Neurodermitis
Eine Handvoll Reis
Reis ernährt die Hälfte der Menschheit.
Von mehr als 500 Millionen Tonnen, die alljährlich weltweit geerntet werden, stammen 90% aus den Ländern des Fernen Ostens und Südostasiens. Die restlichen 10% kommen etwa zur Hälfte aus Brasilien und den USA. Alle übrigen Länder, die Reis anbauen, erzeugen unbedeutende Mengen, die vorwiegend dem Eigenbedarf dieser Länder dienen. Nur etwa 4% der Welternte gelangt in den Handel und ein verschwindend geringer Teil davon auf den deutschen Markt. Im Durchschnitt verzehren wir bei fallender Tendenz pro Kopf und Jahr weniger als 2 Kilo Reis. Dementsprechend gering ist das Interesse an Qualitäten und Sorten, zumal die Anbieter fernöstlicher Reisgerichte meistens den passenden Langkornreis, geschält und poliert, in den richtigen Mengen mitliefern, damit die Hausfrau nicht auf die in der Regel mangelhafte Warenkenntniss der Einzelhändler angewiesen ist.
Reis ist nicht gleich Reis. Es gibt vielerlei Sorten, die nach der Ernte, wie jedes andere Getreide, gedroschen werden. Dabei behalten die Körner ihre Schalen (Spelzen),in denen sie gewachsen sind. Nach einem Trocknungsprozeß werden sie in Reismühlen der Erzeugerländer maschinell entspelzt und kommen -noch ungeschält- als Braun- oder Naturreis in den Handel, der sie gereinigt und verlesen, entweder in diesem Zusand als Vollreis anbietet oder nach stufenweiser Bearbeitung, meist abgepackt, unter verschiedenen Namen auf den Markt bringt. Unter Vollreis ist das qualitativ unveränderte Naturprodukt zu verstehen, wie es vorwiegend in Reformhäusern erhältlich ist. An jedem einzelnen Korn haftet noch der Keim und die unter der Außenhaut, dem sogenannten Silberhäutchen, befindliche Aleuronschicht mit dem vollen Gehalt an Vitaminen, Mineralien, Spurenelementen und Ballaststoffen. Leider kann diese robuste, ohnehin weniger begehrte Qualität heute nicht mehr vorbehaltlos empfohlen werden, weil der Reis in den Erzeugerländern vielfach schon auf dem Halm, mit Pestiziden besprüht wird, die in äußere Schichten des Korns eingedrungen und dort noch vorhanden sein können. Außerdem werden die Reisfelder zunehmend mit Klärschlamm gedüngt., der in unterschiedlichem Maße durch Schwermetall-rückstände (siehe vorherige Kapitel) belastet ist. Über die besonders aufnahmefreudigen Büschelwurzeln der Reispflanze gelangen diese Giftstoffe in den Säftestrom und lagern sich vorwiegend in den Fruchtständen ab. Bei weiterverarbeiteten Reissorten besteht diese Gefahr nicht mehr. In einem Schleifprozeß, aus dem polierter Reis (Weißreis) hervorgeht, werden der Keim, das Silberhäutchen und ein Teil der darunter befindlichen Aleuronschicht entfernt, so daß allein der stärkehaltige, innere Teil des Korns zurückbleibt. Den Bearbeitungsprozeß übersteht nur knapp die Hälfte der Körner unversehrt. Bis zu einem Drittel des Gesamtgewichts muß als billiger Bruchreis ausgesondert werden, und der abgeschliffene Rest kommt, nach Gewinnung des Keimöls, als Kleie, vorwiegend der Viehwirtschaft zugute. Um den Anteil an Bruchreis zu vermindern, sind verschiedene Naßschleifverfahren entwickelt worden, bei denen kohlensaurer Kalk (CaCO3) als Schleifhilfe dient. Am besten hat sich das amerikanische Parboiling-Verfahren bewährt, wobei der Reis vor dem polieren mit heißem Wasser und Dampfdruck eingeweicht wird. Dadurch vermindert sich einerseits der Anteil an Pestiziden und Schwermetallrückstän-den, andererseits wird ein Teil der in den äußeren Schichten des Korns vorhandenen Vitamine und Mineralstoffe auf diese Weise mobilisiert und ins Innere des Korns abgedrängt. Ein Vorgang, der nur Dank der besonderen Molekularstruktur des Reiskorns möglich ist. Aus naturheilkundlicher Sicht verdienen die Behandlungs-verfahren des Reiskorns besondere Beachtung, denn in manchen Fällen muß Reis als Heilmittel verordnet werden. Patienten mit ungenügender Nierenfunktion, chronisch erhöhtem Blutdruck und Neigung zu Ödemen brauchen natriumarme Nahrung. Deshalb gewinnt Reis, unser natriumärmstes Getreide, für diesen Personenkreis -zumindest zeitweilig- die Bedeutung eines Grundnahrungsmittels, das täglich verzehrt werden muß. Meine Antwort auf die Frage, ob Rundkorn- oder Langkornreis zu bevorzugen sei, fällt unbedingt zu Gunsten langkörnige Sorten aus. Pro Person brauchen Sie normalerweise 30 Gramm, und wenn Sie die Körner über Nacht in kaltem Wasser Vorweichen, benötigen sie an nächsten Tag nur 5 Minuten, um gar zu kochen.
