
Die Redensart: „In der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot“, kennen sicherlich die meisten von Ihnen. Man kann nun davon halten, was man will, aber besonders geistreich scheint sie nicht zu sein. Denn so einen Spruch kann ja nur von sich geben, wer in einer Welt oder einer Zeit lebt, in der von Not und Enthaltsamkeit weit und breit nichts zu sehen und zu spüren ist.
Dort, wo man von Süßigkeiten, von Kuchen und Naschwerk jeglicher Art satt werden kann, da braucht man sich über die Notwendigkeit von Brot selbstverständlich keine großen Gedanken zu machen. Dass der Mensch aber nicht nur von der Wurst allein lebt und dass die genannten Kalorienbomben erst recht nicht zum Leben ausreichen, das vergisst man halt ganz schnell, wenn man eine solch riesige Auswahl an Essbarem hat, wie das bei uns tagtäglich der Fall ist.
Es ist heutzutage – und das habe ich nicht nur einmal in Schule und Jugendarbeit erlebt – unsagbar schwer einem Kind klarzumachen, dass Gemüse auch wichtig ist und das Brot zum Frühstück sinnvoller, als irgendwelche Chips oder Tütenschleckereien, die keinerlei wichtigen Nährstoffe enthalten. Das, was ich diesbezüglich bei Kinder- und Jugendfreizeiten erlebt habe, waren unverständiges Kopfschütteln nach dem Motto: „Was der Alte da schon wieder hat“ bzw. endlose Diskussionen zu diesem Thema. Allerdings frage ich mich: Sind wir Erwachsenen da wirklich so viel vernünftiger als die Kinder und Jugendlichen? Wie war das doch gleich mit der ausgewogenen Ernährung, dem gesunden Lebenswandel? Spätestens im Urlaub sind solche Gedanken häufig vergessen und wir spüren an uns selbst: das Wissen um etwas und das Tun desselben, das sind halt oft zwei Paar Stiefel. Und da macht es für mich dann keinen Unterschied, ob es nun um unsere ganz konkrete Ernährung geht, um das tägliche Brot – oder ob es sich dabei um ein Brot im übertragenen Sinne handelt.
Auch bei dem Brot, das heute im Mittelpunkt steht – das eucharistische Brot – da weiß eigentlich jede und jeder von uns um seine Bedeutung und dass es ohne dieses Brot eben nicht geht. Oder können Sie sich vorstellen, dieses Brot heute wegzulassen? Was wäre denn dieser Feiertag, was wäre denn unsere Kirche, ohne genau dieses Brot? Eigentlich jedem klar – eigentlich logisch: Feiertag und Kirche wären Nichts! Denn Jesus Christus ist unsere Mitte und um ihn dreht sich alles. Das ist auch heute der Fall. Und genau da stutze ich! AUCH der Fall! Hat man nicht ab und an den Eindruck, als ginge es AUCH ganz gut ohne dieses Brot? Entsteht sogar nicht oft der Eindruck, dass man diesen Jesus gar nicht mehr braucht, ja dass es ohne ihn gerade so gut oder so schlecht läuft als mit ihm? Keine Sorge, ich zeige da nicht mit Fingern auf all die Zeitgenossen, denen unser Glaube egal ist – nein, ich meine dabei durchaus uns selbst.
Wie oft habe ich da den Eindruck, dass bei vielen Aktivitäten unserer Kirche – sei es nun auf Gemeindeebene oder auch bei kirchlichen Behörden (wenn wir jetzt mal auf die Machenschaften im Vatikan schauen, die uns Vatileaks da gerade täglich kundtut) – wenn wir auf all das mal einen Blick werfen, dann fragt man sich da doch bisweilen automatisch: Was hat das alles noch mit Jesus Christus zu tun? Ich weiß, das klingt hart, aber da ist doch von einem jesuanischen Bezug häufig nichts zu sehen. Jesus Christus und seine Botschaft – Fehlanzeige!
