1.Kor 1,26-31
26 Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung. Nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene sind berufen.
27 Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und was schwach ist vor der Welt, das hat Gott erwählt, damit er zuschanden mache, was stark ist;
28 und das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist,
29 damit sich kein Mensch vor Gott rühme.
30 Durch ihn aber seid ihr in Christus Jesus, der uns von Gott gemacht ist zur Weisheit und zur Gerechtigkeit und zur Heiligung und zur Erlösung,
31 damit, wie geschrieben steht »Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!«
Was würden Sie denken, liebe Gemeinde, wenn ich Ihnen heute morgen in diesem noch so jungen Jahr 2014 Folgendes sagen würde:
Es gibt nicht viel kluge Leute bei Euch, und besonders kraftvoll tretet Ihr auch nicht auf. Von einer gewissen Schwäche ist bei Euch zu reden. Besonderes Ansehen genießt Ihr übrigens auch nicht und um Grunde seid Ihr mit einer ziemlichen Torheit behaftet
Das wäre ja wohl so etwas wie gottesdienstliche Publikumsbeschimpfung, die an die Grenze des Unerträglichen ginge.
Was aber will nun Paulus mit diesem Bibelwort sagen, dass ich nach guter kirchlicher Ordnung als Predigttext für den heutigen Sonntag als Aufgabe gestellt bekommen habe.
„Es ist ja ein ziemlich starker Tabak“, so sagen wir es an der Westküste Schleswig-Holsteins ja manchmal, wenn uns etwas so ganz und gar gegen den Strich geht. Können wir trotzdem etwas damit anfangen und für uns selbst und auch das Leben unserer Kirche an Kräften daraus ziehen? Lassen Sie uns den Versuch machen.
Ich lade Sie ein in zwei Gedankenkreisen, dieser Aufgabenstellung nachzugehen. Im ersten wollen wir uns noch einmal zurück besinnen auf die Geschichten von Advent und Weihnachten mit ihrer ihr eigenen Weisheit, und in einem zweiten der Frage nachgehen, was denn nun letztlich klug und weise ist, und was dumm und töricht.
Wie fing doch noch einmal alles an? Ich erinnere an Maria, dieser einfachen Frau vom Lande. Ihr wird mitgeteilt, dass sie den Retter der Welt, den erwarteten Messias zur Welt bringen soll. Denn da gehört er ja wohl hin, der Weltenretter. Josef, der dazugehörige Mann, hat mit dieser Schwangerschaft im Übrigen auch seine Probleme. Er denkt sogar daran, die Verlobte zu verlassen.
Als Maria das alles so durch Kopf und Herz hat gehen lassen, da singt sie ein großartiges Lied, das wir das Magnifikat nennen: Meine Seele erhebet den Herrn. Luther hat eine wunderbare Auslegung zu diesem Lied geschrieben. Ich gebe einige seiner Gedanken mit meinen Worten wieder:
Hätte Gott sich nicht eine der höheren Töchter in Jerusalem auserwählen können? Aus dem Hause der Hohen Priester zum Beispiel oder sogar aus dem Palast des Herodes? Nein, er erwählt eine einfache junge Magd vom Land die mit einem Handwerker verlobt ist.
Und als dann die Geburt naht und die Eltern unterwegs sind, weil der Staat es nun mal so will, da finden sie keine Herberge. Am Ende ist es wohl eine Grotte auf den weiten Feldern rund um Bethlehem, die armselige Hirten als Unterstand für sich und ihre Tiere bei schlechtem Wetter aufsuchen. Wo genau, weiß wohl kein Mensch. Die Geburtskirche wurde erst Jahrhunderte später errichtet. Ein Bett ist auch nicht vorhanden, bestenfalls Futter und Streu und ein Viehtrog als Wiege.
Und wer sind die ersten Menschen, zu denen die Botschaft von der Erscheinung des Weltenheilands kommt? Eben jene Hirten, die vielleicht nicht auf ihn gewartet haben, und über die wir an den Feiertagen bereits einiges gesagt und gehört haben. Es sind weniger den klugen Theologen und Hüter der Religion. Die haben sich zwar schon seit langer Zeit immer wieder mit dem Kommen des Messias beschäftigt und durchaus unterschiedliche Vorstellungen vertreten und diskutiert. Etwa diese:
Wird er eine politische Größe sein, die die verhasste Besatzungsmacht aus dem Land treibt?
Wird er mit machtvollem Gehabe und militärischer Kompetenz das alte davidsche Großreich wieder aufrichten?
Wird er ausschließlich für das Volk Israel da sein oder sogar für alle Völker der Welt, wie es manche der Propheten gemeint haben?
Jedenfalls in diesen Kreisen erscheint der Gott, der Mensch wird, nicht, zumindest zunächst nicht. Wenn er zur Welt kommt, dann ganz unten, eben ein ganz einfacher Mensch, dem von nun an nichts Menschliches mehr fremd sein wird.
Und dann sind da die Astrologen, die Weisen oder meinetwegen auch die Heiligen Drei Könige, an die wir uns am letzten Sonntag erinnert haben. Sie sind ihrem Leitstern gefolgt, der ihnen und vielleicht sogar der ganzen Welt den Weg zeigen soll. Natürlich gehen sie zunächst in die Hauptstadt, reden mit Theologen und Vertretern der religiösen und auch der weltlichen Macht. Die aber wissen nicht weiter. Hier wird schon deutlich, dass die angeblich Bedeutenden und Klugen ziemlich ahnungslos sein können.