Das Kochwasser sollte stets weggegossen werden. Der abgetrocknete Reis, mit Küchenkräutern gewürzt und einem Stich Butter in der Pfanne kurz angebraten, ergibt eine köstliche Beilage zu vielerlei Gerichten.
Pflanzenkost. An mehr als 300 Gemüsegarten, die weltweit angebaut werden, ist die deutsche Landwirtschaft mit ungefähr einem Fünftel beteiligt. Die Anzahl der Sorten ist freilich bedeutend höher. Gegenwärtig verwendet unsere Küche etwa 800 Sorten, die zum großen Teil nicht aus heimischem Anbau stammen, sondern aus tropischen und subtropischen Ländern importiert werden. Unser Gesamtverbrauch an Gemüse beträgt bei steigender Tendenz, pro Kopf und Jahr, rund 85 Kilo, die auf Tagesverzehr umgerechnet, bescheidene 233 Gramm ergeben, worin Hülsenfrüchte und Kartoffeln allerdings nicht enthalten sind. Aus diesen Zahlen ist erkennbar, daß unser schmaler Konsum an pflanzlicher Kost, gemessen an den entsprechenden Verbrauch im Westen und Süden, einen Schwachpunkt unserer Volksernährung darstellt. Obwohl fast allgemein bekannt ist, daß Gemüse als wichtiger Vitaminspender, wenn irgend möglich roh oder gedünstet verzehrt werden sollte, ist der Trend zu weitgehend vorbereiteten Halbfertigerzeugnissen, Konserven und Tiefkühlkost, unverkennbar. Geringere Umstände beim Einkauf, die gesparte Arbeit des Verlesens und Putzens marktfrischer Ware, vermiedene Abfälle und nicht zuletzt verminderter Zeitaufwand bei der Zuberei-tung, begünstigen die Entwicklung. Aus den unbestreitbaren Vorteilen haben sich veränderte Konsumgewohnheiten herausgebildet. Da die mineralstoffarmen und weitgehend vitaminleeren Speisen nicht im nötigen Maße sättigen können, meldet sich zwischen den Mahlzeiten immer öfter wieder Hunger, dem mit allenthalben verfügbarem Naschwerk oder „fast foods“ zwar oberflächlich abzuhelfen ist, aber das Defizit an lebensnotwendigen Substanzen, wie Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen, die der Organismus mehr und mehr vermißt, kann damit nicht aufgefüllt werden. So schleicht sich mit der Zeit, trotz übermäßiger Nahrungszufuhr, eine Mangelsituation ein, die je nach körperlicher Anlage und Empfindsamkeit, früher oder später zum Ausgangspunkt eines chronischen Leidens werden kann, nach dessen Ursachen in der Regel vergeblich gefahndet wird. Es ist keineswegs übertrieben und entspricht der Erfahrung meiner Naturheilpraxis, daß ein Großteil der chronischen Erkrankungen, die uns vorgestellt wird, neben psychologischen Problemen, auf Ernährungsfehlern beruht, die vermeidbar gewesen wären. Dies führt zwangsläufig dazu, unser Augenmerk auf verborgene Qualitätsmängel mancher Nahrungsmittel zu richten, aus denen moderne Formen von Fehl- oder Unterernährung resultieren, obwohl das Angebot von Lebensmitteln aller Art nie so reichhaltig war und die Verbraucher nie so ungebremst aus dem vollen schöpfen konnten wie heute. Nur ein verschwindend geringer Teil unseres Gemüsekonsums besteht heute noch aus Marktware, die zu bestimmten Jahreszeiten am Freiland geerntet und von den Erzeugern auf Wochenmärkten feilgeboten, zum Verbraucher gelangt. Unsere Gemüse sind keine Saisonartikel mehr. Zweifellos liegt ein Vorteil darin, sie als Konserven oder Tiefkühl-kost zu jeder Jahreszeit in immer gleichbleibender Qualität erwerben zu können. Die Tatsache aber, daß diese haltbar gemachten Waren zum allergrößten Teil nicht aus heimischem Freilandanbau stammen, sondern Treibhauserzeugnisse sind, die aus aller Welt mit den Nachteilen des Unterglas-Anbaues importiert wurden, ist nur wenigen bewußt. Worin diese Nachteile bestehen, ist leicht zu erklären.
