Diakon Bertram Bolz, Deutschsprachige Kath. Gemeinde in Puerto de la Cruz
Wenigstens ein paar Psalmen, jene Gebet des Alten Bundes, die auch heute noch eine große Rolle in unserer Kirche spielen, möchte ich Ihnen, verehrte Schwestern und Brüder, diese Woche näherbringen. Und so sagt uns jetzt heute Morgen der Verfasser des 73. Psalmes:
„Ich habe mich über die Prahler aufgeregt, ich war voller Neid als ich sah, dass es gerade den Frevlern so gut ging. Sie leiden keine Qualen, sie sind gesund und wohlgenährt. Sie kennen keine Mühsal, sind nicht geplagt wie andere Menschen. Immer im Glück, häufen sie Reichtum auf Reichtum. Hochmut ist ihr Halsschmuck. Sie höhnen, sind falsch und reden von oben herab. Also hielt ich umsonst mein Herz rein und wusch meine Hände in Unschuld?“
Am Ende steht also eine Frage, die auch uns nicht fremd ist. Denn ähnliche Erfahrungen, wie der Psalmist hier, machen Menschen doch auch heutzutage. Sie leiden unter der offensichtlichen Tatsache, dass das Glück dieser Erde ungerecht verteilt ist. Sogar Bücher wurden darüber geschrieben, dass die Anständigen doch immer die Dummen sind.
Mich fasziniert an den Psalmen, dass unser Menschsein mit all seinen Höhen und Tiefen, ja auch mit all seinen Abgründen so völlig ungeschönt vorkommt. Die Verfasser wissen, dass Gott nicht lebens- und dass er nicht weltfremd ist. Deshalb dürfen wir ihm unser Leben hinhalten so wie es ist: mit allem, was uns bewegt und erfreut, was uns niederdrückt und aufwühlt. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb viele Menschen bis zum heutigen Tag und überall auf der Welt Psalmen beten: In Synagogen und Kirchen, Klöstern und Gemeinschaften, und zuhause.
Wie viele Menschen haben die Psalmen schon getröstet und gestärkt, wie vielen haben sie in der eigenen Ratlosigkeit, der Sprachlosigkeit – gerade im Schmerz und Leid – eine Sprache gegeben. Ob Juden, Christen, Andersgläubigen, Menschen, die Gott suchen oder an ihm zweifeln.
Den Rechtlosen und Ohnmächtigen, den Opfern menschlicher Gewalt und Willkür geben die Psalmen Hoffnung, dass Gott ihnen letztlich und endgültig Recht verschafft und Gerechtigkeit zuteilwerden lässt. Gott weiß unseren ohnmächtigen Zorn über Unrecht und Verletzungen in dieser Welt einzuordnen.
Und so schreibt der Verfasser des Psalms 73 weiter: „Mein Herz war verbittert, ich war dumm und ohne Verstand. Doch dann sann ich nach, um das zu begreifen.“ Und er kommt zu der Überzeugung: „ Gott ist der Fels meines Herzens. Mein Glück ist es, Gott nahe zu sein. Ich setze auf Gott, den Herrn, mein Vertrauen.“
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Erstellt am: 19.10.2014 15:52 Uhr