Zündfunke, 09.11.13

Andrea Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Guten Morgen, liebe Hörerinnen und Hörer!
Nehmen wir einmal an, der Standesbeamte fragt nach unserer Religionszugehörigkeit und wir würden sagen: Ich bin Christ. Was würde er dann wohl antworten?
Meine gute Frau, das ist hier nicht vorgesehen. Sind sie evangelisch, römisch-katholisch, jüdischen Glaubens, freikirchlich oder konfessionslos?
Ich bin Christ!
Na dann gehören Sie doch zu einer Kirche oder einer anerkannten Glaubensgemeinschaft!
Warum? Muss ich das?
Also das gehört nicht in mein Ressort. Ich bin Standesbeamter. Bitte, entscheiden Sie sich.
Ist ein Christ also etwas, was es eigentlich gar nicht gibt? Jeder, der es sein möchte, bekommt vom Staat und von der Kirche einen Bescheid: Was für einer denn? Reihen Sie sich irgendwo ein. Wir haben unsere Rubriken. Die müssen stimmen.
Praktisch allerdings wird kaum einer von uns in eine solche Lage kommen. Denn noch immer kommen viele aus einer kirchlich geprägten Christlichkeit, rein äußerlich betrachtet. Christentum gibt es nur in historisch gewordener, traditionell geformter Gestalt. Ohne diese Geschichte und Überlieferung wäre das Christentum vermutlich gar nicht bis zu uns gelangt. Also lasst doch alles so, wie es ist – sagt die Kirche, denkt der Staat.
Wer also dazugehören, wer mitreden will, hat sich geformten, über Jahrhunderte erprobten Institutionen, genormtem Glauben zu unterwerfen. Andernfalls mag er sehen, wo er bleibt. Individualität ist nicht besonders gefragt. Und wenn einer mal laut wird und ruft: Kirche und Christentum tun sich schwer, ja, sie sind so gar nicht identisch! Dann gibt` s Ärger. Selbst dann, wenn er weiter ausführt, und meint, dass die wahre Kirche weiter reicht als die organisierte und dass das Christentum vielfach mehr außerhalb als innerhalb der Kirchen zu finden ist. –. Ein bisschen Kritik ist durchaus gestattet und auch gern gesehen. Es tut nicht weh. Aber wer mal so grundsätzlich Christsein und Kirche hinterfragt, der muss sich auf einiges gefasst machen.
Ich will heute Morgen als katholische Christin sehr wohl ein paar Fragen an meine Kirche aber auch an ihre Mitglieder stellen:
Sind sie tatsächlich Stätten des Glaubens, die in der Liebe tätig werden? Geht ihnen der Geist des Friedens über alles? Geht von ihnen eine Kraft der Hoffnung aus, für die es sich zu leben lohnt?
Nur wenn jeder, der sich offiziell zu einer Kirche bekennt, sich selbst diese Fragen immer wieder stellt und nach Antworten ringt, dann wird Christsein in unserer Welt erkennbar.

Infos unter:

Erstellt am: 11.11.2013 10:03 Uhr

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