Jedes Treibhaus ahmt Verhältnisse nach, die in der Natur nur saisonbedingt vorkommen. Frühlingshafte Wärme und hochstehende Sommersonne herrschen übers ganze Jahr, frischer Wind und warmer Regen werden nach Bedarf erzeugt, selbst der Unterschied zwischen Tag und Nacht scheint im Gewächshaus aufgehoben, denn vierundzwanzig Stunden Tageslicht können mühelos simuliert werden, und was die in solch klimatischem Paradies unaufhaltsam wachsenden Pflanzen dem Boden entziehen, läßt sich durch künstlichen Dünger in jeder beliebigen Menge leicht ersetzen.
So reifen im Glashaus Gemüse heran, die mit frischem Aussehen und makellosem Wuchs, manches Freilandgewächs, das den Unbilden der Witterung und Schädlingsbefall widerstehen mußte, oberflächlich betrachtet, in den Schatten stellen. Qualitätsunterschiede treten erst zutage, wenn die Inhaltsstoffe analysiert und verglichen werden. Der Gehalt an Vitalsubstanzen, Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen, die den Nährwert der Gemüse ausmachen und auch weitgehend ihren Geschmack bestimmen, läßt bei künstlich hochgezüchteten Pflanzen, so gut sie vom Aussehen her abschneiden mögen, erheblich zu wünschen übrig. Industrielle Verwerter stört das nicht. Treibhauserzeugnisse lassen sich leichter verarbeiten als Freilandware. Es gibt kaum Abfälle, und tadelloses Aussehen sichert flotten Absatz. Soweit konservieren in Dosen oder Gläsern beabsichtigt ist, wird das Gemüse nach dem Abfüllen und Verschließen der Behältnisse für die Dauer von mindestens 15 Minuten einer Temperatur von über 120O C ausgesetzt, dadurch keimfrei gemacht und zugleich gargekocht. Empfindliche Inhaltsstoffe, speziell Vitamine, überstehen diese Behandlung allerdings nicht. Die Substanz der auf diese Art konservierten Lebensmittel wird im wesentlichen auf Ballaststoffe reduziert, die zwar auch nötig sind, aber keinen nennenswerten Nährwert haben. Soll die Ware als Tiefkühlkost in den Handel kommen, wird sie bei -25o bis -40o C schockgefroren und muß anschließend auf mindestens -18o C gehalten werden, bis der Verbraucher sie auftaut. Diese Handelsform verlangt lückenlose Kühlketten mit stets gleichbleibender Temperatur von -18oC, die ab dem Lager des Herstellers über Transportwege und Zwischenläger der Handelsstufe, bis zum Verkauf an den Endverbraucher, niemals unterbrochen werden dürfen, um die Qualität der empfindlichen Erzeugnisse nicht zu gefährden. Wenn die Erfordernis erfüllt und die Ware im übrigen mängelfrei ist, bleiben die Verluste an Nährwert, Vitaminen und sonstigen Inhaltsstoffen gering. Demnach ist tiefgekühltes Gemüse, sofern es aus zuverlässigen Geschäften stammt, deren Ware in modernen Tiefkühleinrichtungen bereitgehalten wird, anderen Konserven, die durch Hitze haltbar gemacht sind, qualitativ überlegen. In Anbetracht der wirtschaftlichen Entwicklung, zunehmend schrumpfender Landwirtschaft und gleichzeitigem Verstädtern der Wohngebiete wird für den Gemüseeinkauf vielfach bei der einen oder anderen Art vorverarbeiteter Ware zugegriffen werden müssen, wie sie in Einkaufzentren und Supermärkten angeboten wird. Trotzdem lohnt es sich, an Stadträndern und in den noch ländlich strukturierten Gebieten nach Landwirten und Gärtnereien Ausschau zu halten, die auf ökologischer Basis (ohne Kunstdünger) wirtschaften und meist einige der öfters gefragten Gemüsesorten aus ihrem biologisch-dynamischen Anbau preisgünstig abgeben.
