Zündfunke, 17.03.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Kennen Sie den Spruch auch: „Oh hab’ ich’s wieder so im Kreuz“. Ich möchte nicht wissen, wie viele von uns das heute wieder gesagt haben, als sie aus dem Bett gestiegen sind. Ich sag das manchmal auch. Und warum? Der Mensch, der ja eigentlich ein Bewegungstier ist, der sitzt einfach zu viel, viel zu viel – ich eingeschlossen. Er ist vom Bewegungs- zum Sitztier geworden. Im Auto, am Schreibtisch, vorm Fernseher – wir sitzen und sitzen. Vielleicht ahnen Sie schon, um was es mir diese Woche geht: Genau – um Körperhaltungen und darum, was sie mit uns machen und was wir mit ihnen machen. Als Ausdruck von inneren Haltungen – und auch als Ausdruck von Religion.
Ich fange also mit dem Sitzen an. Wer viel stehen oder gehen muss, der weiß wie gut es tut, wenn man endlich mal sitzen kann; sich auf den Stuhl fallen lassen, sich einfach nur ausruhen. Ja, das Sitzen hat mit Ruhe zu tun, mit Rast. Als Wanderer weiß ich das. Eine Wanderung lebt doch geradezu von den Ruhepausen, von den Rastzeiten. Das Sitzen zeigt mir dann an: Ich habe Zeit. Ich nehme mir Zeit für mich selbst oder für andere. Es gibt zwar auch gute Gespräche im Gehen oder zwischen Tür und Angel, aber wenn es ernst wird oder wenn es schön werden soll, dann setzt man sich, nimmt Platz beieinander und miteinander. So steht das Sitzen für mich auch für Verbundenheit und Vertrautheit. Mit jemandem, der einem fremd ist oder unsympathisch ist, setzt man sich nämlich nicht so schnell zusammen.
Dann hat Sitzen hat auch mit Würde und Sammlung zu tun. Wichtige Leute und Respektspersonen sitzen auch. Der Richter im Gericht oder der Bischof auf seinem Bischofssitz. Geistliche Lehrer sitzen auch, allen voran – Jesus von Nazareth. Wenn er seine Botschaft vom Reich Gottes verkündet hat, dann hat er seine Jüngerinnen und Jünger um sich gesammelt, sich hingesetzt und zu ihnen gesprochen. Buddha ist meistens sitzend dargestellt. In sich ruhend, wie eine menschliche Pyramide. Und: Meditiert wird ja auch meistens im Sitzen. Denn das Sitzen nützt ganz wunderbar die Schwerkraft aus. Ich kann mich fallen lassen, muss mich nicht anstrengen, keine Muskeln anspannen. Ich kann mich entspannen an Leib und Seele ohne gleich dabei einzuschlafen. Und wenn es gelingt mit den Muskeln auch die Gedanken zu lockern, dann kann ich vielleicht auch ein wenig nach innen schauen. In mein Zentrum, mein Herz, das im Sitzen, gerade im Sitzen meine Mitte ist. Also, vielleicht ergibt sich ja heute die Möglichkeit, sich bewusst einmal hinzusetzen, ruhig zu werden und zu schauen, in mein Herz oder einem Anderen in die Augen.

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Erstellt am: 18.03.2014 10:33 Uhr

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