Vom Pfarrer Johann Weingärtner
Matthäus 25, 1-13
1 Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen.
2 Aber fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug.
3 Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit.
4 Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.
5 Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.
6 Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen!
7 Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig.
8 Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen.
9 Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und kauft für euch selbst.
10 Und als sie hingingen zu kaufen, kam der Bräutigam; und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen.
11 Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf!
12 Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
13 Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.
In der Ölkrise gehen die Lichter aus, liebe Gemeinde. Fast ein zeitgenössisches Bild – ich denke an das Jahr 1973 –, das Jesus uns da in seinem Gleichnis vor Augen malt. Und die Ursache der Krise ist Torheit. Oder vielleicht sogar Tollkühnheit. Ohne groß nachzudenken, ob das Öl auch reichen könnte, also ohne für Nachhaltigkeit zu sorgen, so nach dem Motto „es wird schon gut gehen“, so denken und handeln die törichten Jungfrauen. Das kann gründlich ins Aus führen oder sogar in einen Abgrund, zumindest vor eine verschlossene Tür, in eine Sackgasse.
Ganz anders die mit Klugheit ausgestatteten Frauen. Sie sorgen für Vorrat, überschlagen die Kosten des Unterfangens, sorgen entsprechend vor. Und so landen sie bei weit geöffneter Tür in einem zum Festmahl bereiteten Saal.
Auf dem Weg dahin kommt es noch zu einer unerfreulichen, zumindest zwiespältigen Begegnung. Die von Torheit Geschlagenen bitten die mit Klugheit Ausgestatteten um Hilfe durch Teilen. Das wird abgelehnt. So ist das manchmal.
Es gibt ein zu spät. Und wenn Klugheit sich durch Torheit teilen lässt, kommt bestenfalls Mittelmäßigkeit heraus und damit ist letztlich niemandem gedient.
So kommt es, wie es kommen muss: Klugheit führt zum Ziel – Torheit in die Sackgasse.
Nun ließe sich ja trefflich in unseren Tagen darüber diskutieren, was dieses Gedankengut auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet wohl an Aufklärung manch übler Zustände, die all – überall zu beobachten sind, zu leisten vermöchte. Und ehrlich gesagt, liebe Gemeinde, ein wenig war ich für kurze Zeit durchaus in Gefahr, mich dazu verleiten zu lassen. Dann aber war mir klar: Jesus hat dieses Gleichnis nicht auf einer Versammlung von Wirtschafts-kapitänen und Investmentbankern und auch nicht auf einer Koalitionsklausur erzählt, sondern es steht im Matthäusevangelium. Das aber wendet sich an die junge Kirche im 1. Jahrhundert. Es ist also eine Geschichte für die Kirche, die Christen, auch für uns hier auf Teneriffa heute.
Und dann sind wir auch gleich wieder beim Thema. Viele Leute meinen ja, in der Kirche gingen eh bald die Lichter aus. Da brennt nichts mehr, da qualmt es nur noch ein wenig. Große Krise! Und mancherorts wird dieser Eindruck in der Tat erweckt.
Andere machen die Erfahrung eines kurzen Aufflackerns, eines Strohfeuers, das schnell in die Höhe schießt, aber nicht von Dauer ist, eben nicht nachhaltig. Fehlt es an Klugheit? Hat die Torheit um sich gegriffen? Und was ist eigentlich Klugheit – und was ist Torheit?
Beiden ist eigen, dass sie nicht vor Müdigkeit bewahrt werden, so erfahren wir im Gleichnis. Alle zehn Jungfrauen schlafen ja ein, die klugen wie die törichten. Auch die Klugheit kann nicht immer hellwach sein. Sie weiß um die menschlichen Schwächen. Wenn der schnelle Erfolg ausbleibt, kann sie schon müde werden. Aber wenn es darauf ankommt, dann ist sie hellwach, muss sie sich nicht erst lange besinnen, auch nicht nach dem nötigen Handwerkszeug suchen. Sie hat sich für den Ernstfall präpariert. Das nun benötigte Instrumentarium liegt stets in Reichweite. Die Lampen sind mit Öl gefüllt gewesen und haben die Zeit des Wartens auch noch mit gut mit Licht gefüllt. Und vor allem: die Ersatzkannen stehen bereit. Es kann losgehen. Der Tag der Entscheidung ist gekommen. Mag die Wegstrecke auch lang sein. Die Energie reicht aus.
Die ist auch nicht mit kurzlebigen Events verpulvert worden, die gibt es bei Kirchen`s ja gelegentlich auch.
