Mit Dichtern und Gedichten gestalte ich in dieser Woche die Zündfunken, liebe Zuhörerinnen und Hörer. Heute kommt nach Hermann Hesse und Hans Werner Hüsch Matthias Claudius zur Sprache. Er hat viel über den Menschen, seine Art zu leben und dabei fröhlich gestimmt zu bleiben, nachgedacht. Hier ist eine kleine Kostprobe:
Ich danke Gott und freue mich
Wie’s Kind zur Weihnachtsgabe,
Daß ich bin, bin! Und daß ich dich,
Schön menschlich Antlitz habe.
Freude am Leben wächst aus der Dankbarkeit. Das ist die Botschaft dieser Zeilen. Wem verdanke ich mich, so wie ich bin oder auch geworden bin? Verdanke ich mich mir selbst, meinen Anstrengungen, meiner investierten Energie, meinen Begabungen und Fähigkeiten?
Sicherlich, jeder Mensch ist auch das, was er aus sich macht. Wie er mit sich und den Gegebenheiten, die sein Leben, seine Biographie beeinflussen, umgegangen ist und umgeht. Das gehört zu Freiheit und Verantwortung eines jeden einzelnen, und beides gehört zu seiner Würde.
Was aber bleibt, wenn die Fähigkeiten versagen, Begabungen nicht ausreichen, um alle Erwartungen zu erfüllen? Was bleibt, wenn durch Krankheit oder Alter die menschlichen Ressourcen gemindert oder beschädigt wurden? Fällt dann der Wert menschlichen Lebens in große Tiefen und die Freude am Leben, an mir selbst weicht Trauer und Verzweiflung?
Bei Matthias Claudius habe ich das Gefühl, dass er in den Spiegel sieht und sich sein eigenes Gesicht betrachtend die Frage stellt: Wer bin ich und was bin ich wert? Vielleicht ist bei diesem Nachdenken ein Lächeln über sein Gesicht gehuscht. Ein Lächeln, das schön macht. Und dann ist wohl der Dank in ihm aufgestiegen: Es gut so, dass ich bin, wie in nun einmal bin. Und was bin ich: Ein Geschenk Gottes lautet seine Antwort. Über ein Geschenk freut man sich, eben wie ein Kind zu Weihnachten. Danke, guter Gott, so sagt er, dass ich bin wie ich bin. So hast du mich gewollt und so liebst du mich.
Auf diesem Hintergrund kann Matthias Claudius sagen: Es ist gut so mit mir. Und nun spielen nicht mehr meine Fähigkeiten, meine Begabungen und schon gar nicht mein Besitz die entscheidende Rolle, nicht einmal eine nach menschlichen Maßstäben zu bezeichnende Schönheit.
Ich bin Gottes geliebtes Geschöpf. Dafür kann man Danke sagen und sich darüber freuen.
Johann Weingärtner, evangelischer Pfarrer in Puerto de la Cruz
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Erstellt am: 18.06.2014 17:25 Uhr