Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
„Wenn Du schnell gehen willst, geh’ allein; wenn Du weit gehen willst, dann geh’ mit anderen.“ Diese Lebensweisheit, verehrte Schwestern und Brüder, stammt von einem Afrikaner, nämlich von Samuel Kobía, dem ehemaligen Generalsekretär des ökumenischen Rates der Kirchen. In einem Interview hat er geäußert, dass diese Weisheit sein Lebensmotto sei – auch, weil er sich für eine der beiden Alternativen entschieden hat. Er will weit gehen und weit kommen und zwar mit anderen zusammen. Für mich ist das Spannende und auch das Schöne an seiner Lebensweisheit, dass sie mir diese Alternativen bietet. Im Unterschied zu vielen anderen Weisheiten, sagt sie eben nicht: „Mach dies oder das, ich weiß was gut oder schlecht ist“; nein – sie lässt mir dir Wahl: „Wenn Du schnell gehen willst, geh’ allein. Wenn Du weit gehen willst, dann geh’ mit anderen.“
Schnell zu sein ist heute „in“ und wird sehr geschätzt. Und es gibt ja wahrlich auch Situationen, in denen es mehr als fahrlässig wäre, wenn man nicht schnell und entschlossen zupacken würde. Probleme darf man nicht einfach liegen lassen.
Aber wenn es um meine grundsätzliche Lebenseinstellung geht, wie dann? Lieber „allein schnell“ oder „miteinander weit“? Rein gefühlsmäßig denke ich oft, allein geht’s besser, weil ich eher ans Ziel komme. Wenn man mit jemandem lernt oder arbeitet, braucht man oft viel Geduld und Rücksichtnahme; muss aufeinander warten, einander achten, dem anderen genügend Zeit einräumen und Kompromisse suchen. Das alles kostet Energie und Zeit – oft sehr viel Zeit. Andererseits spüre ich aber auch, dass mir allein doch eher auch mal die Kraft ausgeht, das ich nicht weiterkomme – und dann? Dann steh’ ich da und wünsch’ mir, dass jemand da ist, der mich in den Arm nimmt. Es gibt ja auch Situationen – und das darf man nicht unter den Tisch fallen lassen – in denen es offensichtlich ist, dass ich jemanden anderen brauche, weil ich sie alleine gar nicht bewältigen kann. Also: Vielleicht ist „miteinander“ doch die bessere Alternative. Und langfristig sogar die Effektivere? Denn es ist doch auch klar: Wer schneller ist und geduldig, der kann den Langsameren anspornen, über sich hinaus zu wachsen, schneller zu gehen als er allein könnte. Und der Langsamere, der stellt manchmal wichtige Fragen und sieht Dinge, die der Schnellere in seiner Hektik mal wieder übersehen hätte.
Spricht also doch alles mehr für das „miteinander weit“, als für das „allein schnell“ zu gehen? Die Hl. Schrift gibt mir an einer Stelle zu bedenken: „Zwei sind besser als einer allein, falls sie nur reichen Ertrag aus ihrem Besitz ziehen. Denn wenn sie hinfallen, richtet einer den anderen auf. Doch wehe dem, der allein ist, wenn er hinfällt und keiner bei ihm ist, der ihn aufrichtet.“ (Koh 4, 9f)
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Erstellt am: 22.07.2014 20:20 Uhr