Zündfunke, 18.03.14

Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Für mich ist das häufig ein recht interessanter, manchmal aber auch ein kniffliger und nicht selten mühsamer Moment: der Augenblick des Aufstehens. Den Moment also, in dem ich die Bettdecke zurück schlage und meinen Körper von der Horizontalen in die Vertikale bringe. Aufstehen, das hat etwas mit Willen und mit Kraft zu tun. Manches Mal sicher auch mit Lust, wenn etwas Schönes ansteht und dann aber auch wieder mit Last, wenn es schwer fällt – an Leib oder Seele.
Aufstehen, ins Stehen kommen – um Körperhaltungen geht es mir in dieser Woche. Und ich sage Ihnen: Wenn es einem dann morgens gelungen ist zum Stehen zu kommen, dann zeigt einem die Körperhaltung oft schon, wie es einem geht. Wie es so mit einem steht. Manche stehen gebückt, wie von einer Last gedrückt. Manche steif und gerade als hätten sie einen Stock verschluckt. Ein guter Stand zeugt von Festigkeit, von Stärke und Haltung. Das gilt übrigens nicht nur beim Militär, wo eine Haltung annehmen, so etwas wie ein Ausdruck von Konzentration und Disziplin ist. Martin Luther‘s innere Haltung war zum Beispiel unumstößlich, indem er sagte: „Hier steh’ ich und ich kann nicht anders.“ Einfach und klar in deutliche Worte gefasst.
Stehen ist aber auch ein Zeichen des Respekts und der Ehrerbietung. Als Schüler mussten viele von uns früher immer noch aufstehen, wenn der Lehrer ins Klassenzimmer kam. Und die Standing Ovations bei den Oscar-Verleihungen sind oft ein berührendes, aber manchmal auch ein rührseliges Ritual. Stehen tut man, wenn es wichtig wird: zum Ja-Wort bei der Hochzeit oder bei einem gemeinsamen Gebet. Worte, die gemeinsam und im Stehen zu Gott gesprochen werden, zeigen wie wichtig diese Worte sind. Sie zeigen die Verbundenheit der Menschen, die beten und sie zeigen ihre Ehrfurcht vor Gott.
Gemeinsames Stehen ist aber auch ein schönes Zeichen des Zusammenhalts. Ich habe das einmal bei einem Fußballspiel erlebt. Aus Wut über die rassistischen Sprüche eines Gegenspielers bei einem Freizeitturnier, der einen meiner türkischen Mitspieler mehrfach mit unflätigen Aussagen beleidigt hatte, säbelte ich diesen Gegenspieler einfach um. Ich weiß, das ist auch nicht die feine englische Art. Aber als der Gegenspieler dann auf mich losgehen wollte, da stellten sich viele aus meiner Mannschaft vor mich und bildeten wie einen Schutzring um mich. Weder da noch danach hat mir dieser Gegenspieler etwas getan. Und rassistische Sprüche habe ich fortan bei diesem Turnier auch keine mehr von ihm gehört. Solche und andere Erfahrungen des Zusammenstehens können einem helfen auch allein standhaft zu sein, sich gerade zu machen und der Welt selbstbewusst und offen zu begegnen. 

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Erstellt am: 22.03.2014 12:03 Uhr

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