Predigt vom 06.07.14

Liebe Gemeinde
Wie ich schon bei der Begrüßung sagte, freue ich mich, in den kommenden Sonntagen wieder hier zu sein, um die Sommervertretung zu übernehmen. Wenn man im Ruhestand ist und älter wird, weiß man, dass dies nicht selbstverständlich ist.
Wir können ja nur wirken, wenn wir dazu die nötige Gesundheit haben. So schwingt bei aller Freude für mich heute auch Dankbarkeit mit.
Von Freude und Dankbarkeit ist auch in der Losung die Rede, die uns in diesem Jahr zur Begleitung gegeben ist. Sie steht in Psalm 73 und heißt in der Einheitsübersetzung:
Gott nahe zu sein ist mein Glück.
Martin Luther hat den letzten Vers aus Psalm 73 so übersetzt:
Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott, den Herrn.
Es ist gut und macht Sinn, in der Mitte des Jahres noch einmal auf dieses Bibelwort zu hören und uns davon inspirieren zu lassen.

Liebe Gemeinde

Wir leben in einer Zeit, in der alles machbar zu sein scheint.
Für viele gehört dazu auch das Glück.
Wer sich in den Regalen der Büchereien umschaut, der kann zahlreiche Bücher entdecken, die sich mit Glück befassen. Es kommt auf die richtige Haltung an – lautet einer der Ratschläge.
Es gibt im Volksmund einen Spruch, den wir vielleicht alle kennen:
Jeder ist seines Glückes Schmid.
Gewiss, es geht nicht ohne unser Wollen und Wirken, um im Leben Glück zu finden.
Aber es muss etwas hinzukommen, über das wir nicht verfügen.
Wir können ja nur wirken, wenn uns beispielsweise Zeit und die nötige Gesundheit gegeben ist.

Es ist daher kein Zufall, dass sich der Psalmist Glück nicht ohne Gott vorstellen kann, wenn er am Schluss des 73. Psalms sagt: Gott nahe zu sein ist mein Glück.

Nun ist Glück ein vieldeutiges Wort, und hat je nach den Werten, die uns wichtig sind, für jeden eine etwas andere Bedeutung. Gewöhnlich verbinden wir mit Glück Erfolg, Reichtum und Gesundheit.

All das scheint der Beter im 73. Psalm nicht gehabt zu haben. Er setzt sich in diesem Psalm mit Menschen auseinander, die nichts von Gott und seinen Weisungen wissen wollen, und denen es dennoch gut geht.
In der Mitte des Psalms lesen wir: Siehe, das sind die Gottlosen, die sind glücklich in der Welt und werden reich. Soll es denn umsonst sein, dass ich mein Herz rein hielt und meine Hände in Unschuld wasche ?(V.12f)
Der Beter tut sich schwer mit der Tatsache, dass sich das Leben der Gottlosen äußerlich nicht vom Leben der Gläubigen unterscheidet.
Der Psalmist benennt diesen Widerspruch ohne aber bei der Anklage stehenzubleiben.
Gegen Ende des Psalms findet er die Antwort, die er in die Gebetsworte fasst: Dennoch bleibe ich stets an dir, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rat und nimmst mich am Ende mit Ehren an. (V. 23f)
(Übrigens sind diese Gebetsworte der Monatsspruch für Juli)
Trotz all dem Schweren und Unbegreiflichen, das dem Psalmisten in seinem Leben widerfuhr,
weiß er sich von Gott geführt und in seiner Nähe aufgehoben, was er dann in der letzten Strophe in die Worte fasst: Gott nahe zu sein ist mein Glück.

-2-
Wer über sein Leben nachdenkt und sich selbst ein wenig kennt, der weiß, dass das Leben nicht immer Sonnenschein ist. Neben sonnigen Tagen gibt es auch Tage, die grau, verhangen und oft auch schwer zu ertragen sind.
Aber gerade in solch eher schweren Tagen ist es wichtig, dass wir unser Vertrauen nicht aufgeben und uns trotz allem auf Gott verlassen – so wie es der Psalmist getan hat.
Wo wir auf Gott vertrauen und trotz allem auf ihn ausgerichtet bleiben, erfahren wir seine Nähe.
In dieser Nähe finden wir die nötige Gelassenheit, den Herausforderungen des Daseins standzu- halten..
Wie sich dies in unserem Leben zeigt, möchte an einer Geschichte veranschaulichen.
Sie trägt die Überschrift: Glück oder Unglück.

Es war einmal ein Bauer, der hatte einen Sohn und ein Pferd, um seine Äcker zu bestellen.
Eines Tages lief ihm sein Pferd fort. Da kamen Nachbarn und beklagten sein Unglück.
Der Bauer aber antwortete: „Wer weiß, ob es mein Unglück ist.“
Nach einiger Zeit kam das Pferd zurück und brachte eine Schar Wildpferde mit.
Wiederum kamen die Nachbarn und gratuliertem dem Bauer zu seinem Glück. Der Bauer sagte. „Wer weiß, ob das mein Glück ist.“
Beim Zureiten der Wildpferde brach sich der Sohn ein Bein. Wiederum kamen die Nachbarn, um über das Unglück zu klagen. Der Bauer blieb bei seiner Haltung und sagte den Nachbarn:
„Wer weiß, ob das nur Unglück ist oder am Ende gar mein Glück.“
Es brach ein Krieg aus und alle jungen Männer im Tal wurden eingezogen. Nur den Bauernsohn ließen sie da, weil er ein gebrochenes Bein hatte.