Zumindest grüner Salat, Möhren, Wirsing und etliche Kohlsorten sollten, wenn irgend möglich, aus solch naturnaher Erzeugung erworben werden und regelmäßig auf den Tisch kommen, um einen Teil der verborgenen Mängel konservierter Kost wettzumachen.
Hülsenfrüchte. Unter dieser Bezeichnung faßt die Botanik die Samen von mehr als 14000 Pflanzenarten zusammen, die keine Einzelfrüchte hervorbringen, sondern schmale Schoten, in denen mehrere, oft sogar zahlreiche Samen gleichzeitig heranreifen. Aus der ethnologischen Forschung wissen wir, daß fernöstliche Völker schon vor achttausend Jahren allerlei Hülsenfrüchte gegessen haben, und soweit uns Funde oder Aufzeichnungen aus der westlichen Welt erhalten blieben, die alle ziemlich einheitlich viertausend Jahre zurückdatierbar sind, gehören Bohnen, Erbsen und Linsen neben den Getreidearten zu den ältesten Pflanzen, die für menschliche Ernährung kultiviert worden sind. So befanden sich Puffbohnen *) um etwa 2000 v.Chr. als Beigaben in ägyptischen Königsgräbern der 12. Dynastie und gleichzeitig bei den Pfahlbauern der europäischen Jungstein-zeit am Bodensee. Dort und in den Balkanländern wurden zur selben Zeit Erbsen angebaut, und bei den Völkern des Mittelmeerraumes gehörten Linsen zur täglichen Nahrung, wie zum Beispiel im Alten Testament berichtet wird, daß Jakob um ein Linsengericht seinem Bruder Esau das Recht der Erstgeburt abkaufte (Gen.25, 27-34). Bis in die jüngsten Phasen der Neuzeit müssen Hülsenfrüchte sehr beliebte Nahrungsmittel gewesen sein, denn anders ist ihre weltweite Verbreitung und die große Zahl offenbar gezüchteter Sorten nicht zu erklären. Erst in neuerer Zeit geht der Verbrauch getrockneter Erbsen, Bohnen und Linsen beständig zurück. Dem statistischen Durchschnitt zufolge, wird gegenwärtig in Deutschland pro Kopf und Jahr nur 1 Kilo Hülsenfrüchte verzehrt. Ernährungswirtschaftlich gesehen, ist das ungünstig, denn Hülsenfrüchte sind wertvolle Proteinlieferanten. Die Pflanzen, deren Samen sie sind, können nämlich den Luftstickstoff mit Hilfe von Knöllchenbakterien an ihren Wurzeln über eine Zwischenstufe, die aus lebenswichtigen Aminosäuren besteht, in Eiweiß umwandeln.
*) auch dicke Bohnen, Sau- oder Speckbohnen genannt Hundert Gramm weiße Bohnen enthalten beispielsweise ebensoviel Eiweiß wie hundert Gramm mageres Kalb-, Rind- oder Schweinefleisch, aber außerdem etwa fünfzig Gramm Kohlehydrate, die allen Fleischsorten fehlen.
