PREDIGT AM 2. SONNTAG NACH WEIHNACHTEN 2014

Liebe Gemeinde,
Ein Licht und ein Stern – das sind die beiden Bilder von Weihnachten her zum Epiphaniastag. Das eine stammt aus dem Evangelium von den Sterndeutern aus dem Morgenland und lautet: Als sie den Stern sahen, waren sie hoch erfreut. Und das andere aus dem Propheten Jesaja, einem der Predigttexte für den heutigen Sonntag: Mache dich auf, werde Licht, denn dein Licht kommt.
Mir ist ein Licht aufgegangen – so sagt jemand, dem plötzlich etwas deutlich geworden ist. Unsicherheit und Unklarheit sind vorbei. Zweifel sind an den Rand gedrückt worden, und Zuversicht hat Platz gegriffen. Das kann passieren, ist auch mir schon passiert. Dann wird das Leben auf einmal hell. Lange bin ich im Dunkeln getappt, wusste nicht, wohin es gehen sollte mit mir oder denen, die ganz nah zu mir gehörten und überhaupt. Vielfältig können solche Erfahrungen sein.
Ich denke dabei an einen Schüler, der über einer Klausur geradezu verzweifelt. Eine Lösung ist gefordert. Der Weg dorthin aber scheint wie mit Brettern vernagelt. Alles, was er sich einmal angeeignet oder sogar mühsam erarbeitet hatte, ist plötzlich vergessen oder in einem regelrechten Nebel verschwunden. Aber plötzlich geht ihm ein Licht auf. Er erinnert sich. Mensch, das war doch gar nicht so schwer. Da gab es doch einen ganz klaren Weg, um zur Lösung zu kommen. Und wie befreit schreibt er los, rechnet nach, überprüft und die gute Klausurnote ist gerettet. Mensch, mir ist noch rechtzeitig ein Licht aufgegangen, so kann er den anderen erzählen, und die Erleichterung ist regelrecht zu spüren.
Mein Leben steht unter einem guten Stern. So sagt ein Mensch, der im Nachdenken über seine Biographie und wie sie verlaufen ist, zu einem positiven Ergebnis kommt. Da sind viele Dinge gelungen. Eine Menge Probleme in guter Weise gelöst worden. Dankbar denkt da jemand zurück. Mit der Schule hat es eigentlich problemlos geklappt. Auch die Berufswahl war richtig und vor allen Dingen erfolgreich. Eigentlich ging es stetig voran. Mal ein wenig schneller, dann wieder langsamer und wenn Stillstand, dann auf einem guten Niveau.
Die richtige Partnerin, der richtige Partner, kreuzte den Weg. Eine Familie konnte gegründet werden. Kinder in einer guten Entwicklung wurden begleitet. Und nun ist auch noch der letzte Lebensabschnitt einigermaßen gesichert. Zukunftsängste haben keinen Raum. Ein Leben unter einem guten Stern, der auch noch die etwas dunkleren Lebensphasen, die ja eigentlich niemanden erspart bleiben, überstehen ließ. Ein Lichtzeichen kam immer, und der Weg konnte fortgesetzt werden. Schön, wenn ein Mensch das so sagen kann: Mein Leben steht unter einem guten Stern.
Aber das geht ja nicht immer so. Das kann ja ganz anders kommen. Da kann ja die Dunkelheit über einen herfallen. Und es ereignen sich Lebensphasen, die einem vorkommen, als wenn man zu Fuß unterwegs ist in finsterer Nacht, keine Weg- oder Straßenbeleuchtung und kein Stern am Himmel. Da muss einer aufpassen, dass er nicht gänzlich in die Irre geht. Nichts ist mehr klar, alles verschwimmt. Auch in einem übertragenen Sinn:
Wünsche bleiben unerfüllt. Gesetzte Ziele sind unerreichbar. Kräfte schwinden. Durch fast jede Rechnung, mit noch so viel Mühe aufgesetzt, wird ein Strich gemacht.
