Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis 2013 (13.10.)

L I: 2 Kön 5, 14-17 / Ev.: Lk 17, 11-19
Schwestern und Brüder!
Ein vielzitiertes Sprichwort lautet: „Not lehrt beten“. Und diese „Erkenntnis“ wird von gläubigen Menschen immer dann ins Feld geführt, wenn mal wieder über die Glaubenslosigkeit der Gegenwart geklagt und die mauen Gottesdienstbesucherzahlen erklärt werden sollen. Es wird geunkt, dass das relativ sorgenfreie Leben der Menschen heutzutage bzw. unsere gesicherten Lebensverhältnisse schuld daran seien, dass sich immer weniger für den Glauben und die Feier des Gottesdienstes interessieren. Ob die Prunksucht mancher Kirchenoberen da vielleicht auch eine Rolle spielen könnte, das wird ja nun erst seit geraumer Zeit hinterfragt. Aber hacken wir darauf nicht herum, das ist traurig genug, als dass man viele Worte darüber verlieren müsste. Bleiben wir vielmehr bei dem Gedanken: sorgenfreies Leben hier, verstärkter Glaubensverlust dort – dass hier wirklich ein kausaler Zusammenhang bestehen kann, das könnte man sogar mit dem heutigen Evangelium unterstreichen. Denn da hat man auch den Eindruck: die Not hat diese zehn Kranken beten gelehrt, aber ob sie in dieser Not auch glauben gelernt haben, das darf getrost bezweifelt werden. Deshalb möchte ich Sie heute einladen, dass wir uns vielleicht mal dem einen zuwenden, der umgekehrt ist und ihn erzählen lassen, warum er sich anders verhalten hat, als die anderen. Wenn er heute hier an meiner Stelle stünde, hörte sich das vielleicht so an:
„Es ist eine große Ehre für mich, heute hier sprechen zu dürfen. Mein Name ist uninteressant, denn ich stamme aus einem kleinen Nest in der Provinz Samaria. Viele Jahre war ich krank, todkrank sogar. Das geht natürlich nicht spurlos an einem vorüber, sondern hängt einem auch noch Jahre später in den Knochen. Sicherlich: Heute bin ich gesund. Wie Sie wissen wurde ich geheilt – und zwar von diesem Wanderprediger namens Jesus. Ich kenne ihn bis heute nicht so recht, aber ich glaube, dass er sehr wohl mich kennt. Für mich ist er ein wunderbarer Mensch, weil er mich in meiner Not gesehen hat. Können Sie das nachvollziehen? Ich war ein Ausgestoßener der Gesellschaft, lebte am Rande und war gesundheitlich alles andere als gut dran. Mein Leben war nicht das, was man sich für das Leben so wünscht. Natürlich hatte ich Kumpels, neun an der Zahl, aber alle so krank wie ich; alle abgeschrieben, ausgegrenzt, an einen Ort verbannt, wo eben nur Kranke leben. Wissen Sie, was das bedeutet? Wie man sich da fühlt?
Wir lebten wie in der Verbannung. Immer, wenn sich andere Menschen unserer Siedlung näherten, mussten wir laut rufen: „Aussatz, Aussatz“, damit die Gesunden ja einen großen Bogen um uns herum machen konnten; sie sollten gesund bleiben und unser Elend nicht ertragen müssen. Ja, wir haben das Leben der Gesunden gestört – man wollte uns nicht sehen, denn wir waren anders als sie.
Ich war, wie gesagt, krank – todkrank. Aber heute bin ich gesund. Dieser Jesus hat mich geheilt! Wobei es mir bis heute immer noch schwerfällt darüber zu reden; zu sehr regt mich das innerlich auf. Das Leben hatte ja nichts mehr für mich. Ich war dem Tode nahe und es gab keine Hoffnung – keine. Außer dem täglichen Einerlei in unserem Lager, hatte ich Perspektiven. Allerdings hatten wir gehört – und zwar von dem, der uns immer das Essen brachte – dass sich dieser Jesus ganz in der Nähe aufhalten würde; eben dieser bekannte Wanderprediger, der die Menschen nicht nur faszinierte, sondern sie auch heilen konnte.
Ich erinnere mich noch genau. Es war früher Nachmittag, als ich ihn sah. Begleitet wurde er von mehreren Leuten und er kam direkt auf unser Dorf zu – direkt auf unser Lager. Mir war sofort bewusst: Das ist er. Zwar hatte ich ihn noch nie zuvor gesehen, aber ich hab‘s gespürt. Das konnte nur er sein. Er war vielleicht noch 100 Meter entfernt; aber er kam immer näher. Wahrscheinlich wollte er ins Dorf. Und da hab ich einfach zu meinen Kumpels gesagt: „Los jetzt, rafft euch auf, wir gehen da hin“. Und dann sind wir bis auf etwa 20 Meter rangegangen und wollten rufen: „Aussatz, Aussatz, wir sind krank“, eben genau so wie immer. Doch ich hab einfach drauflos geschrien: „Jesus, erbarm dich über uns.“ Und dann haben die andern auch angefangen: „Jesus! Meister! Erbarme dich über uns.“