Kann da aber bei vielen Zeitgenossen und auch bei vielen Gläubigen nicht der Eindruck entstehen, dass es zur Not auch ganz gut ohne dieses Brot geht? Nur ist meine felsenfeste Überzeugung: Dieser Eindruck trügt. Denn was schlussendlich übrigbleibt, wenn das Brot – oder besser: der, den dieses Brot bezeichnet – herausgestrichen wird; wenn die Mitte dessen verloren geht, was unser Glaube ist, das erlebe ich immer wieder, wenn Menschen sich hier auf der Insel rat- und hilfesuchend an mich wenden. Für sie ist Kirche oder auch christliche Gemeinde zu einem dicken Fragezeichen geworden, weil sie in ihren Augen oft unglaubwürdig erscheinen. Und im Gespräch stellt sich dann oft heraus: Weil wir oft in unserem kirchlichen Alltag ohne diesen jesuanischen Bezug leben und unser kirchliches Leben gestalten, gerade deshalb wird natürlich dann auch Gott selbst von vielen Menschen mehr und mehr in Frage gestellt. Welche Rolle kann er denn noch in meinem ganz persönlichen Leben spielen, wenn selbst die Kirche als Ganzes oder eine konkrete Gemeinde vor Ort anscheinend gar nicht weiß, welche Bedeutung dieser Gott für sie hat?
Starker Tobak – ich weiß. Aber ich kann für mich festhalten, dass wenn Gott und Jesus Christus nicht mehr im Mittelpunkt stehen, mir dann auf Dauer eben auch alles andere nicht mehr schmeckt. Und genau deshalb gilt es, das Brot unseres Glaubens, unser Grundnahrungsmittel Jesus Christus wieder in den Mittelpunkt unseres Lebens zu stellen und zwar so in den Mittelpunkt – sprich in das Fadenkreuz all dessen, was unser Leben ausmacht und bereichert. Um seinetwillen, weil er uns wichtig ist, müssen wir uns treffen. Weil er selbst es ist, der uns einlädt und versammelt, müssen wir auch zusammenkommen. Und weil er uns etwas bedeutet, deshalb lohnt es sich, sich in seiner Kirche zu engagieren und durch sie in diese Welt zu wirken. Wer war es denn, der gesagt hat: Ihr seid das Licht der Welt – ihr seid das Salz der Erde? Das war ER – er hat uns diese Verheißung und diesen Auftrag gegeben.
Seien wir ehrlich: Unsere Gesellschaft, das in die Krise geratene Europa von heute braucht Menschen, die sich nicht nur an Weltlichem, sondern mehr noch am Göttlichen orientieren. Es geht nicht nur um die Rettung der europäischen Gemeinschaftswährung oder um die Rettung von ein paar Banken im Euro-Raum. Nein, wenn das Antlitz dieses Kontinents Europa und wenn das Antlitz dieser Erde wirklich erneuert werden soll, dann bedarf es dazu Menschen, die sich vom Prinzip der Liebe leiten lassen und nicht nur vom Prinzip des Nur-und-des-immer-mehr-Haben-Wollens. Dann braucht es dazu den Geist Gottes in dieser Zeit, und dann braucht es Sie und mich, die ganz konkret in diesem Geiste handeln. Und wenn uns in der Kirche dieser Geist mal abhandenkommt, oder wir ihn vor lauter internen Debatten mal wieder ganz an den Rand drängen oder ihn in der Praxis kaum mehr spüren, dann müssen wir aufpassen, dass wir nicht Gefahr laufen, die Wurst wirklich allein essen bzw. wir die Suppe auslöffeln müssen, die wir uns eingebrockt haben. Mit dem Brot des Lebens in unserer Mitte, kann uns dies nicht passieren. Deshalb feiern wir dieses Fest und deshalb tun wir gut daran, nicht nur heute, sondern an jedem Tag unseres Lebens dieses Brot in den Mittelpunkt zu stellen. Amen.

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Erstellt am: 07.06.2012 18:17 Uhr

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