Zündfunke, Freitag 13.07.12

Andrea Bolz
Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Einen wunderschönen guten Morgen, liebe Schwestern und Brüder!
„Es war einmal ein König, der hatte drei Sessel: einen aus Gold, einen aus Silber und einen aus schwarzem Samt. Wenn er heiter war, setzte er sich auf den goldenen Sessel, war ihm so lala, setzte er sich auf den silbernen Sessel, und wenn er traurig war, setzte er sich auf den Sessel aus schwarzem Samt.“

Mit diesen Worten beginnt ein Märchen aus Italien. Ich kann nicht immer so einfach erkennen, ob ich gerade heiter bin oder mich eher so lala fühle. Traurig machen mich schlechte Erfahrungen und schlimme Situationen, an denen ich nichts ändern kann. Deshalb behalte ich das meistens lieber für mich. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen gefällt mir dieser König mit seinen drei Sesseln. Ich kann mir das richtig gut vorstellen: Ich bin heiter und lasse mich in den goldenen Sessel fallen. Ich fühle mich rundherum wohl, genieße den Moment und traue mich es auch zu zeigen: „Leute, es geht mir richtig gut.“ Keine Angst vor neidischen Blicken, kein sorgenvolles Blinzeln mit dem Hintergedanken, was wird wohl morgen sein. Aber auch der Normalzustand, das „So lala“, will bewusst gelebt sein. Wenn ich im silbernen Sessel sitze, gebe ich zu: Das bin ich, das ist mein Leben. Und ich versuche jeden Tag das Beste daraus zu machen. Manchmal täte mir auch der Sessel aus schwarzem Samt gut. Ein Ort, wo meine dunklen Stunden, Zeiten der Hoffnungslosigkeit und der Trauer ihren Platz haben, wo ich ohne viele Worte zeigen kann, mir geht´s nicht gut. So wie der König im Märchen: Er setzte sich auf den Sessel aus schwarzem Samt, weil er erfahren hatte, dass ein Nachbarkönig gegen ihn in den Krieg ziehen wollte. Er selber aber war alt und er hatte keinen Sohn, der sein Heer anführen konnte. Weil er auf seinem schwarzen Sessel sitzt und zeigt, wie ihm zumute ist, fragen seine drei Töchter nach und sie finden Lösungen, auf die er alleine nie gekommen wäre. Von Zeit zu Zeit erinnere ich mich an dieses Märchen und frage mich: In welchem der drei Sessel sitze ich gerade? Dieser Moment tut gut. Manchmal entsteht aus ihm der Wunsch, mich einem andern Menschen zu öffnen. Manchmal verwandelt sich dieser Moment in ein kleines Gebet, mitten im Tag, einfach nur so.

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Erstellt am: 13.07.2012 13:30 Uhr

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