Und da hilft nur eines, und diese Hilfe kann in der Regel nur von außen kommen: Die Dinge ins rechte Licht setzen
Dieses Bild ist mir stets als besonders wirksam vorgekommen. Vielleicht stammt es ja aus folgender Situation:
Da möchte jemand seinen Boden oder seinen Keller einmal gründlich aufräumen. Die Dinge, darunter sicherlich auch manches Gerümpel, stehen irgendwie in halbdunklen Ecken herum. Man kann sie kaum richtig erkennen, ihren Wert oder Unwert schon gar nicht. Man muss sie aus dem Halbdunkel herausheben oder – tragen und ins Licht setzen. Entweder an ein Fenster stellen oder unter eine Beleuchtung. Nach und nach erschließt sich dann die Bedeutung der einzelnen Stücke. Ins rechte Licht gesetzt, kann ich entscheiden: Das möchte ich behalten und jenes gehört auf den nächsten Sperrmüll. So sortiert sich – ins rechte Licht gesetzt – wichtiges und des Bewahrens Wertes von wertlosem Gerümpel. Das will ich behalten, das kann weg. Vielleicht wird dabei sogar der eine oder andere Schatz entdeckt, den man gar nicht vermutet hatte.
Solches Aufräumen und ins rechte Licht setzen ist gelegentlich auch ganz persönlich und in übertragenem Sinne sinnvoll. Es geschieht dann in den verborgenen Ecken und Winkeln meines tiefen Inneren. Da kann sich so manches ansammeln an
Unschönen Verhaltensweisen, die zu ändern ich mir doch so oft vorgenommen habe.
Nicht eingelöste Versprechen oder Zusagen, die vielleicht ein wenig unbedacht gemacht habe, die aber im Verhältnis zu anderen und mir selbst belastend sind.
Eigenarten, die ich oft schon abgelegt zu haben meinte, die aber dennoch in dunklen Winkeln meiner Seele ihr Unwesen treiben.
Auch an Schuld, für die ich schon immer um Verzeihung bitten wollte, die aber ungeklärt zwischen mir und anderen, auch Gott steht.
Jeder und jede von uns mag da einmal nachschauen. Es gibt eben nicht nur Gerümpel auf dem Dachboden oder im Keller, sondern auch in der Seele. Und Vielleicht entdecke ich beim dortigen Aufräumen sogar den einen oder anderen Schatz, den ich vergessen hatte. Für alles aber gilt: Es muss Licht her. Wie kann das geschehen?
Wir brauchen eine Lichtquelle
Den Weisen aus dem Morgenland wurde ein Stern geschenkt und der Prophet sagt nach der Aufforderung: Mache dich auf, werde licht, den bedeutungsvollen Satz: Dein Licht kommt. Die Weisen begeben sich auf der Suche nach einem Retter sogar auf das Terrain jenseits ihres angestammten Glaubens und ihrer Kultur. Die weltweite Bedeutung des Kommens Jesu ist damit angedeutet. Die Hörer des Propheten Jesaja sitzen noch ganz und gar im Dunkeln. Finsternis um und um und Dunkelheit auch über der Völkerwelt. Woher kann Rettung kommen?
Über dir geht auf der Herr, und seine Herrlichkeit erscheint über dir, sagt der Prophet. Und was für eine Herrlichkeit. Ganz und gar anders als die in der Welt übliche. Die ist geprägt von Macht und militärischer Gewalt oder von Geld und unendlichem Besitz. Und neuerdings ist sie ganz und gar anonym. Die Herrlichkeit und der Glanz der Märkte darf nicht angetastet werden, so wenig wie nur eben möglich reguliert, sonst reagieren sie böse und das kann übel enden. Da wird man schnell in seiner Wertigkeit herabgestuft und landet vielleicht sogar auf einem prekären Müllhaufen, denn die Konkurrenz ist groß, und die stärksten Ellenbogen behalten das Feld.