Ernährungspolitisch gesehen, ergibt sich daraus, wie unverantwortlich es ist, einen großen Teil der Futtermittel, die hier für Massentierhaltung benötigt werden, nämlich Hülsen-früchte, aus Entwicklungsländern zu importieren, wo für diesen Zweck wertvoller Boden mißbraucht wird, der für die hungernde Bevölkerung dieser Länder nutzbringender verwendet werden könnte. Hinsichtlich Verwendung und Zubereitung muß bei Hülsenfrüchten einiges beachtet werden. Allen gemeinsam ist der verhältnismäßig hohe, aber unterschiedliche Gehalt an pflanzlichem Eiweiß und Kohlehydraten in Form verschiedener Zuckerarten (Glucose, Fructose ) und einigen Vitaminen, speziell Vitamin C, dessen Menge während der Lagerung aus Doppelte und Dreifache ansteigen kann, wenn die Samen zu keimen beginnen. Die Schalen sind als Ballaststoffe willkommen, aber bei Patienten mit empfindlicher Darmschleimhaut nicht unbedenklich, Deshalb ist in solchen Fällen empfehlenswert, auf die Schalen zu verzichten und geschälte Hülsenfrüchte in gemahlenem Zustand zu verzehren, wobei vielerlei Küchenkräuter und Gewürze zu herzhaften Pürees beitragen können.
Die gelegentlich in Reformhäusern erhältlichen Erbswürste und ähnliche Erzeugnisse bieten Beispiele dafür. Diabetiker, die sich nicht nach einem Diätplan ernähren, brauchen auf solche Dinge nicht zu verzichten, müssen sie aber wegen des Gehalts an Kohlehydraten anrechnen.
Zuweilen wird im Hinblick auf bestimmte Giftstoffe vor Hülsenfrüchten, speziell vor Bohnen, gewarnt. Gemeint ist ein giftig wirkender Eiweißbestandteil r o h e r Bohnen (PHASIN), der in den heute angebauten Sorten, wenn überhaupt, nur noch in unschädlichen Spuren vorkommt, die durch Kochen vollständig zerstört werden. Trotzdem ist es ratsam, das Kochwasser der Hülsenfrüchte stets wegzugießen, weil immerhin Rückstände von Düngemitteln und Pestiziden darin enthalten sein können. Diese Überlegung trifft natürlich nicht nur auf Hülsenfrüchte zu. Bei allen Gemüsen, die nicht nachweislich biologisch-dynamisch angebaut wurden, besteht heute Verdacht auf Belastung durch Agrochemikalien und Schwermetall-Ionen aus Luft und Boden. Ausgenommen Erbsen, sollten Hülsenfrüchte nicht in frisch gepflücktem Zustand gegessen werden. Es ist empfehlenswert, sie einige Tage zu lagern und keimen zu lassen. Dadurch werden unerwünschte Schadstoffe abgebaut, und in den Keimlingen steigt, wie oben bereits erwähnt, der Vitamingehalt aufs Doppelte bis Dreifache. Zudem ergibt sich als positiver Nebeneffekt, daß gekeimte Hülsenfrüchte wesentlich leichter verdaut werden und keine Blähungen verursachen.
Kartoffeln. Ihre Heimat ist Peru. Um 1531 entdeckte sie der spanische Eroberer PIZARRO auf Feldzügen in den Hoch-Anden als Nahrungsmittel der indianischen Urbevölkerung. Die Inkas verstanden sich sogar auf das Herstellen einer Trockenkonserve, indem sie die Knollen einige Wochen lang tagsüber der prallen Sonne und nachts dem Hochgebirgsfrost aussetzten. So erzielten sie eine haltbare Dauerware, um die zeit zwischen den Ernten zu überbrücken. Soldaten Pizarros brachten die ersten Kartoffelpflanzen um 1550 nach Sevilla, aber den Nährwert der Knollen erkannte niemand. Man pflanzte die exotischen Stauden in Blumenbeete und hegte sie ihrer hübschen Blüten wegen. Als aber herauskam, daß die grünen Beerenfrüchte ungenießbar, sogar giftig waren, ließ das Interesse an den Fremdlingen nach. Nur langsam, eher zufällig, gelangten einige über die Pyrenäen nach Burgund. Von dort aus sollen Wandermönche sie nach Italien gebracht und auch nördlich der Alpen als Mitbringsel bekannt gemacht haben.
