Zündfunke, 14.04.14

Liebe Hörerinnen und Hörer,
mit dem gestrigen Palmsonntag begann die Stille Woche, oder die Karwoche. Sie ist geprägt vom Gründonnerstag, an dem wir an die Einsetzung des Abendmahls erinnert und dem Karfreitag, an dem die Kreuzigung und der Tod Jesu uns vor Augen gestellt werden. Unsere anglikanischen Mitchristen reden von der Holy Week, der heiligen Woche. Und wer die Deutschen Zeitungen auf der Insel liest oder gelesen hat, der fand und findet eine ganze Seite mit Hinweisen auf Veranstaltungen, Gottesdienste und Prozessionen der verschiedenen christlichen Kirchen zu den genannten Anlässen.
Trotz mancher Tendenzen, die eher für eine sich entkirchlichende Gesellschaft sprechen, haben die genannten besonderen Tage im Kirchenkalender wohl auch oder immer noch eine besondere Anziehungskraft. Weshalb?
Vielleicht weil es in dem Geschehen von Gründonnerstag und Karfreitag und dem darauf folgenden Osterfest um die elementarsten Dingen unseres Lebens geht:
Um Tod und Leben.
Um Gemeinschaft und Trennung.
Um Streit und Versöhnung.
Auch und gerade Schuld und Vergebung.
Diese Themen machen diese Woche bedeutungsschwer. Und eigentlich kann sie nur Gleichgültigen, die lieber das Oberflächliche lieben, und die wesentlichen Inhalte des Lebens damit verdrängen, gleichgültig sein. Ich lade Sie in dieser Woche bis hin zum Ostersonntag mit meinen Zündfunken ein, uns diesem Wesentlichen und manchmal wohl auch schwer zu begreifenden Elementen des Lebens anzunähern. Die Stille Woche braucht wohl die Zeiten der Stille, wenn wir nicht im Lärm ersticken wollen. Der Begriff Karwoche leitet sich vom althochdeutschen Wort Kara her, das so viel meint wie Kummer und Klage. Wir müssen auch den Kummer und die Klage zulassen können: Über die Welt, in der wir leben und in der so viel in Unordnung ist. Wie müssen Menschen, besonders wohl auch die Christen in Syrien und der Ukraine und anderswo diese Woche erleben und gestalten? Grund zu Kummer und Klage mehr als genug.
Aber es geht auch um ganz persönlichen Kummer und daraus resultierende Klage. Wohin mit schwer Erlebten aus vergangenen Tagen? Wohin mit eigenem Versagen und zu verantwortender Schuld? Wohin mit einer vielleicht gekränkten und aufgescheuchten Seele?
Auf diese Fragen antwortet Johann Sebastian Bach in einer seiner großen Passionen: Nach Golgatha! Kann das, liebe Hörerinnen und Hörer, der Ort der Entlastung sein oder werden?
Wir werden sehen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gute Woche.

Johann Weingärtner, Pfr. Der Evangelischen Kirchengemeinde Teneriffa Nord

Infos unter:

Erstellt am: 14.04.2014 19:26 Uhr

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