Die Herrlichkeit des Herrn und sein Glanz sind da von ganz anderer Art. In seinem Licht finden die Menschen zu einander. Sie kommen aus allen Ecken und Winkeln heraus, angezogen von diesem Licht. Werden Söhne und Töchter genannt, sind also untereinander Brüder und Schwestern, leben in einer geschwisterlichen Welt. Alle Grenzen werden überschritten, niemand wir ausgegrenzt, keiner verstoßen. Ein grandioses Bild einer weltweiten Hoffnung.
Mit dieser Hoffnung im Herzen haben die Hörer des Propheten Jesaja ihr zerstörtes Land wieder aufgebaut, den Tempel neu errichtet, Weinberge und Olivenplantagen gepflanzt, Weizenäcker bestellt, Vieh gezüchtet bis es große Herden bildete. Leben unter einem guten Stern wird verheißen und zumindest teilweise realisiert.
Doch schon während ich dieses Bild male, wird mir bewusst, wie bedroht wie zerbrechlich der hoffnungsvolle Neuanfang war und wohl auch immer wieder ist. Es hat ja nicht lange gehalten. Schon bald wurde dieser kleine fruchtbare Landstrich an der Ostküste des Mittelmeers wieder zum Spielball vor Waffen starrender Mächte und ist es bis heute geblieben.
Zur Zeit der Weisen aus dem Morgenland aber leuchtet nun ein ganz besonderes Licht am Horizont der Völker, die im Dunkel leben und dem Erdreich, das an so vielen Stellen von Finsternis bedeckt ist, auf. Es kommt nicht grell oder marktschreierisch daher. Es leuchtet auf im Angesicht eines Kindes, das in erbärmlichen Verhältnissen geboren worden ist. Und es erscheint ebenso erbärmlichen Gestalten, die als abhängige Knechte die Herden fremder Eigentümer bewachen. Den Weisen aber geht endgültig ein Licht auf und sie werden hocherfreut. Den Hirten wird die Angst genommen und Freude zieht bei ihnen ein. Und so wird es weitergehen im Leben dieses Kindes, das zum Erwachsenen heranwächst. Immer wieder wird von ihm Angst und Frucht genommen werden:
Gebrechen werden geheilt Schuld wird vergeben werden Unwertes Lebens erhält eine ewige Würde Verlorene werden gesucht und gefunden Und am Ende wird sogar der Tod besiegt, diese absolute Macht der Finsternis. Ich lebe – und ihr sollt auch leben, sagt der Christus.
Und dann zieht Freude ein:
Bei dem Zöllner Zachäus, mit dem keiner sonst feiern möchte. Bei Maria und Martha, denen Jesus den Bruder wiedergibt. Auf dem Marktplatz bei der Frau, die die große Sünderin genannt wird, und Jesus bewahrt sie vor den tödlichen Steinwürfen der Selbstgerechten. Und auch bei den Jüngern, die nach Karfreitag verzweifelt sind über den Tod ihres Herrn und Meisters. Er befreit sie aus ihrer Lethargie mit dem Friedensgruß.
Man möchte meinen, Jesus habe zu Ihnen gesagt:
Ich setze Euch mal ein Licht auf. Und dies geschieht nicht irgendwie auf Befehl, sondern vielmehr einladend. Etwa so, wie der Prophet es sagt: Mache dich auf, werde licht. Diese Aufforderung ist ja die Folge davon, dass es einer hat hell werden lassen, uns ins rechte Licht gerückt und den verlorenen inneren Glanz wieder hergestellt hat. Wer sich ins Licht begibt, wird klar und hell. Oder wie Jesus es einmal sagt: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern das Licht des Lebens haben.
Und dann kann es passieren, liebe Gemeinde, dass es ein wenig heller wird in unserer Welt, wenn wir uns erhellen und die Zumutung Jesu gefallen lassen, wenn er sagt: Ihr seid das Licht Welt. Hell wird es nur durch Menschen, die Träger göttlichen Lichtes sind. Und darum gilt gerade zum Epiphaniastag die fast banale Feststellung: Anstatt über die Finsternis zu klagen, sollten wir lieber ein Licht anzünden.
Amen

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Erstellt am: 11.01.2014 13:54 Uhr

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