Von Verbreitung im heutigen Sinne konnte jedoch damals noch keine Rede sein. Ähnlich wie in Spanien, sah man die Kartoffel nicht als Nahrungsmittel an, sondern als seltene Zierpflanze für Schloßparks und fürstliche Lustgärten. Nach Deutschland kam die erste, soweit nachweisbar, im Jahre 1588, als der weitgereiste Botaniker CLUSIUS eine Kartoffelknolle als exotische Kostbarkeit im botanischen Garten zu Frankfurt am Main anpflanzte. Auf den Gedanken, die Knollen zu verzehren, ist man erst spät gekommen. Noch zur Zeit Ludwigs XIII., um 1616, zierten Kartoffeln als seltene Delikatesse bei festlichen Anlässen die Tafel am französischen Hofe, und selbst in der zweiten Hälfte desselben Jahrhunderts, als Ludwig XIV., der Sonnenkönig, das westliche Europa beherrschte, galt die Kartoffel noch als Vorzugsspeise der wohlhabenden Oberschicht. Fast zur gleichen Zeit, im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648 ), wurden die Hungersnöte in Deutschland zum Anlaß, Kartoffeln als Volksnahrungsmittel einzuführen. In der Pfalz und im Vogtland entstanden die ersten Anbaugebiete, und Pfälzer Bauern nahmen Kartoffeln mit, als sie nach Brandenburg auswanderten, wo der Preußenkönig Friedrich II. den Nahrungswert der Knollen erkannte und ihren Anbau von Staats wegen befahl.
Noch heute gilt die Kartoffel in Deutschland -nach Milch und Brot als wichtigstes Grundnahrungsmittel. Mehr als hundert Sorten werden angebaut, aber der Verbrauch pro Kopf und Jahr ist mit weiterhin fallender Tendenz auf 73 Kilo zurückgegangen, was einem knappen Tagesverzehr von 200 Gramm entspricht, wovon etwa 40% auf Fertigprodukte, wie Knabberchips und dergleichen Industrieerzeugnisse entfallen. Botanisch gehört die Kartoffel (Solanum tuberosum) ebenso wie Tomate, Paprika, Aubergine, Tabak (!), Tollkirsche und viele andere zur weltweit verbreiteten Familie der Nachtschatten-gewächse (Solanaceae ). Ihre oberirdisch wachsenden Organe, Blätter, Blüten und besonders die gelbgrünen Früchte, kirschgroße Beeren, enthalten das hochgiftige Alkaloid SOLANIN (C27H73NO15), das die Pflanze für Mensch und Tier ungenießbar macht.
Als einzige Ausnahme ist der aus Amerika eingeschleppte Coloradokäfer (Leptinotarsa decemlineata) bekannt, dessen Larven ebenso wie der Käfer gegen das Gift immun sind. Bei massenhaftem Auftreten fressen sie ein Kartoffelfeld kahl. Die von den gelbgrünen Beeren ausgehende Vergiftungs-gefahr ist nicht groß, weil sie keinen optischen Anreiz zum Pflücken bieten und zudem sehr bitter schmecken. Aber was stecken Kinder alles in den Mund! Eine Solaninvergiftung ist ernstzunehmen! Der Verzehr der Früchte ruft zunächst Brechreiz, Kopfschmerzen und Übelkeit hervor, die Pupillen weiten sich, Benommenheit kommt hinzu, und zuletzt tritt Atemlähmung ein, die zwangsläufig zum Tode führt, wenn nicht rechtzeitig ärztliche Hilfe beansprucht wird . Die an unterirdischen Ausläufern des Stengels wachsenden Knollen, die wir Kartoffeln nennen, sind erst eßbar, wenn sie nach dem Absterben der oberirdischen Pflanzenteile ausgereift sind. Mit ihrem Stärkevorrat bleiben sie als Überwinterungsorgane am Leben, um im nächsten Frühjahr zu keimen und damit die Erhaltung der Art, Fortpflanzung und Vermehrung zu sichern. Sie enthalten mit weniger als 0,01% SOLANIN zwar auch