Zündfunke, 22.06.14

Einen gesegneten Sonntag wünsche ich Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer. Wann ist ein Tag und vor allem ein Sonntag gesegnet? Woran denken wir bei diesem Wort: Segen oder Segnen? Es kann meist positiv manchmal auch negativ gebraucht werden. Unerwartetes wird irgendwie und von irgendjemand auf uns herabgeschüttet. Es kommt unerwartet über uns. So ist das mit dem Segen.
Bei den Alten bedeutete Segen meist etwas Materielles, Greifbares. Hatte jemand eine Menge Vieh und gutes Land, dazu noch eine funktionierende Familie, möglichst mit vielen Kindern, das Wort Kindersegen kommt ja daher, dann war er gesegnet.
Im Blick auf Zeitgenossen sagen wir gelegentlich, dass sie wohl nicht gerade mit Weisheit gesegnet sind oder Durchblick. Das Gegenteil von Segen ist dann das Wort „Schlagen“. Menschen können mit Blindheit oder Torheit geschlagen sein.
Segnen oder Schlagen? Ich werde an Hände erinnert. Die können ja beides. Sie können zärtlich streicheln oder sich wie zum Schutz auf den Kopf eines anderen legen. Dann sind sie offen. Sie können aber auch zuschlagen und verletzen, weh tun. Dann sind sie oft geschlossen und zur Faust geballt. Dieselbe Hand kann beides. Es kommt darauf an, welcher Geist sie gerade beeinflusst und steuert.
Ein guter Geist segnet, den anderen zugewandt, ihr Wohl im Blick. Ein böser Geist will verletzen, herabwürdigen, ja erniedrigen. Es kommt darauf an, welcher Geist mich gerade begeistert.
Ich werde an ein Gespräch zwischen einem Novizen, einem angehenden Mönch, und seinem Mentor, der ihn in die Praxis guter Frömmigkeit einführen soll, erinnert. Der Novize macht sich Sorgen über seinen Umgang mit Gut und Böse. Ehrlich zu sich selbst entdeckt er ja die Neigung zu beidem in sich. Er bezeichnet das Gute mit dem Bild eines Lammes und das Böse mit dem eines Wolfes. Behutsam korrigiert ihn der Mentor, indem er darauf hinweist, dass auch der Wolf gute Seiten hat, seine Klugheit, das Zusammengehörigkeitsbewusstsein im Rudel. Und das Lamm kann schließlich auch mal recht bockig sein. Der Wolf kann für das Gute stehen, ebenso wie für das Böse, Hinterhältige und Gierige. Welcher Wolf soll nun die Oberhand gewinnen? Wie kann der gute in mir siegen und der böse vertrieben werden? So lautet die Frage des Novizen. Der Mentor antwortet: Es kommt darauf an, welchen von beiden du fütterst.
Womit füttern wir unsere Seele unser Innerstes, liebe Hörerinnen und Hörer? Der Sonntag ist ein besonderer Tag, sie mit Gutem zu füttern. Darum feiern wir ihn. Gottes gutes Wort ist eine gute Nahrung. Deshalb feiern wir heute Gottesdienst. Füttern wir unsere Seele mit Gutem, dann wird dieser Tag ein gesegneter. Übrigens nicht nur dieser, aber dieser ganz besonders. In diesem Sinne noch einmal: Ich wünsche ihnen einen gesegneten Sonntag.
Johann Weingärtner, evangelischer Pfarrer in Puerto de la Cruz.

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Erstellt am: 18.06.2014 17:31 Uhr

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