Die Weisen folgen weiter dem Leitstern. Der führt sie zu Grotte und Futtertrog. Sie müssen sich wohl bücken, um hineinzukommen. Dort finden sie, was sie gesucht haben. Sie legen ihre Geschenke nicht auf einen prachtvollen Gabentisch sondern eher in den Dreck eines Stalles, was denn sonst soll dort wohl auf dem Boden liegen.
Dann aber, als sie sich verabschiedet hatten, gehen sie nicht den Weg, um den sie die Klugen und Mächtigen in Jerusalem gebeten hatten. Vielleicht sind sie ja deshalb so weise. Erahnen sie schon, dass das hilflose Kind zuerst verfolgt werden soll und später als Mann von Nazareth, der heilend redet und handelt, in einer unheiligen Allianz von Religion und Politik zunächst verfolgt, dann gefangen, gefoltert und hingerichtet wird? Zeigen sie uns schon, dass Krippe und Kreuz aus demselben Holz gefertigt sind?
So ist das, liebe Gemeinde, von den unteren Zehntausend und den bescheiden und demütig gewordenen Klugen, die nicht der Torheit erlegen sind, lernen wir, was es bedeutet, wenn Gott Mensch wird. Können wir daraus schon unseren Nutzen ziehen für uns selbst und auch für unsere Kirche, die in dieser Zeit nach Wegen sucht in das Morgen; in einem so schweren Prozess mit vielen klugen Ratgebern.
Gerade die Nordelbische Kirche aus der ich komme, ist ja in ihrem Weg in die große Nordkirche, die Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern umfasst, vielfach mit solchen Gedanken und Überlegungen befasst gewesen. Als dann die Gründung anstand, gab es eine bemerkenswerte Nachricht, die mich seiner Zeit besonders beeindruckt hat. Und ein ehemaliger mecklenburgischer Bischof von Schwerin, hatte die Einladung zu dieser Synode abgelehnt. Er meinte damals, das 5 Sternehotel „Hohe Düne“ bei Rostock passe nicht zur einer kirchlichen Gründungsversammlung.
Vielleicht hatte er ja noch den Stallgeruch des Jesuskindes im Gedächtnis, dessen Geburt wir gerade einmal vor drei Wochen gefeiert haben. Die Nordkirche wurde in einem 5 Sternehotel geboren, und der Christus, auf den sich diese Kirche ja wohl hoffentlich beruft, kommt in einem Viehstall zur Welt. Da scheint etwas nicht ganz zu passen. Der Altbischof Beste hatte damals schon meine Sympathie.
Sind die Klugen wirklich immer die Weisen? Sind die Mächtigen nicht oft genug die mit Torheit geschlagenen? Damit sind wir schon mitten im zweiten Gedankenkreis, liebe Gemeinde. Was ist am Ende weise?
Es geht Paulus um das Bild vom Menschen, das sich in der christlichen Gemeinde zeigt. Und das muss angebunden sein an das Bild, das Gott von sich selber gibt, als er Mensch wird. Es geht also um das christliche Menschenbild. Allerdings glaube ich, dass es etwas anders aussieht als jenes, das die politische Klasse vor Augen hat, wenn sie davon redet. Durch dieses Menschenbild muss nämlich das Bild des gekreuzigten und auferstandenen Jesus, den wir als den Christus bekennen, hindurch schimmern:
Der zählte die Unansehnlichen, von Krankheit Geschlagenen und von Schuld gezeichneten zu seinen Lieblingen.
Der nahm die Ausgestoßenen und von der guten Gesellschaft Verachteten an und hielt Tischgemeinschaft mit ihnen.
Der entlastete die Mühseligen und Beladenen, die sich kaum noch aus eigener Kraft auf den Beinen halten konnten, und nicht gerade die so genannten Leistungsträger.
Der liebte ohne Grenzen und hielt am Ende Liebe und Treue durch, auch als es ihn den Kopf kostete, den die Starken und Klugen zuvor noch mit einer Dornenkrone geschmückt hatten.
Um ihn und seine Art zu lieben geht es Paulus. Seine Liebe macht unsere ganze Bedürftigkeit deutlich, ganz egal, welchen Bildungsstand wir haben und welche gesellschaftliche Position wir einnehmen mögen. Es geht um die 1. Seligpreisung, die so oft mißverstanden worden ist in dem Sinne, dass das Himmelreich den im Geiste Armen vorbehalten sei. Gemeint sind aber die,
die vor Gott mit leeren Händen stehen;
die wissen, dass sie von sich aus nichts wissen, wenn es um die Rettung der Welt geht, ja, nicht einmal wenn um das eigene Leben geht;
die ihre Schuld und ihr Versagen nicht mehr verbergen müssen oder mit nichts sagenden Worten jämmerlich zu übertünchen suchen, nur um angeblich keine Schwäche zeigen zu müssen. Sie sind armseliger als alle Hirten von Bethlehem zusammen.
Auf diesem Hintergrund bleibt einem der Selbstruhm und das Eigenlob, das sprichwörtlich ja entsetzlich stinkt, im Halse stecken.
Nein, liebe Gemeinde, ich möchte es mit Paulus sagen: Dass ich zu diesem Herrn Jesus Christus gehören darf und dass er mein Leitstern ist und nichts und niemand sonst, das ist mein Ruhm. Und der Ihre, liebe Gemeinde soll und darf es auch sein, heute und morgen und durch das ganze Neue Jahr.
Amen
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Erstellt am: 14.01.2014 13:40 Uhr