Und was soll ich sagen: Jesus blieb stehen, und alle anderen mit ihm und hat uns angeschaut. Da habe ich sein Gesicht erst richtig gesehen, seine Augen – und mit einem Mal wusste ich – hier drinnen, da passiert was! Dabei war ich ja für ihn ein völlig Fremder, ein Samaritaner, ein Nichts. Und dann hat er nur noch lapidar gesagt: Wir sollen zum Gesundheitsamt gehen und uns untersuchen lassen. Das war der Hammer! Das war so seltsam. Und natürlich haben wir uns gleich auf den Weg zur nächsten Stadt gemacht, weil es ja in unserem Dorf kein Gesundheitsamt gab. Und ich weiß noch wie einer von uns gesagt hat: „Was soll ich denn da? Die haben mich schon einmal rausgeschmissen“.
Doch wir waren noch keine 500 Meter gegangen, da wurde mir am ganzen Körper total warm und ich spürte: Jetzt passiert´s. Und ich schau auf meine Hand – alles gut. Ich hab zu den anderen noch gesagt: „Hey, schaut mal, meine Hand ist heil.“ Aber die waren so mit sich selbst beschäftigt, weil es ihnen genauso ging. Wir sind beim Gehen gesund geworden – wie das möglich ist? Keinen blassen Schimmer. Aber eines weiß ich: Ich war todkrank und heute bin ich gesund. Und dann hab ich gesagt: „Hallo? Wir sollten uns bei diesem Jesus bedanken!“ Doch die haben mich gar nicht gehört.
Und ich? Ich bin dann einfach alleine umgekehrt und zurückgerannt, so
schnell ich konnte. Bei jedem Schritt hab ich gespürt: Ich bin gesund! Ich
war so was von happy, dass ich einfach anfing zu beten: „Danke Gott!“ Und
dann hab ich Jesus kurz vor unserem Ort eingeholt. Auf mein Rufen hin ist er stehen geblieben und ich habe mich vor ihm in den Staub geworfen; hab mich hingekniet, sein Gewand berührt und ihm einfach „danke“ gesagt. Geheult hab ich wie ein kleines Kind und ich sehe noch heute die braunen Sandalen von Jesus vor mir, wie sie durch meine Tränen immer nasser geworden sind. Ich war wie von Sinnen – glücklich natürlich und Jesus so immens dankbar.
Und er? Er stand seelenruhig da. Ich konnte diese Kraft spüren, die von ihm ausging. Das war unglaublich – so als wenn sich der Himmel über mir öffnen würde. Nach einer Weile hat er dann gesagt: „Zehn habe ich gesund gemacht. Wo sind denn die anderen neun? Warum sind sie nicht auch zurückgekommen, um Gott die Ehre zu erweisen, wie dieser Fremde hier?“
Der Fremde, das war ich. Ich dachte noch bei mir: „Er hat ja so recht. Wie kann man nur so undankbar und gleichgültig sein?“ Dann hat er seine Hand auf meine Schulter gelegt und gesagt: „Steh auf und geh nach Hause. Dein Glaube hat dich gerettet.“ Ich bin dann aufgestanden und habe, glaube ich, noch Mal „danke für alles“ gesagt und er hat mich in den Arm genommen: Gott soll mich segnen und begleiten, hat er noch dazu gefügt, dann bin ich gegangen.
Über seine Worte habe ich noch lange nachgedacht und auch heute denke ich oft an sie. Ich meine, ich habe verstanden, was er damit sagen wollte. Wer zu ihm kommt, wer alles andere zurückstellt, um Jesus zuerst zu danken, und wer Gott die Ehre gibt, der ist auf dem Weg der Rettung. Der wird gerettet, nicht nur von seiner Krankheit oder irgendeiner Behinderung, sondern der wird gerettet von einem Leben ohne Gott. Wer Gott dankt und ihm vertraut, der ist auf dem Weg des Heils – auch wenn er ein Außenstehender ist, so wie ich. Und bei Jesus bekommt man die wahre Heilung, das ewige
Heil von Gott. Deswegen sagen manche Leute auch: Er ist ein Heiland.
Sehen Sie, das ist meine Geschichte. Die Geschichte eines kleinen, unbedeutenden Mannes aus einem kleinen, unbedeutenden Dorf irgendwo in der Provinz Samaria. Warum ich Ihnen das alles erzähle? Weil ich glaube, dass nicht nur Lepra, sondern jegliche Art von sichtbarer Krankheit das Selbstwertgefühl des Menschen verstellt. Er kommt in innere Not und die Isolation, die daraus entsteht, die kann man nur erahnen. Wir – Sie und ich – stecken doch alle in keiner guten Haut, wenn wir bedenken, wie gefährdet unser Leben ist. Aber im Blick auf Jesus können und dürfen wir uns Gott neu zuwenden und die Blockaden, auch die seelischen Blockaden wahrnehmen, die sich gerade hinter unseren Hautkrankheiten oft verbergen; die ungelösten Konflikte und Beziehungsstörungen, die sich häufig genau in diesen Erkrankungen zeigen: Die Haut, die jeder zu retten versucht; die Haut, die man zu Markte trägt; das vor lauter Ärger aus der „Haut fahren“ oder der Ärger, der unter die Haut geht. Dazu gehört sicherlich auch: Ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Haut steht für so vieles – auch bei mir. Sie hat mich todkrank gemacht. Aber Jesus hat mein Herz verändert und damit meine Haut und mein Leben. Warum sollten wir Menschen uns also nicht mit Haut und Haaren genau dem verschreiben und anvertrauen, der unsere Heilung und Rettung will – und der es auch bewirken kann? Ich wünsche Ihnen alles Gute und seinen – Gottes Segen – dazu. Danke, dass Sie mir zugehört haben…

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Erstellt am: 14.10.2013 19:16 Uhr

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