ein spurenhaftes winziges Quantum dieses Giftes, das jedoch in so starker Verdünnung nicht nur unschädlich ist, sondern zum Beispiel bei Magenbeschwerden sogar eine beruhigende Wirkung ausübt. Hier muß allerdings ergänzt werden, daß die lebende Kartoffelknolle durchaus befähigt ist, auf widrige Umwelt-einflüsse (giftig) zu reagieren. Bei Temperaturen über 40o C beginnt sie zu keimen, und in der weißen, manchmal recht lang geratenden Keimschläuchen entstehen gefährliche Mengen Solanin. Außerdem ist die Kartoffel lichtempfindlich. Schon auf dem Acker bilden sich grüne, solaninhaltige Stellen an den Knollen, wenn sie vor der Ernte ausgebuddelt werden oder starke Regenfälle die bedeckende Ackerkrume wegspülen. Die Fähigkeit sich grün zu verfärben und dabei Solanin zu bilden, bleibt nach der Ernte erhalten. Deshalb ist es bei eingekellerten Kartoffeln unerläßlich, für kühle luftige Lagerung und absolute Dunkelheit zu sorgen.
Ein beständig vorhandenes Problem bildet die Züchtung neuer Sorten. Die Ansprüche sind vielseitig. Haushalt, Gewerbe (Gastronomie) und verarbeitende Industrie unterscheiden zwischen „frühen“, „mittleren“ und „späten“ Ernten. Je nach dem Verwendungszweck werden mehlige oder festkochende Sorten und nicht zuletzt geschmackliche Eigenschaften verlangt, die mit alternden, übermüdeten Züchtungen meist nicht mehr zu erzielen sind. Obgleich die Kartoffel in der Regel Blüten und Beerenfrüchte trägt, ist es in der Landwirtschaft allgemein üblich, sie auf ungeschlechtlichem Wege durch Auspflanzen von Saat-kartoffeln zu vermehren. Auf dieser Weise entstehen zwar keine neuen Sorten, aber hinsichtlich erprobter Eigenschaften, die für leichten Absatz der Ernte bürgen, ist eine gewisse Stabilität gewährleistet, weil das Erbgut unverändert erhalten bleibt. Erst wenn über mehrere Jahre hinweg auf demselben Boden stets die gleiche Sorte angebaut wird, kommt es mit der Zeit zwangsläufig zum „Sortenabbau“, zum Ermüden des Erbgutes mit der Folge nachlassender Qualitäten und Erträge. Altbekannte Sorten, die „Magnum bonum“, „Nieren“ und „Industrie“, die vor Jahrzehnten in aller Munde und hochgeschätzte Qualitäten waren, sind vom Markt verschwunden.
Heute dominiert die Bezeichnung „Ackergold“, die jedoch nicht für eine einzige Kartoffelsorte steht, sondern von der „Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft“ (CMA) als Markenname für viele Sorten vergeben wurde, die den aus meiner Sicht oberflächlichen Qualitätskriterien der CMA entsprechen. Daß die weitgehende Sortenanonymität ein Fortschritt sei, wage ich im Hinblick auf wohlverstandene Verbraucherinteressen, denen weniger an Äußerlichkeiten als an ernährungsphysiologischen Merkmalen gelegen ist, zu bezweifeln. Wie steht es bei den „Ackergold“-Sorten zum Beispiel mit dem Nitratgehalt, mit Rückständen aus Düngemitteln und Cadmiumbelastung? Aus naturheilkundlicher Sicht sind Antworten auf diese Fragen wichtiger als das Prämieren von Aussehen und vertriebsfreund-lichen Verpackungen.
Die Kartoffelblüte ist zwar mit Stempel, Fruchtknoten und Staubgefäßen zum Erzeugen samenhaltiger Früchte befähigt, aber sie spendet keinen Nektar. Deshalb wird sie kaum von Insekten besucht, die durch Übertragen von Blütenstaub für biologisch veranlaßte Sortenvielfalt sorgen können.
