Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Lass dich mal ansehen!“ Wer so etwas sagt, verehrte Schwestern und Brüder, der oder die zielt auf das Äußere; die- oder derjenige will Kleidung, Haare, das Gesicht eines anderen Menschen sehen. Wohl kaum würde man so etwas sagen, wenn man das Innere eines Menschen beurteilen wollte. Dies geschieht eher im Stillen. Dabei wenden viele von uns viel Zeit und Energie auf, um zu Ansehen zu gelangen. Damit meine ich gar nicht mal das, was Staatsmännern, Professoren oder anderen Prominenten entgegengebracht wird. Es geht auch um mehr als den „guten Ruf“; es geht darum respektiert und gemocht zu werden.
Manche leisten viel, sie schuften und arbeiten oft rund um die Uhr, um zu mehr Ansehen zu gelangen. Sie investieren so viel in das Gerenne um mehr Ansehen, dass sie oft genau das Gegenteil von dem erreichen, was sie beabsichtigen. Ihnen ist der innere Druck anzumerken, sie machen sich lächerlich.
„Mach dich nicht lächerlich“, das würde wohl auch Gott sagen, spräche er zu diesen Menschen. Mach dich nicht lächerlich, denn wenn’s nach mir geht, brauchst du das gar nicht. Ich beurteile nicht nach dem Ansehen der Person; du musst dir meine Zuneigung nicht erleisten, erkaufen oder was auch immer! Sei vielmehr so wie du bist, denn ich hab dich so ins Herz geschlossen, wie du bist.“ Das ist wirklich die Grundaussage des christlichen Glaubens.
Wie schön wäre es doch, wenn mehr Menschen diese Botschaft genau so hören und ihr trauen könnten. Das würde den Rücken stärken, Rückgrat geben und Personen entstehen lassen, die in sich stehen und allein schon deswegen das Ansehen ihrer Mitmenschen garantiert bekämen. Schön wäre es, aber leider sieht die menschliche Realität oft ganz anders aus. Und wenn in unserer Welt keine Erfahrungen von Wertschätzung gemacht werden, dann hat’s natürlich auch Gott mehr als schwer; denn dann fällt sein Wort auf unfruchtbaren Boden und stößt auf taube Ohren. Dabei wäre alles so einfach.
Ein kleines Rezept, Menschen zu Ansehen zu verhelfen, fand ich bei Paul Celan. Dort heißt es: Manche Menschen wissen nicht, wie wichtig es ist, dass sie einfach da sind. Manche Menschen wissen nicht, wie gut es ist, sie nur zu sehen. Manche Menschen wissen nicht, wie viel ärmer wir ohne sie wären. Manche Menschen wissen nicht, dass sie ein Geschenk des Himmels sind. Sie wüssten es – würden wir es ihnen sagen.
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Erstellt am: 10.04.2014 20:39 Uhr