Soweit die Geschichte, die nachdenklich macht. Sie uns davor bewahrt, vorschnell über Glück und Unglück im Leben zu urteilen.
Sie kann uns dazu verhelfen, um in tieferer Weise zu verstehen, was der Beter im 73.Psalm meint, wenn er am Schluss des Psalms sagt:
Gott nahe zu sein ist mein Glück. Ich setze auf Gott, den Herrn, mein Vertrauen.

Mit Glück ist hier eine Lebenshaltung gemeint, die in allem auf Gott vertraut und sich von Gott führen lässt.
Manchmal können wir erst im Nachhinein sagen: „Allein man sieht´s am Ende, es ging durch Gottes Hände.“
Wo wir uns Gottes Händen überlassen, da finden wir eine Gewissheit, die Paulus im Römerbrief in die Worte fasst:
Ich bin gewiss, dass weder der Tod noch das Schwere im Leben uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn. (Römer 8,38f)

In der Liebe, die uns hält und an die wir uns halten können, erfahren wir Gottes Nähe.
Angelus Silesius schreibt im cherubinischen Wandersmann.
„Der nächste Weg zu Gott ist durch der Liebe Tür. Der Weg der Wissenschaft bringt dich nur langsam für.“
Ich habe zwar in Tübingen studiert, aber reifer geworden bin ich – auch im Glauben – durch Menschen, die mir begegnet sind und von denen ich im Laufe der Jahre gelernt habe.
Wir erfahren Gottes Nähe in der Liebe, die wir einander geben und sei sie noch so bruchstückhaft .

Menschliche Zuwendung macht vieles ertragbar – zumindest erträglicher.
Wer von uns schon Kranke gepflegt oder besucht hat, hat dies erfahren.
Wo wir anfangen, einander mit Jesu Augen – mit den Augen der Liebe – wahrzunehmen, tragen wir zum Glück bei – in unserem Leben und im Leben von anderen.

Liebe, die als Vergebung erfahren wird, befreit uns von Lasten der Vergangenheit und von Ängsten.
Lieben heißt, die Angst verlieren.
Im Abendmahl, das wir heute feiern, sind wir dazu eingeladen.

Eine Angst, die im Alter mehr aufkommt als in jungen Jahren, ist die Angst vor der Vergänglichkeit.
Mancher mag darüber erschrecken, wie schnell die Zeit verrinnt.
Es liegt an unserer Einstellung, wie wir die Zeit wahrnehmen und damit umgehen.
Dazu könnte uns ein Abreißkalender ein anschauliches Beispiel geben.
Man kann im Laufe des Jahres ängstlich auf den immer schmäler werdenden Kalender blicken und darüber klagen, wie schnell die Zeit verrinnt.
Man könnte aber auch auf der Rückseite der abgerissen Blätter Erfahrungen aufschreiben, die wir im Laufe eines Tages erlebt haben.
Und wenn wir dann die beschriebenen Blätter auf einen Stapel legen, würden wir erstaunt sein, wie viel wir in den zurückliegenden Monaten erlebt und erfahren haben.

Erfahrungen, die bleiben und die uns glücklich machen, haben immer mit Liebe zu tun.
Denn in der Liebe, die wir Menschen einander geben, ist Gott uns nahe.
Im ersten Johannesbriefs ist dies klar ausgesprochen in den Worten::
Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.(1.Joh.4,16)

In dieser Liebe, die uns mit Gott verbindet und die in menschlichen Beziehungen gelebt sein will,
finden wir, was unserem Leben Glück und Erfüllung verleiht.
Wo immer wir uns an diesen Gott halten, den uns Jesu Christus als Liebe bezeugt hat, können wir getrost in die Zukunft blicken, was immer sie auch bringen mag.
Gott nahe zu sein ist mein Glück – so lautet die Losung, die uns dieses Jahr begleitet.
Und wenn der Beter im 73. Psalm ausdrücklich die Worte hinzufügt: Ich setzte auf Gott, den Herrn, mein Vertrauen, dann sind wir eingeladen, unser Leben Gott und seinem Wirken zu überlassen.

Wo wir auf Gott unser Vertrauen setzen und uns von seiner Liebe leiten lassen, da bekommen wir, was unser Leben reich und glücklich macht.

Amen

368 1-4
In allen meinen Taten lass ich den Höchsten raten,
der alles kann und hat;
er muss zu allen Dingen, soll s anders wohl gelingen,
mir selber geben Tat und Tat.

Infos unter:

Erstellt am: 06.07.2014 17:45 Uhr

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