Die hat man sich auch nicht einfach von anderen nehmen lassen. Nicht von irgendwelchen religiösen Modeerscheinungen.
Die hat die Kirche auch nicht in alle möglichen Strukturanpassungsmaßnahmen mit einer Vielzahl von Gremien, Lenkungsgruppen und Fachausschüssen verpulvert.
Was aber ist ihre typische Energie, die ihrer Identität entspricht?
Die Energie der Kirche ist das Wort des lebendigen Christus, der
alles Kaputte heilt – alles Verlorene rettet – alle Schuld vergibt und den Tod zum Tor des Lebens gemacht hat. Am Ende der Zeit lässt sie eine neue Welt anbrechen.
Das ist die Energie der Kirche, die Kraft Gottes, die er an sie verschenkt und die den Geist zu neuer Kreativität begeistert. Sie lässt Durststrecken überstehen. Und am Ende wird das Mahl der Gerechtigkeit und des Friedens mit allen, die gekommen sind aus dem Norden und dem Süden, dem Osten und dem Westen, an einem Tisch beim Festmahl einer geheilten Welt gefeiert.
Darauf zu vertrauen, liebe Gemeinde, das ist Klugheit. Den mächtig ohnmächtigen Heilsbringern in Politik und globaler Wirtschaft zu vertrauen, dass sie die Welt heilen können – das ist Torheit. Wenn sie das Schlimmste zu verhindern wissen, dann sind sie schon gut gewesen. Und nicht mehr zu versprechen, das ist auch Klugheit. Mehr darf von ihnen auch nicht erwartet werden, denn die Herren – und auch die Damen – dieser Welt gehen, unser Herr Jesus Christus aber kommt.
Ein Wort zu den törichten Jungfrauen muss noch gesagt werden. Sie sind ja vom selben Ursprung wie die klugen. Sie sind ebenfalls mit unterwegs, dem Bräutigam entgegen, hin zu seinem großen Festmahl. Ihre Anfangsenergie ist ja auch die der klugen gleich. Sie brennen, geben Licht – so wie es dem Wesen und Auftrag der Christenheit entspricht. Eines jedoch fehlt ihnen zur Klugheit.
Sie überschlagen die Kosten nicht genau. Sie kalkulieren ihre Anfälligkeit zur Schwäche und Müdigkeit nicht ein. Sie tun so, als würde das, was sie im Moment haben, schon reichen. Es wird schon gut gehen – so denken und handeln sie. Fast fällt mir einer der dümmsten Sprüche ein, den ich jemals von einer früheren Moderatorin gehört habe: Alles wird gut. Das wird es eben nicht, ganz und gar nicht. Weil sie es vielleicht geglaubt haben, bleiben 50 % auf der Strecke. 5 von 10 erreichen das Ziel nicht. Stehen am Ende vor verschlossenen Türen.
Das ist ein ernst zu nehmender Aspekt unseres Gleichnisses. Neben der Ermutigung zu klugem Umgang mit der von Gott geschenkten Energie steht die ernste Ermahnung, nicht leichtfertig unterwegs zu sein. Es könnte schief gehen.
Der heutige Ewigkeitssonntag am Ende des Kirchenjahres hat neben dem Aspekt der Überwindung des Todes durch den lebendigen Christus eben auch den mahnenden, der uns in die Verantwortung vor Gott stellt:
Wie seid ihr mit den geschenkten Gaben umgegangen?
Habt ihr Euch das Anvertraue verantwortlich eingeteilt?
Seid ihr euch auch bewusst, dass am Ende des Lebens und der Zeit der Ernstfall eintritt und das Leben auf dem Prüfstand steht?
Es geht nicht einfach mit Glanz und Gloria hinein in Gottes Ewigkeit.
Der Weg dahin ist oft mühsam. Der Zweifel kann dem Glauben schwer zusetzen. Der Geist der Zeit kann die Begeisterung durch Gottes Geist erlahmen lassen.
Beide Möglichkeiten hat uns das Gleichnis Jesu nun aufgezeigt: Klugheit oder Torheit – das ist die Frage. Jede und jeder von uns mag sich fragen, auf welcher Seite wir stehen.
Die geistliche Ölkrise, die die brennende Begeisterung für die Sache Jesu Christi in dieser Welt zum Erlöschen bringen kann, möge uns erspart bleiben. Lasst uns um Klugheit ringen und beten, am Ende dieses Kirchenjahres besonders, aber auch an jedem Tag der kommt.
Amen
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Erstellt am: 26.11.2013 11:01 Uhr