Zündfunke, Sonntag 24.06.12

Einen wunderschönen Sonntagmorgen, liebe Schwestern und Brüder!
Die Bibel berichtet uns, dass Gott schon nach sechs Kapiteln genug von den Menschen hat. Kaum hat er sie ins Leben gerufen, überlegt er sich, wie er sie wieder loswerdenkann:                                                                                                                                  „Ich will die Menschen, die ich geschaffen habe, von der Erde vertilgen.
Denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe“, sagt Gott und lässt es regnen. Tagelang, wochenlang. Nur Noah, seine Familie und die Tiere – Tauben, Rinder, Hühner und Schmetterlinge – retten sich in die Arche und überleben. Hatte Gott damit erreicht, was er wollte?         Sicher nicht. Kaum ist die Flut vorbei, geht Noah an Land und nach einer kurzen Zeit des Dankens, betrinkt er sich und betreibt Unzucht. Neid und Bosheit, Streit und Krieg – alles ging so weiter wie gehabt. Hätte Gott nicht einfach noch ein bisschen konsequenter sein müssen, wirklich alles zusammenschlagen und noch einmal von vorne beginnen sollen – mit einer ganz neuen Schöpfung? Mit einem neuen Paradies?
Eine Erzählung von Viktor Auburtin beginnt genau damit, dass Gott sich eines Tages überlegt, solch ein neues Paradies zu schaffen. Es sollte genauso schön sein wie das erste, mit gefleckten Hirschkühen, Tauben, Wachteln, Obstbäumen. Aber es sollte ein sicheres Paradies sein. Vorsichtshalber abseits gelegen, und vor allem: ohne Menschen. Denn die hatten bei der ersten Schöpfung ja alles verdorben.
Gott gestaltete also ein neues Paradies auf einer traumhaften Insel, mit Wäldern, riesigen Pflanzen, die in den dampfenden Tälern wucherten, mit Bananen und Ananas, mit Kolibris und Giraffen. Als alles fertig war, legte Gottvater eine Morgenröte darüber, wie man noch nie eine gesehen hatte. Schließlich betrachtete er das neue Paradies und sagte: „Gut so.“
Es wäre so gut auch geblieben, wenn, ja wenn nicht zwei Tage später an der Ostseite der Insel ein Kanonenboot vorüber gefahren wäre. Der Kapitän erkannte, dass er ein neues Land vor sich hatte, landete, und hisste seine Fahne. Gleichzeitig fuhr an der westlichen Küste ein anderer Dampfer vorüber mit einem anderen Kapitän, landete, und hisste ebenfalls die Fahne seines Landes. Die Geschichte ging dann wie bekannt weiter: “ Streit über was wem gehört und wer zuerst da war – Ultimatum –Angriff –  Stacheldraht – Schützengräben – Gegenangriff“.
Da ist Gott mit seiner Geduld am Ende. „Der ganze Planet muss weg“, denkt er. In furchtbarem Grimm ballt er die Faust über der Erde. Aber dann hält er inne. „Nein, hört man ihn flüstern. Man muss sich alles überlegen. Es wäre schade um die Schmetterlinge“.

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Erstellt am: 24.06.2012 14:38 Uhr

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