Wo auf Kartoffeläckern die gelbgrünen Beerenfrüchte heranreifen, sind sie in der Regel durch Selbstbestäubung entstanden und somit zur Anzucht neuer Sorten unbrauchbar. Da es sich bei allen Anbausorten um Kreuzungsprodukte (Bastarde) handelt, deren Eigenschaften sich nach den Mendelschen Gesetzen vererben, eignen die Samen dieser Früchte sich nicht zu gezielter Sortenzüchtung, weil die Vaterpflanzen (Pollenspender) meistens nicht bekannt sind. Vorrangige Züchtungsziele, wie Immunität gegen Krautfäule, Kräuselkrankheit, Schwarzbeinigkeit und einige Pilzinfektionen sind bei den heute in Deutschland angebauten Sorten längst erreicht. Trotzdem besteht aus den vorhin geschilderten Gründen beständig Bedarf an neuen Sorten, die nur durch biologische Züchtung erzielbar sind. In Saatzuchtbetrieben werden ausgewählte Exemplare bewährter Sorten, aber zuweilen auch aus dem Ursprungsland der Kartoffel importierte Wildformen, die wünschenswerte Eigenschaften aufweisen, durch Pollenübertragung gekreuzt, und die daraus hervorgehenden Sämlinge werden solange in Kultur genommen, bis ein ausreichender Bestand an neuen Bastardpflanzen vorhanden ist, um über mehrere Jahre auf Stabilität der angezüchteten Eigenschaften und zufriedenstellende Ertragsleistung geprüft werden. Die Auswahlkriterien sind streng. Einige tausend Elitenachkommen werden angebaut, aus denen im Lauf der Zeit meistens nur ein einziger Zuchtstamm übrigbleibt, der die neue Sorte darstellt, die eine Anzahl amtlicher Prüfungen zu bestehen hat, bevor sie in die Sorten-liste aufgenommen und in den Handel gebracht werden kann. Der ernährungsphysiologische Wert der Kartoffel, die zu drei Vierteln aus Wasser besteht, in dem etliche Vitamine und Mineralien gelöst sind, beruht hauptsächlich auf ihrem Gehalt an Kohlehydraten. Auf hundert Gramm verzehrbarer Substanz sind im Zellgewebe der Knollen, je nach Sorte, zwischen 15 und 28 Prozent Stärke (Kartoffelmehl) eingelagert. Da unser Verdauungstrakt diese Stärke, zum Unterschied gegenüber dem Mehl zerquetschter Getreidekörner, jedoch nicht in rohem Zustand verwerten kann, müssen wir Kartoffeln, in welcher Form auch immer sie verzehrt werden sollen, vorher braten, dünsten, fritieren oder kochen, um die Stärke aufzuschließen. Dabei wird in jedem fall die Temperaturgrenze überschritten, die Vitamine und Mineralien unbeschadet überstehen. Am geringsten bleiben die Verluste, wenn die Knollen ungeschält, mit wenig Wasser, im Dampfdrucktopf als Pellkartoffeln gegart werden. So wird die nahrhafte Stärke, die den Sättigungswert der Kartoffel ausmacht, trotz des Quellens, innerhalb der Schale wohlverwahrt zurückgehalten, wogegen bei der herkömm-lichen Zubereitungsmethode, geschälte und zerschnittene Kartoffeln in Salzwasser garzukochen, ein großer Teil der Stärke ins Kochwasser gelangt und mit dem abgießen verlorengeht. Bevor ich dieses Kapitel beende, ein paar Worte zu der oft gehörten Behauptung, Kartoffeln machten dick. Geht man davon aus, daß der Energiebedarf eines Erwachsenen unter normalen Umständen bei 3000 kcal. liegt, wovon gut die Hälfte als Hauptmahlzeit zugeführt wird, sind jene 200 Gramm Kartoffeln, die wir hierzulande im Tagesdurchschnitt verzehren, mit 140 kcal., also mageren 5 %, daran beteiligt. Kartoffeln sind es demnach nicht, die den Wohlstandsspeck ansetzen, eher schon die „Zutaten“, auf die in der Regel nicht verzichtet wird.
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Erstellt am: 29.01.2009 10:37 Uhr